Frankfurts CDU sucht „Leitplanken“ für die Vielfalt
Integrationspolitische Absetzbewegung oder Bluff?

Vor zwei Jahren haben, mit der einzigen Ausnahme der FREIEN WÄHLER, alle Fraktionen in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung das „Vielfalt“-Konzept angenommen und damit faktisch Abschied vom Ziel der Integration von Einwanderern und deren Nachkommen in die deutsche Gesellschaft genommen. Auch und nicht zuletzt die CDU samt ihrem heutigen lokalen Parteichef Uwe Becker hat damals diesen Weg in die „Vielfalt“-Stadt vertreten und gebilligt. Umso erstaunlicher ist nun einen aktuelle Pressemitteilung Beckers zu lesen, in der er fordert: „Integration braucht Leitplanken.“
Becker, als Kämmerer eines der wichtigsten Magistratsmitglieder, schreibt sogar: „Vielfalt muss als Vielfalt in Gemeinschaft verstanden werden, in der es ein Miteinander der unterschiedlichen Kulturen und kein Neben- oder Gegeneinander geben darf. Die eigenen kulturellen Wurzeln pflegen zu können und sich gleichzeitig aber den kulturellen Gegebenheiten unserer aufnehmenden Gesellschaft anzupassen, ist eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration.“ Wenn der CDU-Vorsitzende tatsächlich meint, was er verlautbaren lässt, dann muss er konsequenterweise so schnell wie möglich das „Vielfalt“-Konzept von 2010, zu dem jetzt ein voluminöses „Integrations- und Diversitätsmonitoring“ vorliegt, aufkündigen.
Denn weder hat das derzeit in Frankfurt geltende „Vielfalt“-Konzept Integration in der eigentlichen Bedeutung dieses Begriffs im Sinn noch gar „Vielfalt in Gemeinschaft“, in der Einwanderer und ihre Nachkommen sich „den kulturellen Gegebenheiten unserer aufnehmenden Gesellschaft anzupassen hätten.“ Die Fraktion der FREIEN WÄHLER hat in ihrer Schrift „Abschied von der Integration“ ausführlich dargelegt und bewiesen, dass es den Initiatoren des „Vielfalt“-Konzepts vielmehr um „Partizipation“, also Teilhabe, jedoch keineswegs um Integration, also Anpassung oder gar Assimilation ging und geht. Das war der CDU und natürlich auch Becker bekannt, als über das Konzept abgestimmt wurde. Warum nun plötzlich diese irritierende Pressemitteilung zum Thema?
Ein Grund dürfte in der aus Beckers Sicht Folgenlosigkeit und Erfolglosigkeit des „Vielfalt“-Konzepts zu suchen sein. Der CDU-Politiker klagt: „Doch wenn wir feststellen, dass junge Frankfurter, die hier aufgewachsen sind, die eine offene Stadt erfahren haben, als Salafisten auf der Zeil den Koran verteilen, müssen wir uns fragen, was hier schief gelaufen ist.“ Eine Antwort könnte Becker schnell bei der nochmaligen (oder ersten?) Lektüre des „Vielfalt“-Konzepts finden: Zu dem brisantesten Integrationsthema Islam und Islamisierung wird darin entweder nichts oder nichts von Belang und Substanz gesagt. Niemand hat so deutlich auf dieses entscheidende Defizit aufmerksam gemacht wie die FREIEN WÄHLER – an der CDU und auch an Becker ging das völlig vorbei.
Ein anderer Grund für die neuen CDU-Töne zum Thema könnte der wieder stärkere Profilierungsdrang gegenüber dem macht- und selbstbewussten Koalitionspartner Grüne sein, dessen ideologische Handschrift das „Vielfalt“-Konzept zweifellos beinhaltet. Seit der Überraschungswahl des SPD-Kandidaten Feldmann zum Oberbürgermeister sieht sich die CDU in Frankfurt, lange Jahre die dominierende politische Kraft der Stadt, in der Defensive und von allen Seiten bedroht. Doch wird es nicht reichen, ein paar Profilierungsballons in den Himmel zu senden, um beim Publikum wieder etwas Interesse zu wecken.
Und schon ganz und gar nicht reicht das bei einem für die Zukunft Frankfurts so wichtigen Thema wie Integration. Die CDU und ihr Vorsitzender werden deshalb Farbe bekennen müssen: Entweder signalisiert die Pressmeldung eine Abkehr vom integrationsfeindlichen „Vielfalt“-Konzept. Dann muss das im Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung entsprechende Konsequenzen haben. Oder Beckers Erklärung ist ein politischer Bluff, mit dem die von der fortschreitenden Islamisierung verunsicherten eigenen Reihen beruhigt und die Öffentlichkeit folgenlos beschäftigt werden soll. Die Fraktion der FREIEN WÄHLER wird dafür sorgen, dass über die Ernsthaftigkeit der „Leitplanken“-Verlautbarung des CDU-Vorsitzenden sehr bald Klarheit geschaffen wird.
Wolfgang Hübner, 23. September 2012