Die FREIEN WÄHLER und die WAHLALTERNATIVE 2013

Chancen und Probleme einer politischen Hoffnung

Die FREIEN WÄHLER und die WAHLALTERNATIVE  2013


Binnen kurzer Zeit haben sich nahezu 5.000 Unterstützer namentlich zur WAHLALTERNATIVE 2013 (in der Folge kurz WA2013) bekannt. Viele, wahrscheinlich die meisten dieser Unterstützer kommen wie die Initiatoren aus dem Umfeld von CDU/CSU und FDP, also aus dem sogenannten bürgerlichen Lager. Sie alle eint die Hoffnung, bei der kommenden Bundestagswahl 2013 endlich eine Alternative zu dem Parteienblock im Berliner Reichstag zu entwickeln.  

Doch die Initiatoren der WA2013, unter ihnen viele bekannte und renommierte Namen, wollen ausdrücklich keine neue Partei gründen, sondern sich bei einer bereits bestehenden Partei andocken, die ihrem Hauptanliegen, nämlich die Ablehnung der verantwortungs- und perspektivlosen Euro-Rettungspolitik, am nächsten erscheint. Diese Partei wird klar benannt: Es sind die FREIEN WÄHLER (FW), die sich parteigemäß formiert haben und an der Wahl im nächsten Jahr teilnehmen wollen. Die FW haben sich in Sachen Euro einigermaßen kritisch positioniert, wobei die Verabschiedung eines Programms der Bundesvereinigung noch aussteht, aber Ende Oktober erfolgen könnte.

Die mögliche Zusammenarbeit von FW und WA2013 bietet für beide Seiten, vor allem aber für unzählige unzufriedene Wähler, große Chancen. Denn was den FW nach den bisherigen sehr ernüchternden Wahlergebnissen bei Landtagswahlen in Deutschland – mit der ganz speziellen Ausnahme Bayerns – nicht gelungen ist, nämlich ein politischer Faktor mit Medienpräsenz zu werden, das könnte mit den zahlreichen prominenten und fachkundigen Persönlichkeiten unter den Initiatoren und Unterstützern der WA2013 nun doch von Erfolg gekrönt werden. Mit der aktiven Unterstützung der WA2013 bekäme die FW-Bundesvereinigung zweifellos eine Qualität, die sie bislang nicht hat und auch so rasch nicht entwickeln könnte.

Realistisch betrachtet kann die FW das Angebot der WA2013 nur um einen sehr hohen Preis ablehnen, nämlich dem Verlust auf jegliche Chance zu einem Wahlerfolg im Herbst 2013. Denn die sehnsüchtig auf eine bürgerliche politische Alternative dürstenden Wähler in Deutschland würden nicht das geringste Verständnis dafür haben, dass die FW – aus welchen Gründen auch immer – diese ausgestreckte Hand zurückweisen würde. Die WA2013 macht sozusagen ein Angebot, das sich nicht zurückweisen lässt.

Aber genau darin liegen auch Probleme verborgen. Denn die FW-Partei, die sich etwas schamhaft Bundesvereinigung tituliert, hat noch keineswegs sicheren Boden unter den Füßen. Viele Freie Wähler im ganzen Land stehen der Parteiwerdung der FW kritisch, ablehnend oder desinteressiert gegenüber. Viele Freie Wähler wollen auch weiterhin in ihren örtlichen Gruppen Kommunalpolitik und sonst nichts machen. Deshalb vertritt die FW-Partei auch keineswegs alle, ja noch nicht einmal die meisten Freien Wähler. Da die Bundesvereinigung bislang keine genauen Mitgliederzahlen bekannt gegeben hat, ist sogar zu vermuten, dass die aktuelle Zahl der WA2013-Unterstützer höher ist als die Zahl der regulären Mitglieder der FW-Partei.

Nun erwarten aber die Initiatoren der WA2013 von der FW-Partei eine personelle Beteiligung bei der Aufstellung der Listen und Kandidaten für die Bundestagswahl. Das ist verständlich, aber nicht selbstverständlich. Denn die Listen und Kandidaten werden allein von der Partei bzw. den Mitgliedern der Partei aufgestellt. Von diesen Mitgliedern würde mithin erwartet, auf etliche vordere Plätze auf den Listen zugunsten von Nichtmitgliedern zu verzichten. Allerdings wissen die Mitglieder, wie wenig aussichtsreich diese vorderen Plätze wären, wenn es diese Unterstützung durch die WA2013 nicht gäbe. Trotz dieser Einsicht wird von den Mitgliedern der FW-Partei viel verlangt – die Erfahrung lässt vermuten: In nicht wenigen Fällen zu viel.

Damit gibt es ein Konfliktpotential, das nicht zu unterschätzen ist. Wenn es zwischen FW-Partei und WA2013 nicht rechtzeitig zu klaren Vereinbarungen bei diesem Problem kommt, sind Konflikte unvermeidlich, die sogar das gesamte Projekt in Gefahr bringen können. Ebenfalls brisant könnten inhaltliche Differenzen zwischen den beiden Partnern in Fragen werden, die über das Euro-Thema hinausgehen. Das sich abzeichnende FW-Programm ist allerdings nicht schon so profiliert ausgefeilt, um bei wichtigen Themen für WA2013-Unterstützer völlig unakzeptabel zu sein. Die weitere Gestaltung des Programms der FW-Partei ist gut beraten, alle Türen für die Weiterentwicklung und Profilierung des Programms offen zu halten.

Auf jeden Fall sollte der absolute inhaltliche Schwerpunkt für die Bundestagswahl 2013 auf dem Euro-Thema liegen. Hierzu können die Initiatoren und Unterstützer der WA2013 wertvolle, kompetente Beiträge liefern, auf die keinesfalls verzichtet werden kann und darf. Wenn sich die Führungen der Partner über die Kooperation generell geeinigt haben, muss sofort eine hochkarätige Arbeitsgruppe gebildet werden, die zu dem Euro-Thema die notwendigen Positionen für den Wahlerfolg formuliert.

Die FW-Partei steht im Fall einer Zusammenarbeit mit der WA2013 mehr denn je vor dem Problem, wie sie ihre politische Identität eigentlich bestimmen soll. Denn dann wird sie weniger als zuvor noch eine von den Freien Wählern in Deutschland allseits akzeptierte Interessenvertretung sein können. Der Name kann darüber nicht hinwegtäuschen. Gerade in Anbetracht der neuen Entwicklung wäre es gut gewesen, diesen fragwürdigen Anspruch, die Partei der Freien Wähler zu sein, nie erhoben und das auch bei der Namensnennung entsprechend zum Ausdruck gebracht zu haben. Die Freien Wähler sind nun einmal viel zu unterschiedlich vor Ort und in den Regionen, um strikt parteimäßig organisiert werden zu können.

Die derzeitige Mehrheit in der Bundesvereinigung sieht das anders, das ist die Realität. Wenn es zur geregelten Kooperation der FW-Partei mit der WA2013 kommen sollte, wird dieses durchaus chancenreiche Gebilde eines ganz gewiss nicht sein: die Partei der Freien Wähler. Es kann dann aber sehr wohl der verheißungsvolle Hoffnungsanker für unzählige mit den etablierten Parteien, insbesondere denen des bürgerlichen Spektrums, unzufriedene Bürgerinnen und Bürger werden.

Im Erfolgsfall wird so auf unberwarteten Wegen eine neue Partei entstehen, die noch viele Auseinandersetzungen, aber vielleicht auch eine ähnlich große Zukunft wie einst die Grünen vor sich hat. Über dieses wichtige, zugleich sehr fragile Projekt muss jetzt so intensiv wie kontrovers weiter nachgedacht und diskutiert werden.

 

Wolfgang Hübner, 7. Oktober 2012

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