Eine aufrechte Frau im Sumpf der Grünen
Landesverband verweigert Aufklärung

Hübners Frankfurter Woche – Folge 145
Politikerrücktritte aus Gewissensgründen sind in Deutschland so rar wie Frischwasser in der Sahara. Umso löblicher und vorbildlicher ist das, was die Co-Vorsitzende der hessischen Grünen nun gemacht hat: Kathrin Anders hat ihre erst Anfang 2024 erworbene Position aus Protest gegen die Behandlung einer Korrumpierungsaffäre in ihrer Partei aufgegeben. Der Rückzug von Frau Anders ist ein moralisches Desaster für die Grünen, deren hessische Spitzenvertreter jedoch nicht die geringste Einsicht erkennen lassen.
Worum geht es: Der Co-Landesvorsitzende Andreas Ewald wird beschuldigt, auf Kosten einer Lobbyorganisation und des US-Konsulats Reisen nach Israel und den USA gemacht zu haben, was als illegale Parteispende gewertet werden kann. Aufwändigen Recherchen der den Grünen eigentlich sehr geneigten FAZ zufolge sind diese Anschuldigungen belegbar und berechtigt. Doch sowohl Ewald wie der Landesverband leugnen die Verfehlung, sie verweigern die von Ewald selbst versprochene „komplette Aufklärung“.
Damit war Frau Anders nicht einverstanden, ihre Proteste blieben aber ohne Ergebnis. Sie habe deshalb erkennen müssen, „dass innerhalb unserer Partei Strukturen existieren, die nicht immer den Prinzipien Toleranz, Offenheit und Respekt entsprechen“. Nun hat sie daraus die Konsequenzen gezogen. Ewald hingegen soll noch bis zur Neuwahl der künftigen Grünen-Vorsitzenden in Hessen im Amt bleiben und in dieser Funktion sogar die Wahlkampagne seiner Partei leiten.
Die FAZ schreibt dazu, dass Ewald deshalb den materiellen Vorteil habe, „noch bis Februar seinen Lebensunterhalt mit der Vergütung für den Parteivorsitz bestreiten könnte. Und wenn der Landtagsabgeordnete Tarek Al-Wazir in den Bundestag gewählt wird, dann könnte Ewald als sein Nachrücker ins hessische Parlament einziehen“.
Weil Al-Wazir mit großer Sicherheit nach Berlin wechseln wird, sind das rosige Aussichten für den grünen Schummler Ewald: Monatlich bekommt er dann Diäten über 9.355 Euro zuzüglich einer steuerfreien Kostenpauschale von monatlich 1.400 Euro. Im Landtag wird Ewald seiner ehemaligen Vorstandskollegin Kathrin Anders erneut begegnen: Denn die ist schon seit 2019 Landtagsabgeordnete. Der deutsche Parteienstaat lässt schon niemand verkommen. Aber so richtig harmonisch wird es zwischen Kathrin Anders und Andreas Ewald dann wohl nicht zugehen.
Wolfgang Hübner