Wohncampus statt Kulturcampus?
Ernüchterung bei einem Prestigeprojekt macht sich breit

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
PRESSEMITTEILUNG 70/2012
Frankfurt/Main, 6. November 2012
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Das mit viel politischem Theaterdonner präsentierte Großprojekt „Kulturcampus“ auf dem umzugestaltenden Universitätsgelände in Bockenheim sollte das spektakuläre Vermächtnis der Ära Petra Roth werden. Doch fast alles deutet auf große, allerdings auch heilsame Ernüchterung bei den hochfliegenden Plänen hin.
Zwar weist der im Ausschuss Planen und Bauen den Stadtverordneten am Montag vorgestellte Strukturplan für das Projekt immer noch erhebliche Flächen für kulturell-wissenschaftliche Nutzung auf. Doch mit Ausnahme der Vergrößerung des Senckenberg-Museums ist die Ungewissheit größer denn je, ob, wie und zu welchen Kosten kulturelle Einrichtung des Landes Hessen und der Stadt Frankfurt künftig auf dem Gelände eine neue Heimat finden können.
Das ist aber längst nicht die einzige Unbekannte bei einem Projekt, das die Chance bietet, in bester Lage sowohl preiswerten wie höherpreisigen neuen Wohnraum zu schaffen. Diese Chance wird und darf sich die ABG, die das Universitätsgelände südlich der Bockenheimer Landstraße erworben hat, nicht nehmen lassen. In der Konsequenz bedeutet das aber eine Verlagerung kultureller Einrichtungen auf das dem Land Hessen gehörende Areal nördlich der Bockenheimer Landstraße. Dort soll nach den Wünschen der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst diese eine neue Heimstatt finden. Ob es dazu kommt hängt von derzeit unabsehbaren Entscheidungen in Wiesbaden und der Finanzlage des Landes ab.
Aus Frankfurter Sicht kann es kein Interesse an einer völligen Verlagerung der Hochschule von ihrem bisherigen innenstadtnahen Standort an der Eschersheimer Landstraße geben. Denn dann würde eine weitere Verödung an dieser wichtigen Verkehrsader ebenso drohen wie der Leerstand eines eigens für die Zwecke der Hochschule errichteten, dazu noch modernen Gebäudes. Das letzte Wort bei dem Projekt „Kulturcampus“ dürfte auch noch nicht über geplante Bürobauten sowie einen Wohnturm gesprochen sein. Und ob das Philosophicum wirklich Denkmalschutz als hässliches Denkmal linker Nostalgie genießen soll, ist auch noch nicht entschieden.
Die FREIEN WÄHLER im Römer sowie im Ortsbeirat 2 werden über das Projekt in Bockenheim neu beraten müssen. Denn es kann gut sein, dass aus dem hochambitionierten „Kulturcampus“ ein dem drängenden Wohnungsbedarf geschuldeter „Wohncampus“ mit kulturellen, gewerblichen und grünflächigen Anteilen wird. Das wäre nicht die schlechteste Lösung für eine städtebauliche Herausforderung, bei der die Fanfaren etwas zu früh und etwas zu laut geschmettert wurden.