Frankfurt und der Lärm...

Diskussionsbeitrag zum Flughafenausbau

Frankfurt und der Lärm...
© Grey59 - pixelio.de

Vorbemerkung zu einer notwendigen Debatte:

Die Folgen des Flughafenausbaus sind für viele Menschen in Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet hör- und spürbar. Der Protest gegen diese Folgen, zu denen neben dem Verlust an Ruhe und Lebensqualität auch der der Wertverlust an Haus- und Wohneigentum gehört, ist entsprechend massiv. Und es sind keineswegs nur diejenigen, die immer einen Grund zum Protest finden, die sich nun auf Demonstrationen oder Versammlungen gegen die Folgen des Ausbaus zusammenfinden.

Doch gibt es auch viele Menschen in Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet, die beruflich direkt oder indirekt vom mit Abstand größten und wichtigsten Flughafen Deutschlands abhängig sind. Diese Menschen, und sie nicht nur allein, sind überzeugt davon, dass es zu dem Ausbau keine Alternative gegeben hat und seine Folgen zwar abgemildert, aber ertragen werden müssen. Der Riss geht also mitten durch die Bevölkerung. Dabei machen die Mitglieder und Freunde der FREIEN WÄHLER keine Ausnahme: Auch bei ihnen gibt es Gegner und Befürworter des Ausbaus.

Mit dem folgenden ersten Diskussionsbeitrag zu dem Thema soll eine Debatte eröffnet werden, die notwendig ist und offen, also durchaus auch polemisch und einseitig, geführt werden soll. Dieser erste Beitrag stammt von dem Stadtverordneten und Vorsitzenden der FREIEN WÄHLER, Patrick Schenk. Der Jurist ist bei der Fraport beschäftigt, also beim Flughafen und seinen  Problemen täglich vor Ort.

Ich bitte alle weiteren Debattenteilnehmer, kenntlich zu machen, ob sie beruflich vom Ausbau betroffen sind oder Lärm und Eigentumsschaden erleiden. Ebenso sollten alle, bei denen das nicht der Fall ist, das gleichfalls kenntlich machen. Auch wenn das oft bestritten oder verschwiegen wird: Die persönliche Betroffenheit spielt gerade bei den Reaktionen auf den Ausbau eine große Rolle. Deshalb wollen wir mit diesem Aspekt so ehrlich umgehen wie mit dem Thema insgesamt.

Wolfgang Hübner, Stadtverordneter
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Es ist laut in Frankfurt am Main – und das nicht erst seit dem 21.Oktober 2011 – der Tag, an dem die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen in Betrieb gegangen ist. Laut ist es an den Bahngleisen tagsüber und nachts, wenn der Personen- und, schlimmer noch, der Güterverkehr über die Schienen rollt. Laut ist es an den Autobahnen, wenn der Berufsverkehr „kriecht“ oder aber, wenn in der Nacht die Raser die viel zu selten leeren Straßen nutzen.

Laut ist es am Rande der großen Gewerbegebiete im Westen wie im Osten der Stadt. Laut ist es im Sommer auf den Plätzen und Straßen, wenn die Gastronomen ihre Gäste zu lange und zu feucht fröhlich bewirten. Laut ist es an den Samstagen in der Innenstadt, wenn Musiker der verschiedensten Nationen ihre „Kunst“ zum Besten geben oder aber Demonstranten von ihrem Recht auf Versammlung unter freiem Himmel Gebrauch machen.

Frankfurt ist laut! Und das war es schon immer. Frankfurt war schon zu Beginn der Neuzeit zu klein für die vielen, die in, um und durch die Stadt ihr Geld verdient haben. Das provinzielle Nest am Main war seit jeher das Zentrum für Händler, Kaufleute und Künstler auf ihrer Durchreise und wurde für einige von ihnen zur Heimat. Sie blieben oder aber kamen wieder nach Frankfurt, weil in dieser Stadt ein gutes Geschäft zu machen war, weil diese Stadt stets etwas zu bieten hatte und weil diese Stadt trotz ihrer Provinzialität eine laute, aber auch liebenswerte Stadt war. Und: sie kommen noch heute! Frankfurts Einwohnerzahl wächst - und das trotz Lärm.

Es ist richtig: die neue Landebahn ist laut, d. h. die Flugzeuge sind es, die auf ihr landen. Und es ist weiter richtig: es kann noch in Hinblick auf Höhe und Route des Landeanflugs ein wenig reguliert werden. Lautstärke aber wird in dieser Stadt bleiben – und sie wird aller Voraussicht weiter zunehmen. Wir alle leben von dem, was die Lautstärke mit sich bringt: Gewerbe und Handel, Kultur und buntes Treiben, Reisen und stetiges Bauen. Zusätzlich sei noch erwähnt, was die laute und hektische Stadt garantiert: hier wird Geld für die Renten verdient, die es erlauben sich auch im Alter noch das Eine oder Andere leisten zu können. Und hier wird das Geld verdient, das es erlaubt, soziale Sicherheiten für diejenigen aufrecht zu erhalten, die nicht auf der „Sonnenseite“ des Lebens stehen.

Ganz am Ende einer alle Details aufgreifenden, hier aber nicht zu führenden Debatte stellt sich die Frage: Wollen wir eine hektische, betriebsame, kulturreiche und auch laute Metropole sein oder als Landschaftsschutz- und Erholungsgebiet in der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit verschwinden. Frankfurt hat sehr viel zum Wohle seiner Bürger getan (Grüngürtel, Erhaltungssatzungen, Verkehrsberuhigungen etc.) und wird auch die Lärmzunahme durch die neue Landebahn versuchen zu reduzieren. Aber eine harmonische Einheit der Gegensätze kann und wird es nicht geben. Dies sei insbesondere denen Zugerufen, die in grüner weltverbesserischer Manier glauben auf alles und für jeden eine Antwort zu haben, in Wirklichkeit jedoch durch ihr politisches Handeln nur zu einer Verschärfung der Eskalation beitragen.
 

Patrick Schenk

Leserkommentare (3)

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Die Freien Wähler Frankfurt haben eine „ Arbeitsgemeinschaft Fluglärm“ (AGF) gebildet, deren Vorsitzender ich bin. Außerdem bin ich Betroffener von Fluglärm in Bergen-Enkheim (bei Ostwind). Als Mitglied der Fraktion der FW im Ortsbeirat Bergen-Enkheim habe ich mich sieben Jahre lang besonders der Problematik der Belastungen durch den Flugverkehr gewidmet und über die Arbeit der Fraktion in der letzten Legislaturperiode eine Dokumentation erstellt, die im Internet unter http://www.freiewaehler-frankfurt.de/obz-16-aktuelles eingesehen werden kann. In der AGF will ich mich dafür einsetzen, dass wir als Freie Wähler die Bewältigung des streitigen Themas „Fluglärm und Flugzeugemissionen“ konstruktiv angehen. Auch die Fraport AG kann kein Interesse daran haben, dass nach „Stuttgart 21“ nun „Fraport 21“ folgt. Die von Fraport immer erstrebte „gute Nachbarschaft“ ist vielmehr in höchster Gefahr zu einer Feindschaft der meisten Nachbarn umzuschlagen. Darin liegt für die FW eine Chance, vernünftige Forderungen durchzusetzen. Unvernünftig sind sicherlich alle Forderungen, die neue Landebahn überhaupt nicht mehr zu nutzen. Undurchführbar sind fast alle Lärmentlastungsmaßnahmen für die unmittelbaren Flughafenanrainer. Für einen großen Teil der Frankfurter Bevölkerung sind aber sehr wohl Entlastungsmaßnahmen vorstellbar, die bisher daran scheitern, dass der politische Wille bei den verantwortlichen Parteien fehlt, dass Kosten für den Lärmschutz nicht aufgebracht werden und dass sogar Fraport von lauten Flugzeugen durch Strafgebühren profitiert statt deren Landung zu verhindern. Hinzu kommt die politisch gewollte Einstellung der Deutschen Flugsicherung DFS, dem Lärmschutzgedanken so gut wie überhaupt nicht Rechnung zu tragen. Es gibt also viele Ansatzpunkte zur Realisierung von mehr Schutz vor Fluglärm. In der AG Fluglärm werden die FW über einzelne Maßnahmen ausführlich beraten und umsetzbare Vorschläge entwickeln. Die Tatsache, dass unser 1. Vorsitzender Patrick Schenk bei der Fraport AG tätig ist, sollte dabei durchaus für uns alle von Nutzen sein.
Dr. Klaus Schaeffer

Frankfurt ist laut und lebenswert! Frankfurt ist auch dort lebenswert, wo es laut ist. Und Frankfurt ist auch gerade dort und gerade deshalb lebenswert, wo es und weil es laut ist! Warum?

Wenn die Wirtschaft brummt, gehört Betriebsamkeit dazu und diese ist laut. Und wenn die Wirtschaft brummt, geht es uns gut! Frankfurt ist das Drehkreuz Europas, der Mittelpunkt von Handel und Wandel, Messestadt. Und das war die stolze freie Reichsstadt schon immer! Unabdingbar verbunden mit dem Verkehrsknotenpunkt ist Verkehr und das ist seit der Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem Flugverkehr. Waren und Geschäftsleute werden in alle Welt transportiert. Und so kann man mit Fug und Recht sagen, der Flughafen ist das Tor zur Welt! Unser aller Frankfurter Tor zur Welt!

Vom Flughafen hängt heutzutage in Frankfurt fast jeder Arbeitsplatz ab, direkt und indirekt. Auch meiner, obwohl ich selbstständig als Rechtsanwältin und nicht in irgendeiner Weise für die Fraport oder eine Fluggesellschaft tätig bin.

Und ich fliege gerne in den Urlaub. Und das teile ich auch mit fast jedem Frankfurter. Ich mag aber nicht erst nach Hahn oder gar nach Köln-Bonn fahren müssen, um in den Urlaub zu starten. Und ich folge auch nicht dem Sankt- Florians- Prinzip, verschon mich mit Lärm, nerv andre an!

Zugegeben, in Seckbach, wo ich wohne, bin ich weitesgehend vom Fluglärm verschont. Dafür nervt mich täglich der Lärm von der Autobahn und von der Wilhelmshöher Straße. Aber daran muss ich mich gewöhnen, da es im Rhein- Main- Gebiet und auch nirgendwo sonst im dicht besiedelten Deutschland wirklich Ruhe gibt.

Und was soll ich denen sagen, die unter den Flugrouten oder gar in der Nähe des Flughafens wohnen und verstärkt unter Fluglärm leiden? Es war dort schon immer laut. Damit muss man rechnen, wenn man hinzieht.

Alexandra Gerecht- Mahr

Es gibt in Frankfurt widersprüchliche Vorgaben seitens der Stadtpolitik. Frankfurt
bewirbt sich für den Titel “European Green Capital 2014“. Als Empfehlung
dafür gibt es Energiesparmaßnahmen zur CO2-Vermeidung, z. B. das
Verschenken von energiesparenden Leuchtmitteln seitens des Umweltdezernats
und eine „Umweltzone“ zur Schadstoffreduzierung. Geplant sind die Errichtung von
Windkraftanlagen als Beitrag zur Energiewende und eine Nachverdichtung der
Bebauung für Wohnen und Arbeiten in der Stadt zur Vermeidung des Pendelverkehrs bei gleichzeitiger Erweiterung der Grünflächen. Die Sicherung von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen zur Finanzierung der umweltfreundlichen Vorhaben geschieht durch den Flughafenausbau.

Die so in Angriff genommene Quadratur des Kreises wird von der Großstadt-
gesellschaft mitgetragen, indem sie Wert legt auf Bio-Nahrungsmittel, auf ökologisch getestete Gebrauchsgegenstände und Öko-Reisen auch in ferne Länder. Dabei wird die Schadstoffbelastung durch den Urlaubsflieger kompensiert mit einer Spende für atmosfair. Gleichzeitig gibt es in Hessen Gebiete, die sich entvölkern, während Frankfurt jährlich einen Zuwachs an Einwohnern verzeichnet, wobei die Einpersonenhaushalte ständig steigen und 2009 53 % betrugen bei 25 % Zweipersonen- und 11 % Dreipersonenhaushalten, im Bundesdurchschnitt vergleichsweise hohe Zahlen.

Die „Gretchenfrage“ vor dem Ausbau war: Ist der Flughafen wegen seiner Lage im Ballungsraum Rhein-Main überhaupt ausbaufähig und, wenn ja, auf welche Weise?
Nachdem die Ausbaufähigkeit von der politischen Mehrheit bejaht und die Nordwest-Landebahn genehmigt und gebaut wurde, ist es nun eine dringende Aufgabe für alle politischen Kräfte, in Kooperation mit allen Beteiligten die Folgen für die von
vermehrter Lärm- und Schadstoffemission Betroffenen zu reduzieren. Eine
Kompensation der Emissionen durch Spenden für atmosfair dürfte dabei ausgeschlossen sein.