FREIE WÄHLER – was nun?

Beginn einer notwendigen Debatte

Der erhoffte Erfolg einer bundesweiten Wahlorganisation der FREIEN WÄHLER ist nach den desaströsen Ergebnissen bei den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen akut gefährdet. Die Gründe für die Wahlniederlagen müssen untersucht, diskutiert und, wenn möglich, korrigiert werden. Da dies bislang leider weder beim Bundesvorstand noch in den Internetforen der Bundesvereinigung geschieht, werden die FREIEN WÄHLER in Frankfurt allen, die an dem Thema Interesse haben, ab sofort ein völlig offenes, in keiner Weise zensiertes Forum bieten, diese dringend notwendige Debatte zu führen. Bitte alle Beiträge, die veröffentlicht werden sollen, an wo.huebner@t-online.de senden. Jeder Beitrag, der keine persönlichen Verunglimpfungen enthält, wird unverändert veröffentlicht!    
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Freie Wähler haben den unschätzbaren Vorteil, von keiner Parteizentrale gesteuert und mit deren Sprachregelungen, zum Beispiel für verlorene Wahlen, belastet zu werden. Freie Wähler sind freie Menschen, die nichts so sehr verteidigen wie die Freiheit des Worts, also die Mutter der Demokratie. Deswegen gibt es nicht den geringsten Grund, die desaströsen Wahlergebnisse der Freien Wähler bei den jüngsten Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zu beschönigen oder gar schamvoll zu verschweigen.

Letzteres tut leider die Bundesvereinigung FREIE WÄHLER, der auch etliche Mitglieder der FREIEN WÄHLER e. V. in Frankfurt am Main angehören. Offenbar hat es sowohl dem ansonsten durchaus redegewaltigen Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger wie auch seinem hessischen Stellvertreter Walter Öhlenschläger samt dem gesamten Bundesvorstand der faktischen FW-Partei die Sprache verschlagen ob der vernichtenden Wahlschlappen in den drei Bundesländern einerseits, dem rasanten Aufstieg der Piraten-Partei auf der anderen Seite.

Ganz offensichtlich hat es der Bundesvorsitzende aus Niederbayern nicht vermocht, den „schlafenden Riesen“ Freie Wähler zum machtvollen Erwachen zu bewegen. Das ist umso enttäuschender, weil nun all die großen Ambitionen für die kommende Bundestagswahl, aber auch die Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen frühzeitig zu stranden drohen. Es ist deshalb für jede einzelne Organisation der Freien Wähler vor Ort, für die FREIEN WÄHLER in den Gremien und auch jedes einzelne Mitglied der Bundesvereinigung unerlässlich, sich kritisch mit den Gründen der Wahlniederlagen und dem Vorgehen der Bundesvereinigung zu beschäftigen. Offenbar kann auch nur so die Führung der FW-Bundesvereinigung dazu gebracht werden, endlich selbst und hoffentlich selbstkritisch zu ihrer eigenen Verantwortung Stellung zu beziehen.

Dafür ist umso mehr Anlass, weil nicht nur Wahlen desaströs verloren wurden, sondern damit verbunden auch schwere Konflikte in mehreren Bundesländern zwischen Freien Wählern vor Ort und den Verbänden der Bundesvereinigung aufgetreten sind und auch noch weiter schwelen. Die Gefahr einer unheilvollen Spaltung der Freien Wähler in solche, die an überregionalen Wahlen teilnehmen wollen und denjenigen, die das nicht wollen, ist rapide gewachsen. Die drei Wahlergebnisse im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben eindeutig gezeigt: Die Anhänger der Bundesvereinigung konnten in keinem dieser Bundesländer die Masse der Freien Wähler oder gar deren Stammwähler vor Ort auch nur annähernd mobilisieren, sich an der Urne für ihre Liste zu entscheiden. Vernichtender kann das Urteil über das Vorgehen der Bundesvereinigung gar nicht sein.

Was ist falsch gemacht worden, was wird falsch gemacht?   

Da die Freien Wähler in Deutschland höchst unterschiedliche politische Auffassungen haben und auch höchst unterschiedlich vor Ort Politik mitgestalten, stand und steht jeglicher Versuch der Bildung einer FW-Bundespartei in der Gefahr, entweder programmatisch und organisatorisch zu blass, zu schwammig zu erscheinen, um einer ausreichenden Zahl von Wählern attraktiv genug für ihre Stimmentscheidung zu sein. Die andere Gefahr lag und liegt darin, dass eine FW-Bundespartei zwar programmatisch unverwechselbare Positionen und organisatorisch straffe Strukturen entwickelt, diese jedoch von vielen Freien Wählern nicht geteilt und nicht gesucht werden.

Wer sich dieser Kernproblematik nicht bewusst ist oder sie beiseite schiebt, löst sie nicht, sondern verschärft sie. Genau das ist jetzt geschehen, wie an den Wahlergebnissen in den drei Bundesländern sehr ernüchternd zu erkennen ist. Eine offene Diskussion hat nie stattgefunden, wie diese Kernproblematik zu lösen ist – und ob sie überhaupt befriedigend zu lösen ist. Es mag Gründe dafür geben, warum es diese Diskussion nicht in der notwendigen Ernsthaftigkeit und Breite gegeben hat. Nun aber muss sie geführt werden statt blindlings mit der Parole „Augen zu und durch!“ in einer Sackgasse gegen die Wand zu rennen.

Wenn das entscheidende Kriterium für die Richtigkeit der Politik einer Organisation oder Partei immer noch die Praxis ist – und das wird und muss natürlich so bleiben -, dann hat die Praxis in kürzester Zeit dreimal eindeutig aufgezeigt: Wenn die FREIEN WÄHLER nicht die Freien Wähler mobilisieren, ja diese und ihre örtlichen Stammwähler noch nicht einmal in größerer Zahl zur Stimmabgabe bewegen können, dann machen nicht die Freien Wähler und deren Stammwähler etwas falsch, sondern dann liegen die Bundes- und Landesorganisationen der FREIEN WÄHLER grundfalsch.  

Wer sich dieser Erkenntnis verweigert, schadet den Freien Wählern und schadet der Bundesvereinigung FREIE WÄHLER. Wer diesen Schaden vermeiden will, muss sich jetzt zu Wort melden - laut, deutlich, offen. Dieser erste Beitrag zu einer notwendigen Diskussion soll Anstoß sein für alle interessierten Freien Wähler in  Frankfurt und anderswo, ihre Meinung zu formulieren und zu veröffentlichen. Besonders aufgefordert zur Beteiligung an der Diskussion sind auch jene, die den bisherigen organisatorischen, politischen und programmatischen Kurs der Bundesvereinigung FW für richtig und erfolgversprechend halten. Nach den Wahlergebnissen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben gerade diese Freien Wähler eine argumentative Bringschuld. Sie sollen gleichwohl eine faire Chance bekommen, ihre Ansichten zu äußern. Demokratie lebt vom Dialog ebenso wie von der Kontroverse: Die Diskussion ist eröffnet!   


Wolfgang Hübner, Stadtverordneter in Frankfurt am Main und stellv. Vorsitzender der FW in Frankfurt, 21. Mai 2012

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