Schafft Occupy in den Hessenpark!
FREIE WÄHLER haben eine Idee

Schon lange fragen sich nicht nur Frankfurter Besucher des Hessenparks in Neu-Anspach: Wo und mit was ist eigentlich die mit weitem Abstand größte Stadt des schönen Bundeslandes in Deutschlands Mitte repräsentiert? Auch der Dalai Lama soll bei seinem Hessenpark-Besuch im September 2007 erstaunt gewesen sein, dort weder den Römer noch die Paulskirche gefunden zu haben. Doch den Römer braucht Frankfurt ja noch für den Empfang der siegreichen deutschen Kicker nach der WM 2054, die Paulskirche wird für die Bewerbung ums Weltkulturerbe am alten Ort noch dringend benötigt.
Auch die Absicht, das Goethe-Haus in den Hessenpark zu verlagern, ist an den Protesten japanischer und chinesischer Reiseveranstalter gescheitert, die diesen Abstecher in den Taunus nicht mehr in ihren „Ganz Europa in 48 Stunden“-Touren unterbringen konnten. Und den Messeturm nach Neu-Anspach transportieren, bedürfte erheblicher Straßenarbeiten auf dem Weg dorthin, die das von hohen Schulden geplagte Hessenland derzeit nicht aufzubringen gewillt ist. Bislang ist dem Frankfurt-Defizit in dem beliebten Touristenziel deshalb notdürftig mit dem Ausschank von Apfelwein einer Frankfurter Kelterei begegnet worden. Doch das kann keine befriedigende Lösung des quälenden Problems sein.
Umso hoffnungsvoller stimmt nun ein Vorschlag aus den Reihen der immer wieder innovativen FREIEN WÄHLER im Römer: Frankfurt schenkt dem Hessenpark das Occupy-Camp in der ehemaligen Grünanlage vor dem EZB-Sitz samt Bewohnern! Und zwar kostenlos und so schnell wie möglich! Schon unmittelbar nach Bekanntwerden dieser generösen Idee ganz im besten Stiftergeist der ehemaligen Freien Reichsstadt wurde, wie gutunterrichtete Kreise wissen wollen, eine Sondersitzung der Hessischen Landesregierung einberufen, um die sensationelle Idee zu diskutieren.
Selbst der neue Frankfurter SPD-Oberbürgermeister Feldmann, ansonsten der politischen Nähe zu den FREIEN WÄHLERN absolut unverdächtig, soll sich überraschend positiv zu den Umsiedlungsplänen für Occupy geäußert haben. Der linke Sozialpolitiker aus Bonames sieht darin die Möglichkeit, den antikapitalistischen Protest auch im Umland der Großstadt neue Impulse zu geben. Von der CDU im Römer ist noch keine Stellungnahme bekannt, offenbar sind alle Verantwortlichen im Urlaub oder suchen weiter im Schweiße ihres Angesichts nach einem neuen Fraktionsvorsitzenden, der auch noch frei reden kann.
Erwartungsgemäß sehr negativ, ja erbost reagierten die Grünen in Frankfurt: Occupy gehöre inzwischen zu Frankfurt wie Handkäse und Grüne Soße. Die derzeit zweistärkste Partei im Römer sieht in der Idee der ihr verhassten FREIEN WÄHLER deren erneuten Versuch, die „Vielfalt“ von „Global City“ in Frage zu stellen. In der Linkspartei wird zur Zeit ausführlich debattiert, ob Occupy mit der Verlagerung in den Hessenpark nicht letztlich nur schutzlos den Wetterauer Neonazis ausgeliefert werden soll. Ein Ergebnis der bereits zwölfstündigen Diskussion liegt noch nicht vor.
Viel Beifall hingegen bekommen die FREIEN WÄHLER vom Drogenreferat, Grünflächenamt, Ordnungsbehörden, Abfallbeseitigung und ganz besonders von Peter Postleb, Leiter der Stabsstelle Sauberes Frankfurt, der damit die Hoffnung verbindet, endlich seinen von Occupy verursachten Überstundenberg abbauen zu können.
Die verbliebenen Bewohner des sozialkritischen Camps in der Anlage sind tief gespalten hinsichtlich einer möglichen Übersiedlung: Einige reizt die gesunde Taunusluft und die verlockende Aussicht, vom ungeliebten Störfaktor in der kapitalistischsten Stadt Deutschlands zur attraktiven Touristenattraktion zu werden. Andere geben allerdings zu bedenken, wer die tägliche Verpflegung im Hessenpark garantiere solle, wenn der kurze Weg zum Gratisessen in die Kantine der Städtischen Bühnen nicht mehr möglich sei.
Wie dem auch sei: Das Sommerloch 2012 für Medien und Politik gibt es nicht mehr nach dem Bekanntwerden der verblüffenden Idee der FREIEN WÄHLER. Endlich redet nun niemand mehr über das Regenwetter, Beschneidungen oder Feldmanns klimaschädlichen Dienstwagen – endlich gibt es ein Thema, das Frankfurt und Hessen elektrisiert!
Wolfgang Hübner, 17. Juli 2012