Frankfurts Verdichtung schafft Probleme

Wachstum contra Lebensqualität

Frankfurts Verdichtung schafft Probleme
© Makrodepecher - pixelio.de

Frankfurt wächst. Die Bevölkerungszahl steigt und wird bald 700.000 Einwohner erreicht haben. Dieses Wachstum wird von der Stadtpolitik gefördert und von den Medien bejubelt. Die meisten Frankfurter Bürger machen sich vermutlich keine Gedanken darüber, dass es ihre Lebensqualität beeinträchtigen könnte, wenn die Nachverdichtung in aller Konsequenz umgesetzt wird.
 
Dabei steht fest, die Verlierer dieses Wachstums werden diejenigen Frankfurter Bürger sein, die bereits in der Stadt, oft schon sehr lange, leben. Unumwunden gibt Bürgermeister und Planungsdezernent Olaf Cunitz von den Grünen in einem Interview in der Maiausgabe der Zeitung „Planen + Bauen“ zu Protokoll: "Dort wo es für das Stadtklima verträglich ist und die Wohnqualität der Nachbarschaft nicht unzumutbar beeinträchtigt wird, kann durch eine zusätzliche Bebauung, meist in sehr guter Lage, neuer Wohnraum geschaffen werden“.
 
Selbstverständlich wird das, was für die Nachbarschaft zumutbar ist, durch die Politik und nicht durch die Betroffenen selbst definiert. Und die Aussage macht auch klar, dass dieser Wohnraum in allen Lagen geschaffen werden wird. Folglich kann kein Frankfurter Bürger sicher sein, dass nicht der von ihm so geschätzte Hinterhof oder die Wiese, auf der er jetzt jeden Abend mit seinem Hund “Gassi geht“, flugs zum Nachverdichtungsobjekt erklärt wird und mit Wohnungen bebaut wird. Die Tatsache, dass Menschen auch unbebaute Freiräume brauchen, wird ignoriert. Von Auswirkungen auf Frischluft und Mikroklima einer flächendeckenden Versiegelung will ich hier gar nicht reden.
 
Nun könnte man sagen: Gut, dann müssen die Frankfurter Bürger ein Opfer bringen, aber sonst ist die Politik richtig, die Arbeitnehmer nahe an ihrem Arbeitsplatz wohnen lässt. Dem ist jedoch nicht so. Denn auch das Umland, insbesondere die ländlichen Gemeinden Mittel – und Nordhessens leiden unter dieser Politik. Die kleinen Dörfer und Gemeinden bluten buchstäblich aus. Nicht nur jüngere Menschen, sondern alle, die es sich irgendwie leisten können, ziehen aus ihrer Heimat in die Metropole Frankfurt.
 
Auf der Strecke bleiben diejenigen, die sich einen Umzug ins teure Frankfurt nicht leisten können oder wollen. Sie sind jetzt doppelt bestraft. Zum einen dünnt die Infrastruktur in ländlichen Gemeinden (Ärzte, Lebensmittelgeschäfte, Apotheken u.s.w. ) immer mehr aus und die Menschen müssen immer weitere Wege zurücklegen um alltägliche Dinge zu erledigen. Zum anderen müssen die Erschließungs- und Versorgungskosten (Straßenbau, Wasser, Abwasser, etc) durch immer weniger Gebührenzahler geteilt werden, was die Belastung des Einzelnen unzumutbar erhöht. Die Politik der Verdichtung Frankfurts schadet demnach sowohl den Frankfurter Bürgern wie auch den Einwohnern der Umlandgemeinden.
 
Wem nutzt dann diese Politik? Sicher den Immobilienfirmen, Maklern und Architekten. Ein Blick in einschlägige Zeitschriften (z.B. in das schon erwähnte, in Zusammenarbeit mit dem Dezernat von Bürgermeister Cunitz herausgegebene Magazin „Planen + Bauen“) zeigt die Gewinner: Nicht eine Seite, auf der nicht in einer Anzeige ein hochwertiges Immobilienprojekt angepriesen wird.

Auch den Frankfurter Lokalpolitikern nutzt diese Politik. Wer würde nicht gerne mit seinem Namen mit einem großen Bauprojekt in Zusammenhang gebracht werden. Dass sich Herr Cunitz anlässlich des Namenswettbewerbes einer Mainbrücke mit Siegerlachen unter der zentimetergroßen Überschrift „Bürgermeister Cunitz entscheidet sich für Vorschlag der Bild-Leser: Dein Name sei Osthafen-Brücke“ ablichten lässt, ist symptomatisch und spricht Bände.
 
Was ist also zu tun? Die Frankfurter Politiker sollten begreifen, dass es keinen Sinn macht, dem Zuwanderungsdruck durch Bau immer neuer Wohnungen nachzugeben. Wenn keine Wohnungen mehr gebaut werden, steigen die Preise für potentielle Neubürger. Das wird einen Umzug nach Frankfurt unattraktiver machen. Dazu sind die Verkehrsanbindung, vor allen Dingen der ÖPNV von und zu nach Frankfurt zu verbessern. Der Bau und die Erweiterung weiterer S -Bahnstrecken von und nach Frankfurt sind von der Stadt Frankfurt massiv zu fördern und zu unterstützen. Die nahezu eingeschlafenen konstruktiven Gespräche mit den Umlandgemeinden sind wieder aufzunehmen. Ziel sollte eine Großregion Frankfurt sein, in der Leben in städtischem und ländlichem Bereich lebenswert und finanziell möglich ist.
 


Stefan Mahr, 26. Juli 2012 

Leserkommentare (2)

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Dafür können die Kosten für die Erschließung des städtischen Raumes auf mehr Bürger verteilt werden. Des einen Leid ist des anderen Freud. Viele Projekte werden auch gerade erst deshalb möglich, weil eine Stadt eine bestimmte Einwohnerzahl hat. Letztlich ist eine Verdichtung dort sinnvoll, wo bislang toter innerstädtischer Raum belebt werden kann. Das Degussa-Gelände ist nur ein Beispiel, das Gelände am Henninger-Turm ein anderes. Es darf aber nicht zur Vertreibung der angestammten Bevölkerung führen, wenn lediglich saniert wird, um die Mieten entsprechend erhöhen zu können.

Zu der Zusammensetzung der Zuzügler nach Frankfurt gibt es verschiedene Untersuchungen und Statistiken, aber keine eindeutigen Antworten. Ich habe auch schon gelesen, dass es überwiegend Senioren sind, die es in die (Groß)städte zieht. Den Pendler wird das Leben durch Frankfurter Dauerbaustellen wie z.B. auf der Friedberger Landstraße und andere Maßnahmen, wie Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen, immer saurer gemacht. Dabei wohnen von den in Frankfurt arbeitenden Menschen die meisten im Umland. Von denen, die in Frankfurt bleiben, arbeiten die meisten im Umkehrschluss nicht, sondern leben von öffentlichen Leistungen. Das ist keine gesunde Politik. Und was macht das Bürgerliche Lager in Frankfurt? Jeden Quatsch mit!