Treibjagd ohne Wild
Frankfurts „Antifaschisten“ fehlen die Nazis

Es ist wahrlich nicht oft der Fall, dass Dankbarkeit gegenüber der Linkspartei angezeigt ist. Aber für die Anfrage dieser Partei von Mitte Dezember 2011 an den Magistrat bezüglich „rechtsextremistische Aktivitäten in Frankfurt und Umgebung“ ist Dankbarkeit schon deswegen angebracht, weil die die Antwort des Magistrats in dem Bericht B 154 den Popanz vom „Rechtsextremismus“ in Frankfurt als kalkulierte Lüge derer entlarvt, deren politische und manchmal auch berufliche Geschäftsgrundlage auf dem unermüdlichen Kampf gegen ein Gespenst, nicht aber gegen eine reale Gefahr beruht.
Denn der Magistrat berichtet unter Berufung auf das Polizeipräsidium Frankfurt wie folgt:
„Die Fallzahlen im Phänomenbereich Rechtsextremismus sind im Vergleich zum Vorjahr gesunken (Straftaten 2010: 105, 2009: 134). Davon waren 62 Propagandadelikte (2009: 73), 18 fremdenfeindlich motivierte Delikte (2009: 33). Die Aufklärungsquote stieg auf 43,3 % und liegt leicht über dem Niveau des Jahres 2009 (38,8 %).
Die Anzahl der Gewaltdelikte ist von 9 im Jahr 2009 auf 6 Delikte gefallen. Die Propagandadelikte bildeten somit wie bereits in den vergangenen Jahren den deliktischen Schwerpunkt…
Es bestehen weiterhin keine Anhaltspunkte für die Etablierung einer strukturierten rechtsextremistischen Szene.“
Mit anderen Worten: Den selbsternannten „Antifaschisten“ in Frankfurt fehlt die Geschäftsgrundlage, den unermüdlichen Nazi-Jägern mangelt es schlicht an dem Wild, das es zu erlegen gilt. Denn bei einer Einwohnerzahl von rund 700.000 sind 105 rechtsextremistische Straftaten zwar immer noch 105 Straftaten zu viel, statistisch und besehen auf die gesellschaftliche Relevanz ist das jedoch eine unbeachtliche Größe. Zudem besteht der bei weitem größte Teil dieser Straftaten aus sogenannten „Propagandadelikten“, also aus strafbaren Meinungsäußerungen in Wort und Schrift.
Über die Berechtigung und den Nutzen dieser Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland gibt es nicht ohne Grund sehr verschiedene Auffassungen, die hier aber nicht zur Diskussion stehen sollen. Hingegen ist nicht daran zu zweifeln, dass es in Frankfurt systemfeindliche Äußerungen und gesetzwidrige Aktionen von linksextremistischer Seite in hoher Zahl gab und gibt. Davon werden die allermeisten nie als Straftaten registriert, weil es an entsprechenden Gesetzen fehlt oder keinerlei rechtliches und politisches Interesse an der Verfolgung linksextremistischer Umtriebe gibt. Und es gibt auch keinen Zweifel, dass die fanatischsten und militantesten Nazi-Jäger oft genug gerade die sind, die sich bei Bedarf über geltende Gesetze und Bestimmungen eigenmächtig hinweg zu setzen pflegen.
Zumindest dieser Teil der „Antifaschisten“ wird sich von dem Bericht des Magistrats sowie den Erkenntnissen von Polizei und Justiz keineswegs davon abbringen lassen, von einer „Nazi“-Gefahr und rechtsextremistischen Umtrieben in Frankfurt zu fabulieren. Vielmehr wird schon längst der Kreis des zu jagenden und zu vernichtenden Feindes nach Gutdünken erweitert. Im Fadenkreuz sind nämlich auch alle, die als „Rechtspopulisten“ gebrandmarkt werden, also sich in politisch rechts von der stark nach links abgerutschten Mitte positionieren, folglich sogar als „alte Mitte“ gelten könnten.
Aber die gesellschaftliche Mitte, mithin die große Mehrheit der Frankfurter Bürgerschaft, ist in den Augen der linken und linksextremen „Antifaschisten“ ohnehin eine für „rechtes“ Gedankengut höchst anfällige und deshalb unter Dauerverdacht der politischen Unzuverlässigkeit stehende Bevölkerungsgruppe. Da die selbstermächtigten „Nazi“-Treibjäger auch in Frankfurt (noch) über keine Stasi-Organisation zur Überwachung und Einschüchterung dieser Mehrheit verfügen, konzentriert sich ihr Waidmannsehrgeiz auf bestimmte Personen und kleine Gruppen, die – nicht zuletzt mit Hilfe Gleichgesinnter in den Medien – unter Beschuss gesetzt werden.
Das Ziel dabei ist die skrupellose Diskriminierung politisch missliebiger Kräfte, folgenreicher bei den immer wiederkehrenden Treibjagden jedoch ist die systematische Einschüchterung der Bürgerinnen und Bürger, die auf der oft schon verzweifelten Suche nach einer politischen Alternative zu Islam-Verstehern, Euro-Rettern, Volks-Verächtern und auch zu all den vielen Ramschangeboten für sozialistisch-kommunistische Irrwege sind.
Weil das so ist, gibt es auch eine gar nicht so geheime Komplizenschaft zwischen den etablierten politischen Kräften in CDU, SPD, Grünen usw. und den in aller Regel linken, linksextremistischen bis gar linksfaschistischen „Nazi“-Jägern. Denn letztere sorgen verlässlich dafür, dass die Drecksarbeit für jene Einschüchterung erledigt wird, die den etablierten Parteien und ihrem Personal das Fortbestehen ihrer Dominanz und vorgeblichen Alternativlosigkeit sichert – bislang jedenfalls.
Wie hysterisch und aggressiv auf das allergeringste Anzeichen von Zweifeln an dem mit allen Mitteln erzwungenen „antifaschistischen Konsens“ reagiert wird, hat jetzt die Piratenpartei erlebt: Weil es in deren noch anhaltender Findungsphase einige ganz wenige Mitglieder gewagt haben, Meinungsfreiheit auch für Neo-Nationalsozialisten in die Diskussion zu bringen, wurde sofort ein so massives Sperrfeuer auf die noch oder vielleicht auch für immer politische wirre Partei eröffnet, als gelte es, die Machtergreifung von 1933 noch nachträglich zu verhindern.
Mit dem nunmehr erzielten Ergebnis, nämlich der schon ritualisierten Distanzierungsbeschwörung von allem, was irgendwie „rechts“ sein könnte, dürfen vielleicht nicht alle ehrlich motivierten Piraten, aber sowohl die Schützen wie die Profiteure des Sperrfeuers sehr zufrieden sein: Nicht nur Frankfurt, auch die Piraten sind jetzt „nazifrei“!
Wolfgang Hübner, 30. April 2012