Die Frankfurter CDU – ein Trauerspiel

Aus Koalitionsangst Förderung von Gesetzesbrechern

Die Frankfurter CDU – ein Trauerspiel
© International Institute of Social History in Amsterdam, Netherlands

 
In der letzten Sitzung vor der Sommerpause Ende Juni erhob sich ein jüngerer CDU-Stadtverordneter mit Namen Dr. Schmidt aus einer der hinteren Reihen seiner Fraktion, schritt zum Rednerpult und bereitete allen Zuhörern eine echte Überraschung, ja Sensation: Dr. Schmidt hielt nämlich eine nicht nur außerordentlich gute, präzise Rede, sondern auch eine, die nach sehr langer Zeit so etwas wie Selbstbehauptungswillen seiner ansonsten so willenlos an den grünen Koalitionspartner gefesselten Partei verriet.

Der CDU-Stadtverordnete nahm in seinem Dreiminuten-Vortrag eindeutig Stellung zu den skandalösen Vorgängen um ein von Linksextremisten und akademischem Subproletariat schon seit Jahren besetztes Universitäts-Institut, das mittlerweile weit unter dem Marktwert an eine Immobilienfirma verkauft worden ist. Seitdem versuchen die neuen Besitzer die Rechtsbrecher aus dem Haus zu bekommen, um dieses umzugestalten für neue Zwecke. Doch die Besetzer denken gar nicht daran, das zu tun, sondern wollen die Legalisierung ihrer Existenz dort oder eine kostenlose Ersatzbleibe von der Universität oder der Stadt Frankfurt.

Das ist unverfroren und provokativ, aber keineswegs für die linken Parteien, wozu in diesem Fall auch SPD und Grüne zählen. Entblöden sich die biederen Sozialdemokraten nicht, sogar einen Antrag auf Unterstützung der Besetzer und ihres sogenannten „Instituts für vergleichende Irrelevanz“ zu stellen, verzichten die Grünen zwar darauf, ihren Koalitionspartner offen vorzuführen, doch machen sie aus ihrem “Verständnis“ für die „jungen Leute“ keinen Hehl. Schließlich stehen diese „jungen Leute“ aus grüner Sicht ja doch eher auf ihrer, also der richtigen Seite. Folglich gibt es zu diesem Thema in der Römer-Koalition von CDU und Grünen höchst unterschiedliche Auffassungen, die noch nicht einmal mit einem der üblichen Formelkompromisse überbrückbar sind.

Einen Ausweg aus dieser Situation könnten wohlmeinende Beobachter darin erkennen, dass beide Parteien ihren jeweiligen Standpunkt beibehalten und der Öffentlichkeit das auch so präsentieren, wie es der CDU-Stadtverordnete Dr. Schmidt beispielhaft getan hat. Doch wer solche Hoffnungen hegte, wurde schon bei der allerersten Sitzung nach der Sommerpause, die im Kulturausschuss stattfand, eines Schlechteren belehrt.

Denn dort standen zwei Pro-Besetzer-Anträge von Piraten und SPD auf der Tagesordnung, einer schlimmer und rechtsfeindlicher als der andere. Beide Anträge sind schon Monate alt, es bestand für alle Fraktionen also ausreichende Diskussions- und Entscheidungszeit. Doch wer sich nicht einig ist, kann zwar lange diskutieren, nicht aber entscheiden. Und so beantragten die weiterhin uneinigen Koalitionsparteien eine weitere Vertagung der beiden Anträge, um nicht schon jetzt öffentlich eingestehen zu müssen, im Fall des widerrechtlich besetzten Gebäudes im Westend keine gemeinsame Position zu finden.

Das wäre allerdings kein größeres Problem, hätten nicht CDU und Grünen vereinbart, immer nur gemeinsam bei oppositionellen Anträgen zu votieren. Nun geht es im konkreten Fall zwar um eine wichtige, sicher aber nicht für die Stadt Frankfurt lebenswichtige Angelegenheit. Doch zu solcher Einsicht ist die von der Wahl des SPD-Kandidaten Feldmann zum Oberbürgermeister tief verunsicherte Koalition nicht fähig und nicht willens. Für die Grünen ist das auch kein Problem, denn sie lavieren geschickt wie meist durch schwieriges Gelände und hatten sich auch keineswegs so exponiert wie das der Stadtverordnete Dr. Schmidt im Einverständnis mit seiner Fraktion getan hatte.

Deshalb war die Vertagung der Entscheidung nicht nur eine schallende Ohrfeige für den tapferen Dr. Schmidt, sondern damit hat die CDU in Frankfurt geradezu masochistisch sich selbst eine weitere Selbstverstümmelung zugefügt, die nur als Trauerspiel bezeichnet werden kann und einen politischen Trauerfall in den nächsten Jahren unabwendbar erscheinen lässt. Mit ihrem neuen Kniefall vor den grünen Dompteuren schadet die CDU allerdings nicht nur sich selbst und führt sie schamlos ihre immer weniger werdenden Wähler vor: Die bislang noch stärkste Partei im Römer missachtet damit auch den Rechtsstaat, der von den linksextremen Besetzern seit Jahren nach Belieben vorgeführt, ja lächerlich gemacht wird.

Es ist geradezu erschütternd, dass nur noch zwei Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung, neben den FREIEN WÄHLERN auch die FDP, auf der Durchsetzung von Gesetz und Wahrung der Eigentumsrechte bestehen. Wenn die Frankfurter CDU wirklich glaubt, mit koalitionstaktischen Verrenkungen grotesker Art ordnungspolitisch untertauchen zu können, dann ist sie als bürgerlicher Faktor ein jämmerlicher Totalausfall. Das ist nicht gut so, aber es wäre gut so, wenn das bald überall bekannt würde. Und falls der tapfere Dr. Schmidt demnächst genötigt sein wird, ein politisches Asyl zu suchen: Die FREIEN WÄHLER wüssten schon eines!


Wolfgang Hübner, 24. August 2012

Leserkommentare (1)

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Apercu am Rande: Wie ich kürzlich erfuhr, ist das "Institut für vergleichende Irrelevanz" nach dem Plan für ein ebensolches Institut im Roman "Das Foucaultsche Pendel" von Umberto Eco benannt worden. Daraufhin habe ich angefangen, diesen Roman endlich zu lesen.

Folgendes fällt dabei auf:

In dem Roman ist diese Einrichtung der satirische, nicht ernst gemeinte Plan eines Verlagslektors, den ganzen Unsinn, der ihm von verrückten Autoren angeboten wird, unter der Überschrift "Vergleichende Irrelevanz" wissenschaftlich zu untersuchen. Zitat S. 99: "Wir planen eine Fakultät der Vergleichenden Irrelevanz, in der man unnütze oder unmögliche Fächer studieren kann. ... ... Eine wichtige Abteilung ist die der Adynata oder Impossibilia. Zum Beispiel Zigeunerische Urbanistik oder Aztekische Reitkunst ... ... Geschichte der Antarktischen Agrikultur ..." - Da fragt man sich, was die Studenten meinen, wenn sie sagen, ihr Institut sei eine wichtige Ergänzung, ein "Korrektiv" der Wissenschaft. Es kann nur Satire sein. Auf Kosten anderer Leute, versteht sich.

Die Studenten waren zudem nicht einmal in der Lage, korrekt zu zitieren. Es ist nämlich bei Umberto Eco kein "Institut" für vergleichende Irrelevanz, sondern eine "Fakultät". Auch im italienischen Original ist es eine "Facoltà di Irrilevanza Comparata", kein "Istituto". An den kleinen Dingen erkennt man das Große.

Schließlich ergeht sich Umberto Eco in diesem Roman in Erinnerungen an anno 1968, in denen er die damalige Zeit einerseits gründlich auf die Schippe nimmt, andererseits dennoch überströmende Sympathie zeigt. Umberto Eco scheint ein Prototyp jener Spezies zu sein, die selbst dann noch die Grünen wählen und von 1968 schwärmen, wenn sie das Grüne Programm vollkommen ablehnen und ein glückliches, bürgerliches Leben leben. Warum? Weil es "sein Milieu" ist. Spießiger geht es nicht.