Was Frankfurt von El Salvador lernen kann
BFF-Neuzugang Uwe Schulz positioniert sich

Der Karolinger Verlag aus Wien, den die FAZ einst als „ein widerständiges Bücheruniversum“ bezeichnete, das „versunkene Schätze der europäischen Geistesgeschichte hebt“, gilt heute für viele als explizit rechter Verlag. Er ist der einzige der sogenannten rechten Verlage, der auf der Frankfurter Buchmesse noch mittun durfte, aber für die gerade abgelaufene Leipziger Buchmesse schon aussortiert wurde. Vom Verlag Antaios von Götz Kubitschek ganz zu schweigen. Keine Bücher mehr außerhalb des Mainstreams auf den zwei größten Literatur-Events des Landes, dies irritiert Uwe Schulz sehr – den neuen Stadtverordneten der
Bürger Für Frankfurt BFF. Anfang Februar dieses Jahres ist er aus der FDP-Fraktion im Frankfurter Stadtparlament aus- und knapp vier Wochen später der BFF-BIG-Fraktion im Römer beigetreten.
Ich treffe den überzeugten Sachsenhäuser im ‚Schiffer Cafe‘ im Brückenviertel, einem seiner Lieblingsorte. Der gebürtige Berliner lebt seit 1965 in Sachsenhausen. Er machte 1982 an der Freiherr-vom-Stein-Schule sein Abitur. Der Sportler war Leichtathlet für die Turngemeinde Sachsenhausen, fährt heute Rennrad durch den Odenwald, den Taunus und die Wetterau und geht auch noch regelmäßig zur Eintracht ins „Waldstadion“. Er empfindet die Menschen in Sachsenhausen, das längst zu seinem Revier geworden ist, als positiv und aufgeschlossen: „Man kommt schnell ins Gespräch und findet gute Dialoge.“
Uwe Schulz studierte von 1984 bis 1990 Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität und war von 1990 bis 1993 Referendar am Landgericht Frankfurt. Er promovierte über die Auswirkungen von Medienberichterstattung auf Strafverfahren. Arbeitet er denn gerne als Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht und Strafrecht, möchte ich von ihm wissen. „Ja wunderbar, seit über 30 Jahren arbeite ich in diesem schönen und inspirierenden Beruf. Da man mit den unterschiedlichsten Lebensbereichen und Menschen in Kontakt kommt, ist es wie ein Soziologie- und Psychologiestudium.“ Wen wundert es, daß er einen liberalen Umgang mit seinen 92 Kollegen im Stadtparlament pflegt: „Ich rede mit jedem.“ Kontaktschuld hält er für faschistoid. Stattdessen hat sich der neue BFF-Mann, der auch im Ortsbeirat 5 (Niederrad, Oberrad, Sachsenhausen) sitzt, Rosa Luxemburgs Zitat „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“ auf die Fahne geschrieben: „Ich setze mich besonders gerne für Menschen ein, deren Meinung ich gerade nicht teile.“
Reichsgründer Bismarck sah in Leopold Sonnemann, den Gründer der berühmten Frankfurter Zeitung, seinen persönlichen Feind und versuchte diesen samt seiner Redakteure, unter anderem mit den Mitteln der Beleidigungsklage zu bekämpfen. Uwe Schulz sieht Parallelen zum repressiven, 2021 geschaffenen Paragrafen 188 des Strafgesetzbuches StGB, der eine Art Sonderstrafrecht zum Schutz von Politikern vor Beleidigungen darstellt. Umso mehr blasen diese jetzt zum Kampf gegen Hass, Hetze und bald auch Informationsmanipulation in den Medien, was für Uwe Schulz unerträglich ist. Schließlich sei Hass kein juristischer Begriff und deshalb auch grundsätzlich die Verbreitung von Hass in Deutschland von der Meinungsfreiheit geschützt. „Eine Behauptung wie ‚ich hasse alle Politiker‘ erfüllt genauso wenig einen Straftatbestand wie ‚ich hasse die Offenbacher Kickers‘“, sagt er lachend.