Frankfurt und der Lärm...
Diskussionsbeitrag zum Flughafenausbau

Vorbemerkung zu einer notwendigen Debatte:
Die Folgen des Flughafenausbaus sind für viele Menschen in Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet hör- und spürbar. Der Protest gegen diese Folgen, zu denen neben dem Verlust an Ruhe und Lebensqualität auch der der Wertverlust an Haus- und Wohneigentum gehört, ist entsprechend massiv. Und es sind keineswegs nur diejenigen, die immer einen Grund zum Protest finden, die sich nun auf Demonstrationen oder Versammlungen gegen die Folgen des Ausbaus zusammenfinden.
Doch gibt es auch viele Menschen in Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet, die beruflich direkt oder indirekt vom mit Abstand größten und wichtigsten Flughafen Deutschlands abhängig sind. Diese Menschen, und sie nicht nur allein, sind überzeugt davon, dass es zu dem Ausbau keine Alternative gegeben hat und seine Folgen zwar abgemildert, aber ertragen werden müssen. Der Riss geht also mitten durch die Bevölkerung. Dabei machen die Mitglieder und Freunde der FREIEN WÄHLER keine Ausnahme: Auch bei ihnen gibt es Gegner und Befürworter des Ausbaus.
Mit dem folgenden ersten Diskussionsbeitrag zu dem Thema soll eine Debatte eröffnet werden, die notwendig ist und offen, also durchaus auch polemisch und einseitig, geführt werden soll. Dieser erste Beitrag stammt von dem Stadtverordneten und Vorsitzenden der FREIEN WÄHLER, Patrick Schenk. Der Jurist ist bei der Fraport beschäftigt, also beim Flughafen und seinen Problemen täglich vor Ort.
Ich bitte alle weiteren Debattenteilnehmer, kenntlich zu machen, ob sie beruflich vom Ausbau betroffen sind oder Lärm und Eigentumsschaden erleiden. Ebenso sollten alle, bei denen das nicht der Fall ist, das gleichfalls kenntlich machen. Auch wenn das oft bestritten oder verschwiegen wird: Die persönliche Betroffenheit spielt gerade bei den Reaktionen auf den Ausbau eine große Rolle. Deshalb wollen wir mit diesem Aspekt so ehrlich umgehen wie mit dem Thema insgesamt.
Wolfgang Hübner, Stadtverordneter
___________________________________________________________
Es ist laut in Frankfurt am Main – und das nicht erst seit dem 21.Oktober 2011 – der Tag, an dem die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen in Betrieb gegangen ist. Laut ist es an den Bahngleisen tagsüber und nachts, wenn der Personen- und, schlimmer noch, der Güterverkehr über die Schienen rollt. Laut ist es an den Autobahnen, wenn der Berufsverkehr „kriecht“ oder aber, wenn in der Nacht die Raser die viel zu selten leeren Straßen nutzen.
Laut ist es am Rande der großen Gewerbegebiete im Westen wie im Osten der Stadt. Laut ist es im Sommer auf den Plätzen und Straßen, wenn die Gastronomen ihre Gäste zu lange und zu feucht fröhlich bewirten. Laut ist es an den Samstagen in der Innenstadt, wenn Musiker der verschiedensten Nationen ihre „Kunst“ zum Besten geben oder aber Demonstranten von ihrem Recht auf Versammlung unter freiem Himmel Gebrauch machen.
Frankfurt ist laut! Und das war es schon immer. Frankfurt war schon zu Beginn der Neuzeit zu klein für die vielen, die in, um und durch die Stadt ihr Geld verdient haben. Das provinzielle Nest am Main war seit jeher das Zentrum für Händler, Kaufleute und Künstler auf ihrer Durchreise und wurde für einige von ihnen zur Heimat. Sie blieben oder aber kamen wieder nach Frankfurt, weil in dieser Stadt ein gutes Geschäft zu machen war, weil diese Stadt stets etwas zu bieten hatte und weil diese Stadt trotz ihrer Provinzialität eine laute, aber auch liebenswerte Stadt war. Und: sie kommen noch heute! Frankfurts Einwohnerzahl wächst - und das trotz Lärm.
Es ist richtig: die neue Landebahn ist laut, d. h. die Flugzeuge sind es, die auf ihr landen. Und es ist weiter richtig: es kann noch in Hinblick auf Höhe und Route des Landeanflugs ein wenig reguliert werden. Lautstärke aber wird in dieser Stadt bleiben – und sie wird aller Voraussicht weiter zunehmen. Wir alle leben von dem, was die Lautstärke mit sich bringt: Gewerbe und Handel, Kultur und buntes Treiben, Reisen und stetiges Bauen. Zusätzlich sei noch erwähnt, was die laute und hektische Stadt garantiert: hier wird Geld für die Renten verdient, die es erlauben sich auch im Alter noch das Eine oder Andere leisten zu können. Und hier wird das Geld verdient, das es erlaubt, soziale Sicherheiten für diejenigen aufrecht zu erhalten, die nicht auf der „Sonnenseite“ des Lebens stehen.
Ganz am Ende einer alle Details aufgreifenden, hier aber nicht zu führenden Debatte stellt sich die Frage: Wollen wir eine hektische, betriebsame, kulturreiche und auch laute Metropole sein oder als Landschaftsschutz- und Erholungsgebiet in der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit verschwinden. Frankfurt hat sehr viel zum Wohle seiner Bürger getan (Grüngürtel, Erhaltungssatzungen, Verkehrsberuhigungen etc.) und wird auch die Lärmzunahme durch die neue Landebahn versuchen zu reduzieren. Aber eine harmonische Einheit der Gegensätze kann und wird es nicht geben. Dies sei insbesondere denen Zugerufen, die in grüner weltverbesserischer Manier glauben auf alles und für jeden eine Antwort zu haben, in Wirklichkeit jedoch durch ihr politisches Handeln nur zu einer Verschärfung der Eskalation beitragen.
Patrick Schenk