PPP-Verfahren im Parlament ein "Evergreen"
Rede zur sogenannte Public-Private-Partnership (PPP) oder Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP)
In der Stadtverordnetensitzung am 11. Oktober 2012 wurde mit den Stimmen von CDU, Grünen und auch der SPD ein Finanzierungsmodell der geplanten Integrierten Gesamtschule West (IGS West) beschlossen, die auf lange Sicht die Stadt Frankfurt viel teurer kommen wird als wenn sie die Schule selbst bauen würde. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Public-Private-Partnership (PPP) oder Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP). Die FREIE WÄHLER-Fraktion im Römer hat diesem IGS West-Finanzierungsprojekt nicht zugestimmt. Nicht zuletzt auf die grundsätzlichen Bedenken gegen PPP bzw. ÖPP hat der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Hübner in einer Rede hingewiesen, die hiermit ungekürzt dokumentiert wird:
____________________________________________________________
Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren!
Für die zwei Zuschauer, die bis jetzt noch durchgehalten haben und nachher ausgeschlossen werden, wenn die nicht öffentliche Sitzung beginnt, möchte ich erwähnen, dass die Diskussion um PPP-Verfahren im Parlament ein Evergreen ist. Wir diskutieren darüber schon seit Jahren. Die Rollen sind eigentlich gut verteilt. Es gibt die einen, die solche Projekte ideologisch oder aber konkret anklagen, und die anderen, die sie verteidigen. Als ich diese neuen Unterlagen und auch dieses Schreiben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW), die sicherlich nicht zu unseren größten Freunden gehört, bekommen habe, habe ich sie mir gründlich durchgelesen und bin zu dem Schluss gekommen, das kann doch keine vernünftige Entscheidung sein, im Grunde genommen so viel Geld zu zahlen, wo man doch eigentlich viel weniger bezahlen müsste.
Das Problem aber ist doch, das Geld müsste bei einer Umsetzung in Eigenregie in einem viel engeren Zeitraum aufgebracht werden, als bei einer Finanzierung über dieses PPP-Projekt. Darin liegt das Geheimnis dieses PPP-Projektes und auch die ganze Versuchung. Das ist nämlich im Grunde genommen das Motto unserer Zeit: Genieße jetzt, bezahle später. Man will etwas haben, in diesem Fall mit einer Schule eine ganz notwendige Einrichtung, aber will diese Schule jetzt nicht finanzieren und dafür 27 oder 28 Millionen Euro aufbringen müssen. Wie sollte das in einem Haushalt untergebracht werden, mit dem weiterhin niemandem weh getan werden soll, mit dem keine anderen Schwerpunkte gesetzt werden sollen, sondern so weitergemacht wird wie bisher. Wenn man eine solche Haltung hat, ist es doch sehr verlockend, ein PPP-Verfahren zu wählen. Denn das bedeutet, das Ganze wird weit in die Zukunft gestreckt.
(Beifall)
Das ist doch negative Nachhaltigkeit. Die GRÜNEN gebrauchen doch gerne diesen Ausdruck der Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ist auch einer der vielen Phrasen, die täglich gebraucht werden und damit schon nichts mehr bedeuten. Aber wenn wir einmal bei dieser Phrase bleiben, dann müssen wir sagen, PPP ist negative Nachhaltigkeit - zumindest in den meisten Fällen, natürlich nicht in jedem Fall. Der Vertreter der SPD hat es vorhin richtig gesagt. Sie sind nicht grundsätzlich gegen PPP und gegen alternative Finanzierungsmodelle. Das trifft auf uns genauso zu. Wir müssen aber von Fall zu Fall prüfen, ob das angemessen ist, ob wir das auch anders finanzieren könnten, und ob diese andere Finanzierung nicht sinnvoller wäre. Man kann eigentlich auch nicht widersprechen, wenn die LINKE. sagt, im Augenblick sind die Zinsen so günstig, im Augenblick ist die Finanzierung, die wir machen könnten, so günstig, dass es keinen vernünftigen Grund gibt, ein PPP-Verfahren zu wählen. Ich entdecke auch keinen vernünftigen Grund. Diese Tatsachen verkennen Sie bei der Entscheidung, die Sie jetzt fällen, wenn man unterstellt, dass keine anderen Motive vorliegen.
Ich war sehr früh damit beschäftigt, diese ganzen PPP-Modelle einmal näher anzuschauen. Dabei bin ich darauf gestoßen, dass hinter PPP eine ganze Seilschaft von bestimmten Finanzkreisen hängt, die alle ein Interesse an der Durchführung dieser Modelle haben. Daran ist nichts falsch, jeder will etwas verdienen. So ist unsere Wirtschaft nun einmal eingestellt. Aber wir sind nicht verpflichtet, jedem zu dienen, der verdienen will. Das ist der Punkt. Deswegen müssen wir als Stadt rechnen, was gut für die Stadt ist. Es hilft nichts, nur mit dieser oder jener Ideologie zu argumentieren. Wir müssen das Projekt durchrechnen, und würden dann im vorliegenden Fall auf eine wenig sinnvolle Kostenaufstellung kommen.
Das ist der Punkt und den können Sie nicht widerlegen. Sie können eben nur sagen, dass Sie das so machen, weil Sie die Mehrheit haben, sind aber in großer Verlegenheit, es begründen zu müssen. Deswegen ist das geradezu eine offene Flanke für ideologische Angriffe vonseiten der LINKE, die in diesem Falle leichtes Spiel hat. Sie kann es Ihnen sozusagen konkret nachweisen, dass dieses Verfahren für die Stadt Frankfurt ein ungünstiges Geschäft darstellt. Kurzfristig gesehen ist es natürlich eine Erleichterung. Denn Sie, das habe ich eben ausgeführt, müssen jetzt noch nicht so viel Geld bezahlen, wie Sie bezahlen müssten, wenn Sie es selbst in die Hand nehmen würden. Das meine ich mit negativer Nachhaltigkeit. Sie schieben es halt weiter auf die, die nachkommen, sollen die es doch bezahlen. Sie sagen das in der Hoffnung, dass dann genauso viel Geld zur Verfügung steht wie im Moment. Hoffentlich ist es so. Aber wer sagt das? Sie werden Ihrer Verantwortung in diesem Fall nicht gerecht. Deswegen sind Sie in der schwierigen Lage, dieses Verfahren plausibel zu erklären. Man merkt allerdings, wie schlecht Sie das können.
Danke schön!
(Beifall)