1. Polizeirevier wegen Gewaltvorwürfen erneut in der Kritik

BFF-BIG sieht strukturelle Probleme und Reformbedarf

1. Polizeirevier wegen Gewaltvorwürfen erneut in der Kritik

BFF-BIG-Fraktion - Mitteilung 38-2025

Die Vorwürfe gegenüber den 17 Polizeibeamten des 1. Polizeireviers in Frankfurt sind schwerwiegend. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung und Strafvereitelung im Amt sowie Verfolgung Unschuldiger eingeleitet. Vom Ermittlungsrichter wurden Durchsuchungsbeschlüsse erlassen.
 
Das Legalitätsprinzip erfordert die Aufklärung der Sachverhalte und die Verfolgung begangener Straftaten. Für die betroffenen Polizeibeamten gilt, wie für alle Beschuldigten, bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung. Es ist aber auch klar, daß derjenige, der wegen der in Rede stehenden Delikte rechtskräftig verurteilt wird, für den Polizeidienst charakterlich ungeeignet ist. Schon bevor die Verfahren Anklagereife erlangt haben, wird jedoch deutlich, daß die Landesregierung offensichtlich nicht in der Lage ist, die seit längerer Zeit im 1. Polizeirevier bestehenden Mißstände zu bewältigen und dort für gesetzes- und rechtsstaatskonforme Arbeitsstrukturen zu sorgen. Innenminister Roman Poseck (CDU) handelt erst dann, wenn die Probleme manifest werden.

In der Sache selbst ist eine sachliche und differenzierte Betrachtungsweise geboten. Rechtswidrige Polizeigewalt ist sicher kein Massenphänomen, wie dies von bestimmten politischen Richtungen suggeriert wird. Auf der anderen Seite handelt es sich aber auch nicht lediglich um exotische Einzelfälle, wie der frühere Innenminister Beuth meinte. Bei 16.000 hessischen Polizeibeamten, die ihren Dienst zum allergrößten Teil ordnungsgemäß versehen, stellen 17 Polizeibeamte eine äußerst geringe Anzahl dar; bezogen auf ein Polizeirevier ist diese jedoch sehr hoch. Dem Frankfurter Polizeipräsidenten Müller ist zuzustimmen, wenn er in den Vorgängen eine massive Beschädigung des Vertrauens in die Polizei sieht. 

Dessen ungeachtet bestehen bei dieser Thematik auch strukturelle Probleme. In einem Ermittlungsverfahren sind vom Staatsanwalt Ermessensentscheidungen zu treffen. Ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt oder ob man einen Zeugen als glaubwürdig erachtet, kann in jeweils vertretbarer Weise unterschiedlich beantwortet werden. Jura ist keine Mathematik. In diesem Zusammenhang fällt in der forensischen Praxis auf, daß das Ermessen bei einem beschuldigten Polizeibeamten bisweilen wohlwollender ausgeübt wird als bei einem „normalen“ Beschuldigten, ohne mit diesem Befund die Rechtskonformität der Ermittlungsverfahren in Frage stellen zu wollen. 

Es ist durchaus problematisch, wenn die Staatsanwaltschaft Frankfurt Ermittlungsverfahren gegen Frankfurter Polizeibeamte führt, die sie aus der beruflichen Zusammenarbeit kennt. Unser Nachbarland Dänemark hat diese Problematik erkannt und für das gesamte Land eine zentrale Staatsanwaltschaft für Verfahren gegen Polizeibeamte gebildet. Diese Lösung ist nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar, da die Strafrechtspflege hier Ländersache ist. Möglich wäre aber die Bildung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft in jedem Bundesland, die in Hessen sinnvoller Weise nicht in Frankfurt anzusiedeln wäre.
 
Einen solchen Reformansatz befürwortet der rechts- und sicherheitspolitische Sprecher der BFF-BIG Fraktion im Frankfurter Römer, Uwe Schulz. „In jedem Fall besteht Handlungsbedarf, um zu verhindern, daß die Befürchtungen des Polizeipräsidenten nicht zur bleibenden Realität werden.“, so sein vorläufiges Fazit.

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