Endloses Trauerspiel ums Bahnhofsviertel
Initiative von Boris Rhein löst das Drogenproblem nicht

Hübners Frankfurter Woche – Folge 155
Vor 13 Jahren hätte der CDU-Politiker Boris Rhein die Chance gehabt, Frankfurter Oberbürgermeister zu werden. Doch diese Chance wurden von ihm und seiner Partei mit einem völlig falsch konzipierten Wahlkampf fahrlässig vergeben. Statt Rhein wurde der SPD-Kandidat Peter Feldmann gewählt, die blamablen Folgen für Frankfurt sind bekannt. Nun ist Rhein Ministerpräsident von Hessen, mehr als nur ein Trostpflaster für die Niederlage von 2012. Und er wohnt immer noch in Frankfurt, nicht in Wiesbaden.
Vielleicht auch deshalb verfolgt Rhein das politische Geschehen in seiner Heimatstadt mit besonderem Interesse. Vor allem die katastrophalen Zustände im Drogensumpf des Frankfurter Bahnhofsviertels haben ihn dazu motiviert, einen Siebenpunkteplan zur Verbesserung der Situation dort zu unterbreiten. Doch der Plan trifft auf viel Kritik von Drogenexperten, der SPD sowie nicht zuletzt der Grünen, die in Frankfurt derzeit die stärkste politische Kraft sind und im Magistrat schon lange Jahre die städtische Drogenpolitik ideologisch wie praktisch bestimmen.
Kritik und Widerstand aus den Kreisen, die für die heutigen unhaltbaren Zustände im Bahnhofsviertel nicht wenig Verantwortung haben, waren zu erwarten. Rhein hat es seinen Gegnern allerdings leicht gemacht mit dem Vorschlag, einige Hilfseinrichtungen für Drogensüchtige auch in andere Frankfurter Stadtteile zu verlagern, um die Magnetwirkung des Bahnhofsviertels zu reduzieren. Der SPD-Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel hat dazu mit Recht bemerkt: „Niemand will die Konflikte mit der Anwohnerschaft, wenn sich in Wohngebieten kleine offene Szenen bilden“. Ein Verschiebebahnhof des Elends kann nicht die Lösung sein.
Viel radikaler ist der Vorschlag des Mainzer Filmemachers Dr. Uwe Boll, den er vor einigen Tage in einem Leserbrief an die FAZ unter dem Eindruck eigener Erfahrungen in den USA und Kanada so formuliert hat: „Die einzige Möglichkeit…ist, nicht den Drogenkonsum zuzulassen, dem Wachstum der Kriminalität und Abhängigkeit mit Verständnis zuzusehen und mehr und mehr Hilfe zu leisten und damit immer mehr Drogenabhängige und solche, die es werden wollen, zum Hauptbahnhof zu locken, sondern Drogendealer einzusperren, und wenn möglich aus Deutschland auszuweisen und jeglichen Drogenkonsum zu verbieten. Abhängige müssen in Rehabilitationsklinken auch ohne ihre Zustimmung eingewiesen werden, um eine wirkliche Chance zu bekommen, wieder ein normales Leben zu führen.“
Boris Rhein wird aus politischen Gründen zögern, solche Maßnahmen zu unterstützen. Doch er sollte nachdenken über den Satz am Ende des Leserbriefs: „Der Spruch 'In Gefahr und höchster Not führt der Mittelweg zum Tod' gilt leider auch bei diesem Thema.“
Wolfgang Hübner