Klimawandel - menschgemacht ?
Eine kritische Betrachtung

Seit 1896 wird zunehmend darüber diskutiert, ob der Mensch durch seine Aktivitäten das Klima ändert, und welche Probleme uns in Zukunft daraus erwachsen mögen. In den letzten Jahren wächst aber auch die Kritik an dieser Warnung vor einer postulierten anthropogenen (menschengemachten) Klimaänderung. Hier geht es um eine Abwägung, wie man einerseits mit dieser Kritik umgehen muss, und wie man andererseits auf der Grundlage unsicheren Wissens entscheiden kann.
Basis-Argumentation
Durch die Emission von Kohlendioxid (CO2) und anderen Gasen ("Treibhausgasen") bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe wird der natürliche Treibhauseffekt der Atmosphäre verstärkt, was sich primär in einem Anstieg der mittleren Atmosphärentemperatur, sekundär in Veränderungen der globalen Zirkulationsmuster, des Niederschlagsverhaltens und der Zunahme von Häufigkeit und Stärke extremer Wetterlagen äußert. Außerdem wird durch das Abschmelzen des Inlandeises der Meeresspiegel steigen. Die Auswertung langjähriger Beobachtungen zeigt eine signifikante Korrelation des CO2-Gehalts der Atmosphäre mit der mittleren Atmosphärentemperatur, wenn man lokale, singuläre und zyklische natürliche Einflüsse herausrechnet. Denn natürlich gibt es unterschiedliche Effekte, die das Klima beeinflussen können, und die nichts mit dem zentralen Thema des CO2-verstärkten Treibhauseffekts zu tun haben. Die Annahme der anthropogenen Verstärkung des Treibhauseffekts ist mittlerweile durch Messdaten und messdatenbestätigte Rechenmodelle hervorragend gestützt. Gleichwohl gibt es weiterhin verschiedene Gegenargumente, was im Konzept der naturwissenschaftlichen Wahrheitsfindung auch notwendig ist; denn Naturwissenschaft lebt von der Kritik. Die gegen die Hypothese von der anthropogenen Klimaänderung ins Feld geführten Gegenargumente kann man in 4 Klassen einteilen:
Gegenthese 1: Wissenschaft
Die seit einiger Zeit beobachtbare Erwärmung lässt sich durch natürliche Einflüsse teils zyklischer Art erklären; ein anthropogener Einfluss ist damit nicht nachzuweisen.
Diese Kritik ist als einzige ernst zu nehmen. Es ist nämlich tatsächlich nicht einfach, anthropogene und natürliche Effekte auseinander zu halten. Eindeutig ist aber, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre seit dem Beginn der Industrialisierung stark angestiegen ist. Eindeutig ist auch, dass seit Jahrzehnten die globale Mitteltemperatur der Atmosphäre gestiegen ist. Und eindeutig ist auch, dass CO2 zur Erwärmung der Atmosphäre beitragen kann. Die Frage ist einerseits, ob dieser Effekt ausreicht, den nachgewiesenen Klimawandel zu erklären, und andererseits, ob er dann tatsächlich ursächlich für ihn ist. Problematisch, weil häufig missverstanden oder unbekannt, sind vor allem folgende Themenkreise:
Klima ist ein multifaktorielles Geschehen. So gibt es mehr Treibhausgase als nur CO2; insbesondere Methan (CH4). Die meisten Aerosole wirken treibhauseffekt-mindernd - einige aber verstärkend. Schnee- und Eisflächen erhöhen die Albedo (Reflexionsfähigkeit), wirken also mindernd. Rußpartikel auf Schnee- und Eisflächen wirken dagegen temperaturerhöhend, weil albedomindernd. Wolken wirken je nach Art und Lage mal so, mal so. Vulkanische Eruptionswolken verhindern die Einstrahlung von Sonnenlicht, das sonst am Boden als Wärme reflektiert würde, und mindern dadurch den Treibhauseffekt - verstärken ihn aber gleichzeitig dadurch, dass sie selbst als Absorber und Wärmequelle dienen. Die Mikroklimatologie der Ozean-Grenzschicht beginnt man erst in den letzten Jahren zu verstehen. Und die mannigfaltigen lokalen und regionalen Effekte werden erst nach und nach in die Rechenmodelle eingebaut.
Tatsache ist, dass eine einigermaßen verlässliche Voraussage der Auswirkungen von Treibhausgas-Emissionen allein aufgrund hochkomplexer Rechenmodelle getroffen werden kann, deren Beurteilung sich den Fähigkeiten oder Kenntnissen der meisten Kritiker entzieht. Die Qualität aller Rechenmodelle muss sich in erster Linie an der korrekten Wiedergabe vergangener Klimata erweisen. Unser Wissen über das Klima der Vergangenheit ist leider alles andere als exakt. Erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es in einigen Weltgegenden regelmäßige meteorologische Aufzeichnungen. Verschiedenste Methoden erweitern unsere Kenntnisse in die Vergangenheit: Temperaturmessungen der Schifffahrt, Gemälde, literarische Beschreibungen, geologisch-paläontologische Analysen, Eisbohrkerne aus Inlandeismassen, geologische Ablagerungen.
Dass unser Klima zyklischen und einmaligen Effekten unterliegt, ist seit langem bekannt. So war es während des "Klimaoptimums" im Hochmittelalter deutlich wärmer in Mitteleuropa als im 20. Jahrhundert, während die "kleine Eiszeit" zu Brueghels Zeiten eine Zeit von Schnee und Eis und langen Wintern war. Die Einflüsse von Vulkanausbrüchen lassen sich in den Klimaaufzeichnungen deutlich sehen, selbst in alten Berichten findet man die Effekte. Umfassende Kriege zeigen sich ähnlich wie derartige Naturereignisse temperaturmindernd aufgrund der großen Aerosol- und Staubmassen, die dabei in die Luft geschleudert werden. Die Sonnenaktivität hat nur dann einen Einfluss auf die Temperatur der Erdatmosphäre, wenn ihr Strahlungsfluss sich ändert.
Die Sonnenaktivität wird nach ihrem am meisten auffallenden Phänomen meist als "Sonnenfleckenzyklus" betrachtet. Eine Theorie, die die beobachtete Erwärmung mit der Sonnenaktivität verknüpft, müsste zeigen, dass sowohl der 11-jährige, als auch der 400-jährige und andere überlagerte Zyklen der Sonne sich mit dem gemessenen Temperaturgang verbinden lassen. In der Beobachtung hat aber die mittlere Atmosphärentemperatur während der letzten 40 Jahre relativ stetig zugenommen, ohne dass der Anstieg und das spätere Wiederabsinken der Sonnenaktivität damit irgendwie korreliert gewesen wäre. Häufig hat man den Eindruck, dass die "Sonnenflecken" als ein von den meisten Menschen unverstandenes Phänomen als eher esoterische Ersatzerklärung vorgetragen werden, um die aus anderen Gründen abgelehnte Hypothese der anthropogenen Klimaänderung zu bekämpfen.
Sehr häufig begegnet man auch Argumenten der Art: "Während der Eiszeit war der CO2-Gehalt der Atmosphäre so hoch wie heute, aber trotzdem war es kalt. Also hat der CO2-Gehalt mit der Erwärmung nichts zu tun". Das ist ein schwerer logischer Denkfehler. Denn natürlich haben komplexe Zusammenhänge wie Klimaänderungen immer viele verschiedene potentielle Ursachen.
Gegenthese 2: Pseudowissenschaft
In früheren Erdzeitaltern war es auch viel wärmer als heute. Die Natur hat das überstanden; sonst wären wir nicht auf der Welt.
Das ist ein Beispiel für globale Kurzsichtigkeit. Zwar ist der erste Satz zumindest teilweise richtig – tatsächlich gab es aber auch sehr viel kältere Zeiten, der zweite klingt aber nur noch logisch, ohne es wirklich zu sein. "Die Natur" hat zwar überlebt, aber ganze Biotope sind ausgestorben. Falls in hundert oder 200 Jahren der Meeresspiegel um 70m weltweit steigt, auch dann wird die Natur überleben – aber dann müssen sich Milliarden Menschen neuen Lebensraum suchen, wenn das Meer bis zu 1000 km ins Land hinein vordringt. In dieselbe Kategorie kann man auch das gelegentlich zu hörende "Argument" einordnen, man solle nicht mehr ausatmen, weil das ja auch CO2 freisetze. Es geht eben nicht um das in unserer Zeit übliche Niveau an Kreislauf-CO2. Was wir ausatmen, haben wir zuvor als Nahrung aufgenommen, wir sind nur ein Zwischenwirt im Kohlenstoff-Kreislauf. Es geht um die Kohlenstoff-Mengen, die durch Verbrennung von Rohstoffen, die seit Jahrmillionen der Biosphäre entzogen waren, wieder zusätzlich frei werden.
Gegenthese 3: Unverständnis
Die Verfechter der These von der anthropogenen Klimaänderung widersprechen sich ständig; sie erklären Temperaturanstieg und Temperaturabfall, Niederschlagszunahme und Niederschlagsrückgang, eigentlich alles mit CO2-Emissionen.
Diese These ist besonders beliebt bei weitgehend ahnungslosen Leuten, die bei der Beschäftigung mit dem Thema kaum über den Einleitungssatz "CO2-Emissionen ändern das Klima" hinausgekommen sind. Beispiele für auf den ersten Blick unerwartete Mechanismen, die aber dennoch physikalisch verständlich sind:
Steigende Atmosphärentemperatur führt zu höherer Verdunstung; die zusätzliche Feuchtigkeit gelangt via Konvektion auch in höhere Breiten; solange es noch Inlandeis z.B. in Grönland gibt, bestimmt dieses sehr stark das lokale Klima; damit fällt aber mit steigender mittlerer Atmosphärentemperatur wegen der deshalb höheren Luftfeuchtigkeit in der Folge über Grönland mehr Schnee, so daß für einige Zeit trotz globaler Erwärmung die Eisdicke lokal auf dem Eisschild noch wächst. Dennoch schmilzt das Eis an den Rändern nachweisbar schneller ab als früher.
Steigende Atmosphärentemperatur wird im fortgeschrittenen Stadium durch massives Abschmelzen von Eismassen den Meeresspiegel steigen lassen. Einer der Antriebe des globalen Meeres-Strömungssystems liegt im nördlichen Nordatlantik. Es gibt Modellrechnungen, nach denen dieser Antrieb bei sehr starkem Anstieg des Meeresspiegels sich so stark abschwächt, dass der Golfstrom "versiegt". Damit würde aber das Klima in Europa - trotz der global steigenden Mitteltemperatur – deutlich kälter als heute.
Gegenthese 4: Politische Paranoia
Die These von der anthropogenen Klimaänderung wurde von „finsteren Mächten“ erfunden, um die Wirtschaft in den Ruin zu treiben, oder von geldgierigen Forschern, die Regierungsgelder abstauben wollen.
Das alles ist politischer Unsinn. Es gibt aber eine ganze Reihe weiterer ähnlich exotisch-paranoider Verschwörungsthesen, die allesamt in den Müll gehören. Hierher gehört letztlich auch der Unsinn, dass die „Klima-Katastrophen-Theoretiker“ ihre Thesen nur deshalb vertreten, weil sie durch Angstmache an mehr Forschungsgelder oder internationales Renommée kommen wollen. Richtig ist aber, dass die Warner, auch wenn sie in der Mehrheit sind, dadurch nicht notwendig auch recht haben. Kritiker führen zu recht an, dass die Wissenschaftsgeschichte voll ist von genialen Persönlichkeiten, die die Wissenschaft gegen die Meinungen der Mehrheit ihrer Fachkollegen revolutionierten. Allerdings hat keiner von ihnen die bis dahin gültigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Haufen geworfen. Im Gegensatz dazu behaupten die Kritiker des Klimawandels das genaue Gegenteil der wissenschaftlichen Mehrheitsmeinung. Es ist leider auch richtig, dass eine ganze Reihe Kritiker gerade deshalb so vehement gegen die Mehrheit anrennt, weil sie sich selbst für das nächste Genie halten. Und es ist auch richtig, dass einige Wissenschaftler nicht immer das richtige Augenmaß bei der Beurteilung der eigenen Fähigkeiten mitbringen. Aber leider ist auch richtig, dass zu den Kritikern ein hoher Prozentsatz an Sektierern zählt, die entweder widersprechen um des Widerspruchs willen, oder die von politischen Ideologien getrieben werden.
Es bleibt natürlich die Notwendigkeit, den eigenen Standpunkt immer wieder kritisch zu überprüfen und neue Thesen vorurteilsfrei zu diskutieren. Aber es ist genauso notwendig, sich vor wissenschaftsfernen Antrieben zu hüten. Ganz offensichtlich übersteigt die notwendige Detailkenntnis zur Beurteilung der verschiedenen Thesen und Gegenthesen die verfügbaren Informationshintergründe der politisch Handelnden, der Journalisten und der Öffentlichkeit. Aber auch streng objektiv urteilende Naturwissenschaftler sind noch zu weit von einer rundum stimmigen, eindeutig beweisbaren Theorie entfernt, als das sie - würde man sie zur Entscheidung zwingen - anders als unter Unsicherheit entscheiden könnten.
Entscheidungen unter Unsicherheit können nur auf zwei Arten getroffen werden:
(A) Die Entscheidung wird vertagt, bis die Unsicherheit beseitigt ist.
(B) Die Entscheidung wird so gefällt, dass das wahrscheinlich geringstmögliche Übel eintritt.
Variante (A) bringt das Problem mit sich, dass man möglicherweise erst dann alle Unsicherheiten beseitigt hat, wenn es zu spät ist, die dann sicheren negativen Folgen noch zu verhindern.
Variante (B) gibt vier alternative Ausgänge der Realität, wie diese Tabelle zeigt.
Das probabilistische Paradigma
Alle Teilnehmer der Klimadiskussion machen bisher einen großen Fehler. Sie betrachten das Problem als eines, dass deterministisch gelöst werden muss, bevor man entscheiden kann. Das ist schon deshalb ein Fehler, weil Teile der potentiellen Szenarien einer zukünftigen Klimaentwicklung nur probabilistisch betrachtet werden können. Dies sei an dem offensichtlichsten Beispiel dargestellt: Eine der postulierten Folgen der anthropogenen Klimaänderung - und deren vermutlich folgenreichster - ist der Anstieg des Meeresspiegels. Was wäre denn, wenn wir damit rechnen müssten, dass aus dem Abschmelzen des Eises bereits in unserer eigenen Lebenszeit eine große Katastrophe resultieren könnte?
Während der vergangenen Eiszeit - die ja ein immerwährendes Auf und Ab von Kalt- und Warmzeiten war - ist es mindestens einmal zu einem schnellen Temperaturschub gekommen, den man sich besonders leicht durch das Aufschwimmen und Abschmelzen des westantarktischen Eisschildes erklären kann. Dieser liegt nämlich nur zum Teil dem Festland auf, und dabei besonders auf schräg abfallenden Gebirgshängen, und ist in seinen unteren Teilen am Meeresboden festgefroren.
Der befürchtete Effekt hat zwei Ursachen: zum einen erwärmt sich das Meerwasser allmählich, so dass der am Meeresboden angefrorene Eisschildteil weniger fest haftet und sich evtl. vom Boden lösen könnte. Da er hier viel tiefer festgefroren ist, kann er dann aufschwimmen. Zum anderen aber verschwindet mit diesem Aufschwimmen die "Bremse", die die Masse des Eisschildes trotz ihrer schrägen Lage an Land festhält. Gleichzeitig wirkt sich aus, was man gerade in den letzten Jahren verstärkt beobachtet, dass sich zunehmend Risse in und Schmelzwasserseen unter den Eismassen bilden. Dadurch wird die Reibung zwischen Eismasse und Boden entscheidend verringert; das Schmelzwasser wirkt als Gleitmittel. Der Eisschild könnte innerhalb relativ kurzer Zeit abgleiten und ins Meer hinaus schwimmen.
Die paläoklimatischen Daten zeigen, dass zumindest in dem vermuteten historischen Fall der Zeitraum für das völlige Abrutschen dieser Eismasse in der Größenordnung unter 10 Jahren lag. Mit dem Schulatlas in der Hand kann man abschätzen, dass dadurch in diesem Zeitraum der Meeresspiegel um ca. 5-8m angestiegen sein muss. Das reicht bei einer Wiederholung, um die meisten Hafenstädte der Welt zu ersäufen.
Das Szenario bedeutet also: es könnte sein, dass innerhalb kürzester Zeit der Meeresspiegel um ca. 6 m steigt. Was das bedeutet, kann jeder leicht nachvollziehen, wenn er mal eine beliebige Hafenstadt besucht. Nimmt man damit an, dass dieses Ereignis 1-mal in einem über 2 Millionen Jahre verteilten Zeitraum von 10.000 Jahren (alle Übergangsperioden von Kalt- zu Warmzeiten akkumuliert) aufgetreten ist, dann ist seine Eintrittswahrscheinlichkeit 10-4/a. Dies ist 100-mal wahrscheinlicher als ein großer Störfall in einem Kernkraftwerk. Dort wird diese Wahrscheinlichkeit als Begründung für den Ausstieg aus der Kernenergie und für milliardenteure Sicherheitstechnik verwendet. Müsste man da nicht den "Super-Eis-Störfall" mindestens mit der gleichen Ernsthaftigkeit betrachten?
Knut G. Emmert, im Januar 2012