Nachlese zur „Burka-Frau im Frankfurter Bürgeramt“

Verschleppungstaktik

Nachlese zur „Burka-Frau im Frankfurter Bürgeramt“
© Foto: R2D2

Nachlese zur „Burka-Frau im Frankfurter Bürgeramt“

Vorgeschichte

Im Januar/Februar 2011 – mitten im Frankfurter Kommunalwahlkampf – erregte ein ganz besonderes Ereignis Aufmerksamkeit weit über die Stadtgrenzen hinaus: Eine städtische Angestellte im Bürgeramt wollte nach ihrem Elternurlaub den Dienst nur noch in einer Vollverhüllung (Burka) antreten. Sie begründete das mit ihren religiösen Überzeugungen als gläubige Moslemin. Nach öffentlichem Bekanntwerden des Ansinnens der Frau herrschte in Verwaltung, Politik, Medien und der Bevölkerung große Aufregung - wie sollte mit der Angestellten, die rasch zu anonymen Ruhm als „Burka-Frau im Bürgeramt“ gelangte, umgegangen werden? Und waren religiöse Motive die wahren Motive der vierfachen Mutter?

In den Zeitungen waren allerlei Berichte und Gerüchte zu lesen, es hagelte empörte Leserbriefe und  die Koalition aus CDU und Grünen, die einige Monate zuvor das Gesellschaftsziel  Integration durch eine sogenannte „Vielfalt“-Konzeption abgelöst hatte, erlebte einige schwierige Tage. Doch Anfang Februar gab es - verdächtig  plötzlich – Entwarnung: Die Angestellte im Bürgeramt löste ihren Arbeitsvertrag mit der Stadt Frankfurt auf und verschwand von der Bühne, auf der sie hinter sorgsam verschlossenem Vorhang für höchste Nervosität im Römer und sogar für bundesweite Furore gesorgt hatte. Niemand konnte erleichterter über das verblüffend schnelle Ende der Affäre sein als die schwarz-grüne Koalition im Römer. Und gerade das erweckte natürlich das Misstrauen der FREIEN WÄHLER (FW), die den vielfältigen Islamisierungstendenzen kritisch gegenüber stehen.

In einer Dringlichen Anfrage vom 7. Februar 2011 stellte die FW-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung insgesamt 15 Fragen zu dem Fall „Burka in der Stadtverwaltung“. Das war umso notwendiger, weil weder irgendeine andere politische Kraft in Frankfurt noch die vier am Ort erscheinenden Zeitungen und auch keine andere Medien nach der plötzlichen Einigung zwischen der Stadt und der Angestellten das geringste Interesse zeigten, die Hintergründe des spektakulären Geschehens näher zu beleuchten.

Verschleppungstaktik

Die Dringlichkeit der Anfrage wurde prompt von allen anderen Fraktionen abgelehnt, was eine recht langwierige Beantwortung der Fragen befürchten ließ. Doch auch für die in dieser Beziehung nicht verwöhnte FW-Fraktion war es erstaunlich, wie provokativ spät die – teilweise völlig unzureichenden – Antworten auf die 15 Fragen gegeben wurden, nämlich erst in einem Bericht des Magistrats vom 27. Mai 2011.

Doch die Römer-Fraktion der FW nutzte in der Zwischenzeit bei der Stadtverordnetensitzung am 24. Februar 2011 die parlamentarische Möglichkeit der Fragestunde und fragte den Magistrat: „Hat die Angestellte und/oder ihre Rechtsvertretung der Stadt jemals angeboten, auf eine Weiterbeschäftigung bei Zahlung einer Abfindung zu verzichten?“ Die denkwürdige Antwort des Magistrats, unterzeichnet vom Personaldezernenten Frank (CDU), lautete: „Im Rahmen der Klärung wurden alle rechtlichen  Möglichkeiten geprüft.“ Und unaufgefordert hinzugefügt wurde die löbliche Versicherung: „Die Stadt Frankfurt hat die Möglichkeit einer Abfindung zu keiner Zeit in Erwägung gezogen.“

Schon diese offensichtliche Antwortverweigerung wäre Grund genug gewesen, sich die Akten über diesen Vorgang genauer anzusehen. Doch die FW-Fraktion wartete geduldig ab, bis ihre große Anfrage vom Magistrat behandelt worden war, allerdings in – erwartet - unbefriedigender Weise. Anfang Juni 2011 machte die Fraktion deshalb von ihrem Recht auf Einberufung eines Akteneinsichtsausschusses Gebrauch. Dieses Recht steht Fraktionen laut Hessischer Gemeindeordnung zu, kann also – sehr zum Leidwesen der größeren Fraktionen – nicht verweigert werden.

Doch der Gebrauch von Rechten kann mit allerlei Winkelzügen durchaus verzögert werden. Und so dauerte es weitere Monate, bis am 26. September 2011 endlich die konstituierende Sitzung des Akteneinsichtsausschusses stattfand. Besetzt war dieser mit je fünf Mitgliedern von CDU und Grünen, 4 der SPD und je einem Mitglied der Fraktionen der Linken, FDP und den FREIEN WÄHLERN, die von Wolfgang Hübner vertreten wurden. Zum Vorsitzenden wurde ausgerechnet der Grüne Helmut Ulshöfer gewählt, ein besonders unangenehmer Stadtverordneter, der nie Zweifel an seiner Verachtung der FREIEN WÄHLER lässt.

Akteneinsicht

Gleichwohl fand die Akteneinsicht in einem Raum des Personal- und Organisationsamtes in angenehmer Atmosphäre statt. Bei der Einsicht war stets ein sympathischer höherer Beamter der Stadt zugegen, der wohl darüber wachen sollte, dass keine Unterlagen entwendet wurden. Das aber war ganz und gar nicht die Absicht der FREIEN WÄHLER, vielmehr wollten dieses näheren Aufschluss darüber, was tatsächlich geschehen war.

Und dieses Geschehen sollte alles in einer einzigen recht schmalen Akte dokumentiert sein? Nun, mehr war nicht da. Man könnte auch sagen: mehr wurde nicht präsentiert. Doch das, was offengelegt wurde, ist aufschlussreich genug. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Akteneinsicht:

1.      Die marokkanischstämmige Angestellte absolvierte ab Herbst 1992 eine Lehre bei der Stadtverwaltung Frankfurt, die sie im Juni 1995 erfolgreich abschloss. Sie wurde sofort danach in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. In erster Ehe bekam sie ein Kind. Bis zu ihrer zweiten Eheschließung, die in Marokko stattfand, konnte sie als bestens integriert gelten, trug sie kein Kopftuch und gab es keine Konflikte mit Kollegen, die über das übliche Maß hinaus gingen. Das änderte sich nach der neuerlichen Heirat, die in Marokko stattfand. Aus der Ehe stammen drei weitere Kinder, die Angestellte sonderte sich in der Folgezeit am Arbeitsplatz ab und sprach in Pausen mit einer Kollegin offenbar demonstrativ arabisch, was Anstoß bei Kollegen erregte.

2.      Die Angestellte versuchte nachweislich bereits vor dem Burka-Geschehen aus dem Arbeitsverhältnis mit der Stadt Frankfurt herauszukommen. Doch ihr Verlangen nach einer Abfindung wurde abgelehnt. Vor Auslauf der in Anspruch genommenen Elternzeit kündigte die Frau Ende 2010 an, mit einer Vollverhüllung an den Arbeitsplatz zurückkehren zu wollen. Das wurde von der Leitung des Bürgeramtes wie auch vom eingeschalteten Personal und Organisationsamt abgelehnt. Über die Reaktion der politisch Verantwortlichen ist zu diesem Zeitpunkt nichts in den Akten zu finden.

3.      Die Angestellte beauftragte eine Anwältin mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Diese argumentierte gegenüber der Stadt mit dem Hinweis auf „Religionsfreiheit“ und dem Ausspruch von Bundespräsident Wulff, wonach „der Islam zu Deutschland gehöre“.  Die Verwaltung ließ sich davon nicht beirren. Offenbar kam es zum Konflikt zwischen der Angestellten und ihrer Anwältin, jedenfalls gab letztere ihr Mandat auf und von nun an vertrat ein Anwalt die Interessen der Frau.

4.      Dieser Anwalt stellte telefonisch - eine entsprechende  Aktennotiz ist vorhanden – die Stadt vor die Wahl: Entweder die Stadt kündigt der Frau mit den entsprechenden Folgen im Hinblick auf „Religionsfreiheit“ oder einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Zahlung einer Abfindung in Höhe von 33.628 Euro, ordentlicher Kündigung, vorläufige Freistellung unter Fortzahlung des Gehalts sowie ein positives Zwischen- und Endzeugnis. Seitens der Stadt erfolgt darauf keine dokumentierte Reaktion, was vielleicht bei einem telefonischen  Angebot auch nicht üblich ist.

5.      Kurz darauf bietet der Anwalt abermals die Arbeitsaufnahme seiner Mandantin an, doch die Stadtverwaltung und auch der zuständige Dezernent bleiben dabei: Nicht mit der Burka. Unmittelbar danach kommt es ganz schnell und unvermittelt zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsvertrages, was einer fast vollständigen Kapitulation der Frau und ihres Anwalts gleichkommt. Denn nur ein wohlwollendes Zeugnis wird in dem Auflösungsvertrag zugesichert, ansonsten scheidet die Frau ohne jegliche Abfindung oder andere Vorteilsnahmen aus.

Bewertung

Zu 1.: Eine scheinbar geglückte Integration verkehrt sich in offene Desintegration, weil Tradition und Islam stärker sind als die Einbindung in die deutsche Lebens- und Berufswelt. Für alle Betreiber von mehr Jugendlichen mit Einwanderungsherkunft aus dem islamischen Kulturkreis in städtischen Diensten ein lehrreiche Lektion. Und für Freunde der präsidialen „Islam gehört zu Deutschland“-These natürlich auch.

Zu 2.: Die Angestellte hatte schon länger beabsichtigt, das städtische Arbeitsverhältnis zu beenden, allerdings mit einer hübschen Summe Geld zum Abschied. Nach dem Scheitern des ersten Versuchs war die Ankündigung der Vollverhüllung wahrscheinlich sehr stark von finanziellen Interessen motiviert. Religiöse Überzeugungen und Gefühle haben wohl nicht tatsächlich im Vordergrund gestanden, wurden aber geschickt eingesetzt zur Erreichung des Ziels. Die Reaktion der Verantwortlichen in der Frankfurter Stadtverwaltung ist standfest, jedenfalls nach Aktenlage. Dagegen ist die Reaktion der politisch Verantwortlichen nur ganz unzureichend in der Akte dokumentiert.   

Zu 3.: Die Berufung auf die vielstrapazierte Religionsfreiheit und den Wulff-Ausspruch zeigen eindrucksvoll, wie bestimmte Kreise rechtliche Möglichkeiten und Wohlwollen in Deutschland für ihre Interessen auszunutzen suchen. Die in Deutschland aufgewachsene und sozialisierte Angestellte hat damit kalkuliert, daran gibt es kaum einen Zweifel.  

Zu 4.: Die Akteneinsicht hat aufgedeckt, was offenbar verschwiegen werden sollte, nämlich ein  faktischer Erpressungsversuch der Angestellten und ihres Anwalts nach der Devise: Öffentlicher Konflikt oder Geld. Mitten im Kommunalwahlkampf dieses Manöver zu starten, legt den Verdacht nahe, dass eine bestimmte Strategie in diesem Vorgehen steckte. Die Angestellte war sich sicher bewusst, wie politisch und gesellschaftlich brisant ihr Ansinnen wirken musste, mit Burka an den Arbeitsplatz zurückzukehren.

Zu 5.: Es bleibt gerade nach der erfolgten Akteneinsicht ausgesprochen rätselhaft, warum es zu der plötzlichen und fast bedingungslosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses kam. Von den tragenden politischen Parteien Frankfurts, besonders CDU und Grünen, wurde die überraschende Einigung jedenfalls mit großer Erleichterung aufgenommen. Was aber ist in der sehr kurzen Zeit zwischen dem neuerlichen Angebot des Anwalts, seine Mandantin wolle die Arbeit wieder aufnehmen, und der Einigung geschehen? Darüber geben die zur Verfügung gestellten Dokumente keinerlei Auskunft. Als sicher kann immerhin gelten: Die Stadt Frankfurt hat keine Abfindung gezahlt. Doch ist die Möglichkeit auszuschließen, dass von dritter, nicht öffentlich kontrollierbarer Seite interveniert wurde, um die politisch sehr gefährliche Angelegenheit so schnell wie möglich aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit zu bringen? Nein, das ist nicht auszuschließen. Es ist sogar wahrscheinlich. Aber es wird sich eben nicht beweisen lassen.

Fazit

Der Beschluss der Fraktion der FREIEN WÄHLER, in der spektakulären Angelegenheit „Burka-Frau im Bürgeramt“ Fragen zu stellen und schließlich eine Akteneinsicht durchzusetzen, hat sich als richtig und lohnend erwiesen. Dieser Beschluss war umso notwendiger, weil seitens der Medien – und zwar aller Medien!  - kein Interesse erkennbar war, nach der so plötzlichen Beendigung der Affäre zu recherchieren, was sich tatsächlich zugetragen hat. Zwar hat auch die Akteneinsicht darüber keinen letzten Aufschluss gegeben, doch viel dazu beigetragen, Vorgeschichte und Ablauf des Geschehens besser zu verstehen. Bei der zweiten und schon letzten Sitzung des Akteneinsichtsausschusses wurde das geradezu totale Desinteresse der Mitglieder mit Ausnahme der FREIEN WÄHLER deutlich. Für CDU, Grüne und SPD war die – lustlos und nur oberflächlich vollzogene – Einsicht in die Akte sichtlich nur eine lästige Pflichtübung. Der Parteienblock im Römer wollte und will eben nichts wissen, was sein illusionäres Weltbild ins Wanken bringen könnte.

Immerhin hat Frankfurt noch eine Verwaltung mit Charakter und Standfestigkeit. Es ist jedoch das keineswegs verheimlichte Ziel des im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit verabschiedeten sogenannten „Vielfalt“-Konzepts, gerade dieser Verwaltung „interkulturelle Kompetenz“ beizubringen und sie auf „Antidiskriminierung“ zu trimmen. Ferner sollen verstärkt Menschen mit „Migrationshintergrund“ in dieser Verwaltung arbeiten, auch ein gemeinsames Ziel fast aller politischen Kräfte im Römer.

Die Angestellte im Bürgeramt, die so bestens integriert schien, bis sie ihr zweitehelich vermitteltes islamisches Erweckungserlebnis hatte, könnte gewisse Hinweise geben, was noch so alles auf unsere Gesellschaft zukommen kann. Aber man muss es halt auch wissen wollen.  In Frankfurts Politik und Medien wollen das offenbar nur sehr wenige. Das allerdings ist gewiss keine Überraschung.


Wolfgang Hübner, 15. November 2011

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