Energiewende – aber wie?
So kann es aber nicht weitergehen!

Der Vorgang um das Genehmigungsverfahren der Windkraftenergieanlagen in Bergen-Enkheim ist geradezu ein Lehrstück zu den Folgen der Energiewende, ebenso wie der Kampf gegen das Braunkohlestaubkraftwerk in Fechenheim. Die Kernernergie wird in unserer Gesellschaft fast überwiegend abgelehnt. So war die Energiewende nur konsequent, auch wenn sie zu überraschend, zu schnell und noch dazu von einer "Atompartei" initiiert, kam. Grundlagen und Konsequenzen der Energiewende wurden nicht öffentlich, ehrlich und von allen Seiten ideologiefrei diskutiert.
Wir, die Bevölkerung, ja der Souverän dieses Landes, hatten nicht die Zeit, mit Wissenschaftlern und Vertretern aller Interessengruppen zu diskutieren. Wir konnten uns angesichts des eingetretenen Ernstfalles keine Meinung bilden, wie wir künftig die Versorgung mit Energie sicherstellen und unseren Wohlstand erhalten wollen, bei gleichzeitig möglichst schonender Behandlung aller Ressourcen und der natürlichen Lebensgrundlagen.
Doch da der Strom bekanntlich nicht aus der Steckdose kommt, müsste nun konsequent, schnell und auch von der Bevölkerung akzeptiert, wenn nicht sogar begrüßt, der Ausbau der anderen Energieträger, so auch der Braunkohlestaubkraftwerke und Windkraftenergieanlagen, forciert werden. Das Gegenteil ist der Fall! Der verstärkte Ausbau anderer Energieträger bedeutet zunächst einmal langwierige Genehmigungsverfahren, die durch Gesetze, die zu unserem Schutz und dem der Natur gedacht sind, wie das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), sowie zunehmendem Bürgerprotest vor Ort, noch komplizierter und langwieriger werden.
Was in Fechenheim der Rauch, der aus dem Schornstein kommt, sind in Bergen- Enkheim die Roten Milane, die Reste der steinzeitlichen Besiedlungsschicht, die Beschattung der Wohnhäuser samt Rotorengeräusche und die Schönheit des Berger Rückens. So zieht sich die Dauer des Genehmigungsverfahrens für die Windradkraftanlagen in Bergen- Enkheim hin und die Zahl der zu genehmigenden Windräder ist von fünf auf drei geschrumpft.
So kann es aber nicht weitergehen!
Die an diesen beiden Beispielen veranschaulichte Problematik wirkt weit über die beiden genannten Frankfurter Stadtteile hinaus. Das Verhalten der Bürger dort ist nicht zu kritisieren, schließlich vertreten sie legitime Interessen. Dieser Vorgang ist aber meines Erachtens symptomatisch für Staat und Gesellschaft und muss in seinen Ursachen und Folgen in einer realistischen Sichtweise und mit offenen Worten diskutiert werden. Schließlich geht es nicht nur um unsere Zukunft, sondern auch um die unserer Kinder.
In einem anderen von mir in diesem Forum genannten Beitrag der Frankfurter Neuen Presse ging es um das Problem, dass die Stromkapazitäten nach paar Wochen strengen Winters nicht mehr ausreichen könnten, um eine gleichbleibende Stromversorgung im Rhein-Main-Gebiet zu gewährleisten. Als Lösung gilt der verstärkte Ausbau der Stromleitungen aus dem Norden des Landes in den Süden. Doch auch dies ist heiß umstritten, jeder Meter muss gegen den Widerstand der betroffenen Kommunen erkämpft werden.
Der verständliche Frust der Bürger wegen steigender Lärm- und Schadstoffemissionen, erhöhter Strompreise und Versorgungsengpässe, und das Bedürfnis nach scheinbar unberührter Natur wird man in Zukunft wohl immer häufiger gegeneinander abwägen müssen. Das idyllische Leben in freier Natur gibt es nicht zusammen mit der Behaglichkeit nimmer endenden Wohlstandes. Da wird sich manch einer der "Bionadebourgoisie" den Atomstrom klammheimlich noch zurückwünschen. Wir müssen endlich anfangen, zu überlegen und uns darüber auszutauschen, was wir eigentlich wollen.
Alexandra Gerecht-Mahr, 17. Januar 2012