FREIE WÄHLER – was nun? (3)
Fortsetzung einer notwendigen Diskussion
Erfahrungsträger bei der FW-Partei
Von Helmut Andresen (Bürgermeister und ehemaliger Landesvorsitzender der FREIEN WÄHLER in Schleswig-Holstein)
Wieder und immer wieder wird im Bereich der Freien Wähler mit dem “Argument” gearbeitet, man habe kommunalpolitische Erfahrung. Was aber steckt hinter diesem Argument, dieser Behauptung, die bislang kaum oder gar nicht hinterfragt wurde.
Hierzu ist die Unterscheidung zwischen Freien Wählern im Bereich der Wählergemeinschaft und den Freien Wählern in der Partei unbedingt erforderlich. Sicherlich gibt es auch deutliche Überschneidungen. Dabei muss dann aber auch hinterfragt werden, wie groß ist der Einfluss der unterschiedlichen Personengruppen innerhalb der Partei.
Wählergemeinschaften, auch Wählergemeinschaften der Freien Wähler haben nicht nur eine ähnlich lange Tradition, wie die übrigen Parteien in unserem Land. Sie haben auch Erfahrungsträger, die sich seit Jahrzehnten in der Kommunalpolitik engagieren. Dabei werden die wenigsten von ihnen in ihrer politischen Arbeit große Reden schwingen. Die Fähigkeiten dazu werden im kommunalpolitischen Bereich nicht gebraucht. Hier geht es vielmehr um sachliche Entscheidungen, deren Auswirkungen sehr direkt und konkret bei den Bürgern ankommen. Dabei weist der Autor, wie gewohnt gerne darauf hin, dass dies umso deutlicher wird, je kleiner die kommunalpolitische Einheit ist. Auch die Konsequenzen aus den Handlungen der Kommunalpolitiker fallen in kleinen Gemeinden oft viel deutlicher aus – man wird einfach nicht mehr gewählt. Je größer eine Kommune, um so leichter ist es, sich hinter der Partei/Wählergemeinschaft oder dem Gremium (Stadtrat oder Gemeinderat) zu verstecken. Die Entscheidungen werden eher unpersönlich getroffen.
Die Erfahrungsträger aus dem kommunalpolitischen Bereich haben in der Regel mit ihrem Engagement vor Ort genug zu tun und selten Zeit sich noch überregional zu betätigen. Dies betrifft die Parteien alle gleichermaßen, also auch die Freien Wähler. Wer sich vor Ort intensiv politisch ehrenamtlich betätigt hat, wird dies sicher bestätigen können. Also wer bleibt für die überregionalen Themen?
Die Frage mag provokant klingen, ist es aber nur für die Hand voll an Ausnahmen, die tatsächlich die Zeit aufbringen können, wollen und dies tatsächlich auch tun. Diese mögen dem Autor die Frage verzeihen, gleichwohl werden sie die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim Vortrag des eingangs genannten Arguments erkannt haben.
Diese erfahrenen Kommunalpolitiker stellen in den Führungsbereichen aller Parteien, also auch bei den Freien Wählern die absolute Ausnahme dar.
Worin besteht die kommunalpolitische Erfahrung der sogenannten Führungspersonen? Sieht man sich die Vita der unterschiedlichen Personen in diesem Bereich genauer an, stellt man häufig fest, dass die kommunalpolitische Erfahrung mit der Übernahme des überregionalen Amtes beginnt. In einzelnen Fällen ist vor der Übernahme eines Amtes bei der jeweiligen Landesvereinigung keinerlei politische Erfahrung vorhanden. So sind Führungspersonen selten als Erfahrungsträger aus der Kommunalpolitik zu bezeichnen. Es ist vielmehr so, dass sie ein deutliches Unbehagen beim Treffen mit den wirklichen Erfahrungsträgern überkommt. Da scheint es einfacher zu sein, sich nicht mit deren teils doch für Außenstehende komplizierten Fragestellungen auseinander zu setzen. Lieber ist man unter sich und entwickelt im kleinen Kreis Programmatiken und Grundsatzprogramme.
Aber genau dies ist ein ausschlaggebender Grund dafür, dass sich ausgerechnet die Erfahrungsträger dann von den Freien Wählern abwenden. Das von einem anderen Autor beschriebene Prozedere zur Mitgliederversammlung spricht in diesem Zusammenhang Bände. Kein erfahrener Kommunalpolitiker würde auf die Idee kommen, eine Tagesordnung dermaßen zu überfrachten, dass eine sachliche Diskussion nicht mehr möglich ist. Auch formal erforderliche Punkte zu Beginn einer Versammlung wären sicher auf der Tagesordnung da, wo sie hingehören.
Dies führt zwangsläufig zu der Frage nach dem Einfluss der wenigen, die aus der kommunalpolitischen Arbeit kommen. Nach allen Berichten und Artikeln, die hier und andernorts kritisch und auch selbstkritisch veröffentlicht wurden, tendiert dieser Einfluss gegen Null. In diesem Zusammenhang könnte dann in einem weiteren Beitrag über die Fähigkeit zu demokratischem Handeln nachgedacht werde.
Für den Autor ist das “Argument” der kommunalpolitischen Erfahrung, vorgetragen von den Vorstandsmitgliedern der Freien Wähler Bundesvereinigung, genauso falsch, wie die Behauptung man könne auf ca. 300.000 Freie Wähler in den Wählergemeinschaften aufbauen.