Windkraftanlagen im Vogelsberg
Freie Wähler informieren sich

Die Initiative kam vom Stadtverordneten Hans-Günter Müller und von Ortsbeirat Knut G. Emmert (OBR2, Bockenheim-Kuhwald-Westend): So brachen kürzlich 15 interessierte Freie Wähler aus Frankfurt auf, um sich über die praktische Umsetzung der alternativen Energiequelle Windkraft zu informieren: In Ulrichstein, der mit in 550 Metern gelegenen höchsten Stadt Hessens, wurden sie von zwei Vertretern der OVAG (Oberhessische Versorgungsbetriebe AG) empfangen, die Informationen zu den Windkraftanlagen gaben, die auch von der OVAG auf den meist vom Wind umtosten Gipfeln des Vogelsberges betrieben werden.
Vorstandsassistent und Jurist Stefano Jardella berichtete zur OVAG: Diese feiert als Energieversorger 2012 ihr hundertjähriges Bestehen und liefert heute immerhin ein Drittel des Wasserbedarfs an die Stadt Frankfurt. Die OVAG ist „rein kommunal“ und wird getragen von den Landkreisen Vogelsberg, Gießen und Wetterau. 1990 errichtete sie als Pionier hier den ersten Windpark in Hessen, wie man eine Ansammlung von Windkraftanlagen, also den einzelnen Windrädern nennt. Finanziert durch das Engagement der Bürgerschaft vor Ort: Da es hier außer den Touristen keine weiteren Einnahmequellen gibt, bietet die Windkraft zwei Investitionsmöglichkeiten: Windpark-Anteile in Höhe von 10.000 € als Genussscheine oder über Sparkasse und Volksbank Windbriefe über 500 oder 1000 €. Jardella ehrlich: „Das wirtschaftliche Risiko gibt’s überall!“ Indes könne man in Spitzenlagen wie hier eine Rentabilität bis zu zehn Prozent erreichen.
Doch schon am Tag nach dem Ausflug in den Vogelsberg erschien ein Artikel in der Frankfurter Rundschau: Fünf Windkraftanlagen mussten nach einer Klage des BUND (Bund Umwelt- und Naturschutz Deutschland) vorläufig stillgelegt werden, da in deren Nähe der Schwarzstorch brütet und der Rote Milan seine Horste hat. Jardella dazu: „Windkraftanlagen sind keine Vogeltötungsanlagen!“ In einem Jahr sei nur ein Schwarzstorch Schlagopfer geworden. Und Turmfalken bauten gar hoch oben in den Gondeln der Windkraftanlagen, wo sich die drei Rotorblätter drehen, ihr Nest! Abschließend verschwieg Jardella nicht: „Die Schall- und Schatten-emissionen moderner Anlagen sind so groß, dass man sich gestört fühlen kann.“
Die technischen Daten lieferte Walter Krauß, Dipl.-Ing. der Elektrotechnik, von Anfang dabei und somit ein „alter Hase“ im Windgeschäft: Begonnen habe man vor über 20 Jahren mit relativ kleinen Anlagen. Die Gondel in 30 Meter Turmhöhe hatte Rotorblätter von 14 Metern Länge und jede Anlage lieferte je nach Windstärke 30 bis 150 Kilowattstunden. Das Risiko war „die Unzuverlässigkeit des Windes“. Also musste man höher hinauf: Die neuesten Anlagen haben eine Gondel in 138 Metern Höhe und da die drei Rotorblätter 41 Meter lang sind, sind sie total 179 Meter hoch. Sie werden eine Maximalleistung von 2.300 Kilowatt liefern, kosten allerdings 3,5 Millionen € pro Windkraftanlage. Allerdings würden so gegenüber Anlagen, die mit fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl, Gas) arbeiten, jährlich 30.000 Tonnen an klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen eingespart. Die Freien Wähler kehrten mit neuem Wissen nach Frankfurt zurück.
D. Schreiber