Der berauschte „Think Tank“ von Frankfurt
Originelle Lösung des Bahnhofsviertel-Problems
Hübners Frankfurter Woche – Folge 183
Eigentlich war es eine grandiose Idee der verantwortlichen Frankfurter Politik und Verwaltung, einen „Think Tank“ einrichten zu lassen, um endlich eine erträgliche Lösung für das Dauerproblem mit dem Elend im Bahnhofsviertel zu finden. Nicht weniger als rund 50 Vertreter aus der Stadtverwaltung, sozialen Einrichtungen und der sogenannten „Zivilgesellschaft“ sollten Pläne und Vorstellungen entwickeln, aus dem Schandfleck wieder ein halbwegs sicher durchquerbares Tor zur Stadt zu machen. Keine Partei, kein Politiker musste für das Ergebnis von so viel Schwarmintelligenz den Kopf hinhalten – einfach genial so kurz vor der Kommunalwahl!
Wie weitblickend das war, zeigt sich jetzt: Denn das nicht weniger als 100 Seiten umfassende Ergebnis des „Think Tank“ dokumentiert lediglich, dass Denken, zumal über das leidige Problem Bahnhofsviertel, eine Anstrengung ist, an der auch eine halbe Hundertschaft Nachdenkender kläglich scheitern kann. Seriösen Berichten zufolge steht nichts in dem vorgelegten Papier, was Anlass zur wirklichen Besserung der Situation im Krisengebiet vermitteln könnte. Damit ist der „Think Tank“ trotz vieler sicher unterhaltsamer Zusammenkünfte genau auf dem Niveau angelangt, das die Politik schon lange auszeichnet: Geschwätzige Rat- und Tatenlosigkeit.
Gleichwohl gibt es eine Idee unter den Vorschlägen, die sofort größte Aufmerksamkeit auf sich zog: Die Einrichtung eines Rauschmuseums inmitten eines Viertels, in dem sich beim Handel mit allerlei Rauschgiften gut Geld verdienen lässt, was vom desolaten Zustand der Konsumenten bekanntlich eindrucksvoll dokumentiert wird. Was aber könnte reizvoller sein, als auf engsten Raum nicht nur die brutale Realität zu erleben, sondern dieses Erlebnis auch gleich noch mit einem geistig erfrischenden Museumsbesuch zum Thema verbinden zu können?
Nun behaupten ja böse Zungen, auf eine solch schräge Idee wie ein Rauschmuseum zur Befriedung des Bahnhofsviertels könnten ja nur Leute gekommen sein, die selbst Rauschmitteln nicht abgeneigt sind. Nämlicher Vermutung sei an dieser Stelle nicht ausdrücklich widersprochen!
Wolfgang Hübner





