Frankfurts SPD trifft Occupy

Ratlose auf dem Weg zu den Sternen

Frankfurts SPD trifft Occupy


Frankfurts neuer Oberbürgermeister Feldmann hatte so wolkig wie unbestimmt dazu einen Monat zu spät seine Sympathie mit den sich als „Kapitalismuskritiker“ bezeichnenden Frankfurter Restaktivisten von Occupy bekundet. Auch Sylvia Kunze vom Frankfurter SPD-Vorstand stößt in dieses Horn. Nun sitzt sie am heiß-schwülen Abend des 14. August auf dem Willy-Brand-Platz, denn die SPD will sich publikumswirksam „Open Air“ mit denjenigen treffen, die einige Tage zuvor ihr Elendslager in der nahen Anlage ohne Feldmann-Protest räumen mussten. Gekommen sind aber nur ein paar Dutzend ziemlich abgerissen aussehende junge Leute, dazu ein paar Ältere, denen eine lange Alkoholkarriere anzusehen und anzuhören ist. Normale Passanten, darunter korrekt gekleidete Bankangestellte, eilten schnell an diesem erbärmlichen Haufen vorbei.

Kunze beklagt mit vielen störenden „öhms“ in ihren Redebeiträgen die sinkenden Wahlbeteiligungen: „Man kann machen, was man will. Dann wird oben doch anders entschieden!“ Dagegen helfe – „öhm“ – direkte Demokratie wie bei Stuttgart 21 und – „öhm“ – Transparenz herzustellen. Piraten-Schlagworte der trivialsten Sorte aus dem Mund einer SPD-Kommunalpolitikerin auf der vergeblichen Suche nach dem großen Auftritt.



Dann spricht „Jan Umsonst“ von Occupy zum Thema Verschwendung von Ressourcen und Klimawandel: „Das System Erde könnte kollabieren. Ich hätte gerne eine Welt, die zu den Sternen kommt und nicht wieder in der Höhle landet.“ Für soviel Politpoesie gibt es von den Umstehenden erstmals Applaus! Bei dem globalen System brauche man dezentrale Systeme: „Transnationale Systeme brauchen eine solidarische Gesellschaftsordnung.“ Wieder Applaus. Das Gefühl, nichts verändern zu können, müsse durch den dezentralen Ansatz durchbrochen werden: Der Bürgerhaushalt in Frankfurt sei ein „vernünftiges Konzept auf lokaler Ebene“. Kapitalismuskritiker Karl Marx, läge er nicht schon längst in London unter der Erde, würde spätestens jetzt die Flucht ergreifen ob solchen Gebrabbels.

Wer Kritik am Handeln der Banken, an den globalen Zockern, an Staatsschuldenkrise, Garantien in bald Billionenhöhe und dem drohenden Ende des Euro erwartet hatte, wurde enttäuscht. Und nie fiel das Wort „Kapitalismus“ oder bereicherten andere bekannte linke Begriffe die Argumentation. Das geradezu bemitleidenswert niedrige Niveau der Diskussion wird in Sätzen wie diesem deutlich: „Ich bin froh, dass wir den Feldmann als Oberbürgermeister haben. Boris Rhein hätte mir nicht so zugesagt.“ Der Berichterstatter wendet sich nach insgesamt 45 Minuten ab: SPD trifft Occupy ist ein sommerlicher Langweiler ohne jeden Erkenntniswert.


D. Schreiber

Leserkommentare (0)

Um einen Kommentar zu verfassen, loggen Sie sich bitte hier ein.
Falls Sie noch kein Benutzerkonto besitzen, können Sie sich hier registrieren.