Dieser „Bürgerhaushalt“ musste scheitern

Als Umfrage viel zu teuer, immerhin interessant

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer

PRESSEMITTEILUNG 86/2011
Frankfurt/Main, 22. Dezember 2011


Das faktische Scheitern der 1,2 Millionen Euro teuren Aktion „Bürgerhaushalt“ ist keine Überraschung. Denn wenn die Bürger nur gefragt werden, was ausgegeben oder eingespart werden soll, ohne auch nur eine annähernde Gewissheit zu haben, dass dies auch konkrete Folgen haben wird, muss die Beteiligung gering bleiben. Mit rund 0,7 Prozent der Wahlberechtigten ist sie allerdings noch geringer als schon pessimistisch erwartet ausgefallen.

Offenbar haben die allermeisten Frankfurter schnell gemerkt, was sich unter dem ambitionierten Titel „Bürgerhaushalt“ tatsächlich verbirgt: Eine schlichte, aber unerhört aufwendig inszenierte Umfrage. Diese hat immerhin etliche interessante Ergebnisse gebracht, die den Stadtverordneten manchen wertvollen Hinweis hinsichtlich der künftigen Politik ihrer Fraktionen geben können. Die FREIEN WÄHLER im Römer jedenfalls haben in den vergangenen Wochen und Tagen sämtliche 1328 eingegangenen Vorschläge registriert, klassifiziert und ausgewertet.

Das Ergebnis dieser vom Magistrat unabhängigen Auswertung wird in der ersten Januarhälfte der Öffentlichkeit vorgelegt, es wird auch seinen Niederschlag in mehreren politischen Initiativen der FW-Fraktion finden. Insofern ist die Aktion nicht völlig gescheitert. Allerdings zeigt die ernüchternde Bilanz der Aktion auch, wie richtig die FREIEN WÄHLER mit ihrer Position zu diesem Thema im Programm für die Kommunalwahl 2011 lagen und liegen: „Unabdingbare Voraussetzung für ‚Bürgerhaushalte‘, die diesen Namen auch verdienen, ist nicht nur eine zu regelnde Mitbeteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Verwendung von Teilen der städtischen Ausgaben, sondern gleichermaßen auch an der Erhebung von Teilen der städtischen Einnahmen.“

Die Realisierung dieser Forderung würde zu einer so nachhaltigen und wirksamen Bürgerbeteiligung führen, wie sie weder von CDU und Grünen noch von der SPD und den Linken gewünscht und geduldet wird. Das können die FREIEN WÄHLER derzeit nicht ändern. Sie werden aber darauf dringen, weitere teure Alibi-Aktionen mit dem irreführenden Titel „Bürgerhaushalt“ zu unterlassen.

Leserkommentare (2)

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Als (zu Fuß gehender) Bürger in Frankfurt fühle ich mich mit dem "Bürgerhaushalt" überfordert. Wenn ich gemeinsame Verkehrswege für Fußgänger und Radfahrer ablehne - wie lässt sich das umsetzen? Falls ich für Tempo 30 km/h in der Stadt eintrete - ist das auf viel befahrenen Straßen machbar und sinnvoll? Sind die Kosten für konsequentere Kontrollen der Kamikaze-Radler realisierbar?
Ich hätte mir zusammen mit den vielen Nichtantwortern klare Vorschläge der Dezernate gewünscht, die Vor- und Nachteile aufzeigen und die Finanzierbarkeit limitieren, bzw. eine Verschiebung der Kosten zu Lasten anderer Bereiche aufzeigen. Dann hätten sicherlich bedeutend mehr Leute im Rahmen einer "Bürgerbefragung" abgestimmt. So vermied ich mit der schweigenden Mehrheit im berühmten Nebel zu stochern und werde wohl Geldspar- und Lobby-Lösungen akzeptieren müssen.

Die Top-100-Liste der Vorschläge aus dem Bürgerhaushalt Frankfurt ist nach einem willkürlichen Kriterium zustande gekommen, die die Stimmvergabe durch die teilnehmenden Bürger zur Farce gemacht hat. Beispiel 1: Der Top-100-Vorschlag Nr. 79 (63,4%) hat eine deutlich niedrigere Zustimmung als Nr. 80 (73,4%) erfahren, dennoch kommt Nr. 79 vor Nr. 80. Beispiel 2: Der Vorschlag B160 ("Schnitt mit Kirchen machen") erreichte 70 Stimmen, mit einer Zustimmung von knapp 70%. Dennoch ist er nicht in die Top-100-Liste gelangt, obwohl er damit eine weit höhere Zustimmung und eine weit höhere Aufmerksamkeit erlangte als mancher der Top-100-Vorschläge. Die Stadtverwaltung ist aufgefordert, die Zustimmungszahlen für alle Vorschläge offiziell zu veröffentlichen und eine Top-100-Liste nach rationalen Kriterien zu erstellen.