Eine Frankfurter kulturpolitische Groteske im (Un)Geist der "politischen Korrektheit"

Zur neuerlichen Umbenennung eines Traditionsmuseums

Eine Frankfurter kulturpolitische Groteske im (Un)Geist der "politischen Korrektheit"
© S. Hofschlaeger - pixelio.de

"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." So heißt es in Artikel 20 des Grundgesetzes. Und vom Volk ist im Grundgesetz, das gerade in Frankfurt im Zusammenhang der jüngsten Integrationsdebatte so oft als einigendes Band der "Vielfalt" beschworen wurde, noch öfter die Rede. Das Problem ist nur: Bei ausnahmslos allen Parteien und ihrem Personal hat das Wort "Volk" überhaupt keinen guten Klang mehr. Das ist nicht nur der für die sich allmächtig fühlenden "politischen Klasse" beunruhigenden Feststellung des Artikels 20 geschuldet - irgendwie klingt "Volk" den Parteipolitikern wie von gestern, wie aus einer ganz anderen Zeit.

Die derzeit politisch Verantwortlichen im Römer wollen aber nichts so sehr als an der Spitze des Fortschritts und des Zeitgeistes zu stehen. Deswegen wurde bereits am 1. Februar 2001 mit großer Mehrheit in der damaligen Stadtverordnetenversammlung das traditionsreiche Museum für Völkerkunde in "Museum der Weltkulturen" umbenannt. Seit dieser historischen Großtat hat Frankfurt einen bislang uneinholbaren Vorsprung an "politischer Korrektheit" gegenüber so unbelehrbar konservativen Hochburgen wie der rot-rot regierten Hauptstadt Berlin, aber auch weniger bedeutenden Orten wie Hamburg, Köln, München, Wien und Zürich gewonnen. Denn in all diesen Städten und noch etlichen mehr gibt es nach wie vor jeweils ein Völkerkundemuseum - und offenbar hat dort auch niemand Schwierigkeiten mit dieser Bezeichnung.

Da Frankfurts Macht nicht soweit reicht, auch diesen Städten den politisch korrekten Namen für das Museum zu verordnen, hat sich nun der Magistrat dazu entschlossen, mit der Vorlage M 219 die Stadtverordneten für eine neuerliche Umbenennung des Hauses am Mainufer zu gewinnen: Das "Museum der Weltkulturen" soll künftig "Weltkulturen Museum" heißen, damit "sich alle Dimensionen seiner neuen Identität unter dem Schlüsselwort `Weltkulturen´ subsummieren lassen", wie es in der Begründung so angenehm verständlich formuliert ist.

Da die sprachliche und geistige Brillanz von Magistratsvorlagen selten angemessen gewürdigt wird, sei hier ein wichtiger Abschnitt der weiteren Begründung ausführlich zitiert - denn das soll der Welt auf keinen Fall vorenthalten bleiben: "Grundsätzlich ist der grammatikalische Artikel `der´ im Namen des `Museums der Weltkulturen´ problematisch und diverse Falschbezeichnungen sind an der Tagesordnung. Statt vom `Museum der Weltkulturen´ zu sprechen, ist in der Öffentlichkeit, bei Institutionen und Politikern (!!!, FW), aber auch in der Presse immer wieder die Rede vom `Museum für Weltkulturen´. Dieser Umstand ist frustrierend, führt zu unnötigen Witzen über den Titel und erfordert ständige Korrekturen durch die PR-Abteilung des Museums. Letztlich verschafft der Artikel `der´ dem Namen des Museums keinerlei Vorteil, sondern gibt ihm allenfalls einen antiquierten Anstrich."

Mit ihrem aktuellen Antrag NR 2085 zieht die Fraktion der FREIEN WÄHLER die für sie so typische praktische wie reaktionäre Konsequenz aus diesem Übelstand - nämlich sie fordert nun die Rückbenennung in Museum für Völkerkunde. Grammatikalisch ist das jedenfalls bombensicher. Und so lange es Völker gibt, die auf ihre jeweilige Kultur stolz sind und auf diese nicht verzichten wollen, kann das wohl auch nicht ganz falsch sein. Überraschendes Fazit: Wer stets an der Spitze des "Fortschritts" stehen will, scheitert manchmal schon an einem "grammatikalischen Artikel" mit drei Buchstaben. Irgendwie tröstlich..

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