Die Parteien und der Flughafen-Protest
Ein Festival des Heuchelpopulismus

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
PRESSEMITTEILUNG 83/2011
Frankfurt/Main, 13. Dezember 2011
Der nicht abreißende Protest zehntausender Bürger in und um Frankfurt gegen die Folgen der Flughafenerweiterung führt bei den für diesen Ausbau politisch verantwortlichen Parteien zu Reaktionen, die nurmehr als Heuchelpopulismus bezeichnet werden können. Plötzlich zeigen sich alle - ob nun CDU, SPD oder auch Grüne – tief besorgt über Lärm- und Gesundheitsbelastungen sowie auch Verlusten an Eigentumswerten von Häusern und Wohnungen in den besonders stark betroffenen Gebieten. Dabei war schon lange nichts anderes zu erwarten gewesen, so dass die jetzige Situation ungefähr so überraschend kommt wie in Kürze Heilig Abend am 24. Dezember.
Es ist verständlich, dass nun vielen betroffenen Bürgern erst seit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn bewusst geworden ist, welche Beeinträchtigungen der Lebensqualität damit verbunden sind. Allerdings hätten auch diese Bürger Möglichkeiten gehabt, sich in den vergangenen 14 Jahren seit Bekanntgabe der Erweiterungspläne zu informieren und zu aktivieren. Was allerdings die in Frankfurt und Hessen seit jener Zeit tonangebenden Parteien und Politiker anbetrifft, waren diese jederzeit bestens informiert über die Folgen ihrer selbstgefassten Beschlüsse in Wiesbaden und im Römer. Sowohl die stets den Ausbau bejahende CDU wie auch die sich mal hin, mal her windende SPD haben genau das gewollt, was nun Realität ist. Und die Grünen haben im Lauf der Jahre lediglich die Simulation der Ausbau-Ablehnung zu hohen Kunst des politischen Blendwerks perfektioniert, übrigens eine ganz besondere Leistung.
Neuer Höhepunkt des Heuchelpopulismus der Parteien ist eine gemeinsame Initiative der CDU- und Grünen-Fraktion im Römer, unterzeichnet von dem langjährigen Fraport-Mitarbeiter und Fraport-Lobbyisten wie auch langjährigen Vorsitzenden des federführenden Verkehrsausschusses Helmut Heuser (CDU) sowie Olaf Cunitz (Grüne). Ein knappes Vierteljahr vor der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt beteuern beide unisono: „Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger dürfen mit dieser Situation nicht allein gelassen werden“ und fordern „konkrete Entlastungsmöglichkeiten für die Menschen“. Es folgt eine ganze Liste solcher „Entlastungsmöglichkeiten“, die aber allesamt geradezu die Fragen aufzwingen: Warum erst jetzt, warum nicht schon längst als Minimalbedingung für die Inbetriebnahme der Landebahn? Die Antwort ist klar: Die Heuser, Cunitz und Co. haben erst mal kaltblütig abgewartet, ob und wie die „betroffenen Bürgerinnen und Bürger“ die Folgen der Flughafenerweiterung schlucken würden.
Wenn CDU, Grüne und auch die SPD sich nun geradezu überschlagen vor verbalen Aktivitäten, dann wollen sie die empörten Betroffenen nicht nur mit allerlei Wortschaum einseifen, sondern verlieren endgültig jegliche Glaubwürdigkeit bei diesem brisanten Thema: Die CDU, weil sie diese Ausbauvariante immer gewollt und betrieben hat, nun aber von den Folgen ihrer politischen Entscheidungen mit verachtenswertem Opportunismus nichts mehr wissen will. Die Grünen, weil sie sich als angebliche Ausbaugegner - wie immer in den letzten Jahren - ohne Skrupel und mit festen Blick auf Ämter, Dienstwagen und Pensionen mit ins löchrige Rettungsboot ihres Koalitionspartners im Römer setzen. Die SPD, weil sie nicht offen dazu steht, im Jahr 2000 im Hessischen Landtag mit dem Votum ihres ehrenamtlichen Stadtrats, OB-Bewerbers und Flughafenenthusiasten Michael Paris dem Ausbau zugestimmt zu haben.
Die Stadtverordnetensitzung am 15. Dezember, bei der das Thema Folgen des Flughafenausbaus ganz oben auf der Tagesordnung steht, verspricht ein berauschendes Festival des politischen Heuchelpopulismus von CDU, SPD und Grünen zu werden. Bleibt nur die Hoffnung, dass zumindest die scheidende OB Petra Roth ihre alte Standfestigkeit demonstriert und den Betroffenen rät, von ihrem „demokratischen Recht“ auf Wohnungswechsel Gebrauch zu machen. Das wäre zwar ganz und gar nicht nett, aber wenigstens ehrlich. Und mehr als das bißchen Ehrlichkeit nach vollendeter Tat könnten die genannten Parteien den „betroffenen Bürgerinnen und Bürgern“ ohnehin nicht bieten.