Noch dominieren die Glocken in Frankfurt

Frankfurter Pfingstgeläut mit neuem Klang

Noch dominieren die Glocken in Frankfurt
© fietzfotos / pixabay

Hübners Frankfurter Woche – Folge 164

Wenn am Samstag vor Pfingsten in Frankfurt das traditionelle, bis ins Jahr 1347 zurückreichende Stadtgeläut von zehn Kirchtürmen der Innenstadt ertönt, werden andere Tonfolgen als in den Jahren zuvor zu hören sein. Denn erstmals werden die insgesamt 50 Glocken nach einer Komposition des für zeitgenössische Musikpflege bekannten „Ensemble Modern“ zum Klang gebracht. Von 16.30 bis 17 Uhr können sich am Samstag die Bürger und Besucher Frankfurts daran erfreuen oder auch ärgern. 
 
Die modernisierte Demonstration christlicher Präsenz kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer weniger Menschen in unserer Stadt sich als Christen begreifen oder bekennen. Längst sind die Mitgliederzahlen der evangelischen oder römisch-katholischen Amtskirchen im Sinkflug und sind zusammen nur noch eine Minderheit unter den fast 780.000 Einwohnern. Immer mehr Frankfurter haben nämlich keine oder eine andere Religionszugehörigkeit. Stark anwachsend ist vor allem der Anteil von Menschen mit islamischer Religion. 
 
Wahrscheinlich sind schon heute Muslime die größte Religionsgruppe Frankfurts vor den von starken Mitgliederverlusten betroffenen Katholiken und Protestanten. Nur die Zahl der Angehörigen der beiden Amtskirchen zusammen ist noch größer ist als die fast ausschließlich zugewanderte Glaubenskonkurrenz. Verlässliche Zahlen liegen zwar nicht vor, doch ein Blick auf die Kinderwägen und Schulklassen zeigt: Frankfurt wird religiös in absehbarer Zeit islamisch dominiert sein. 
 
Daran werden die noch bestehenden vielen Kirchen mit ihrem vertrauten Glockenklang nichts ändern. Gerade bei dem Tonexperiment am Samstag vor Pfingsten sollte nicht vergessen werden, dass der eigentliche Sinn des Glockengeläuts die Aufforderung bzw. Einladung der Gläubigen zum christlichen Gottesdienst ist. Wenn jedoch Glockenklang immer öfter nur aus traditionellen oder folkloristischen Gründen ertönt, wird irgendwann die Frage gestellt werden, mit welchem Recht sich eine religiöse Minderheit öffentlich so laut bemerkbar macht. Und die Frage dürfte dann kaum überzeugend beantwortet werden können. 

 
Wolfgang Hübner

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