Die politisch korrekte Unfähigkeit zu trauern

Ein Brief, der ohne Antwort blieb

Die politisch korrekte Unfähigkeit zu trauern
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Mein in diesem Forum veröffentlichter Kommentar zum diesjährigen Volkstrauertag hat viel positive Resonanz gefunden. Ich fühle mich deshalb ermutigt, an dieser Stelle meinen Offenen Brief vom November 2009 an den Frankfurter Kulturdezernenten Dr. Semmelroth (CDU, zuvor SPD) zu dokumentieren. Dieser Offene Brief, über den keine Frankfurter Zeitung auch nur eine Zeile veröffentlichte, war die Reaktion auf die Rede Dr. Semmelroths bei der Feierstunde zum Volkstrauertag 2009. Der Kulturdezernent, dem ich in meiner Tätigkeit als Stadtverordneter und Mitglied des Kulturauschusses oft begegne, hat übrigens niemals schriftlich oder auch nur mündlich auf diesen Offenen Brief reagiert.

Wolfgang Hübner

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Semmelroth,

es ist mir nicht Pflicht, sondern stets tiefempfundenes Anliegen, an der alljährlichen Gedenkfeier des Volksbunds Deutscher Kriegsgräberfürsorge am Volkstrauertag in der Paulskirche teilzunehmen. Leider war mir das in diesem Jahr aus privaten Gründen nicht möglich. Doch wäre dies gewiss keiner weiteren oder gar öffentlichen Erwähnung wert, hätte ich nicht in Frankfurter Zeitungen einige Berichte über die Veranstaltung und speziell über Ihre Rede dort gelesen.

Ich habe daraufhin den Volksbund gebeten, mir den vollständigen Text Ihrer Rede zukommen zu lassen, was auch geschehen ist. Dafür bin ich dem Volksbund dankbar. Nicht dankbar bin ich allerdings für den Inhalt Ihrer Rede, die dem Anlass, nämlich dem Volkstrauertag, in keiner Weise gerecht wird. Was Sie da in der Paulskirche vorgetragen haben, ist vielmehr ein erschreckendes Dokument der Gefühllosigkeit gegenüber den Millionen Opfern des eigenen Volkes in den beiden Weltkriegen. Es ist auch ein betrübliches geistiges Produkt dessen, was als ‚politische Korrektheit‘ bezeichnet wird. Ich will Ihnen dieses Urteil selbstverständlich begründen.

Sie beginnen Ihre Rede mit dem Verweis auf die Erinnerungen eines bekannten Soziologen an ein Kindheitserlebnis am Tag der Zerstörung Dresdens im Februar 1945. Warum Sie so beginnen und was Sie damit sagen wollen, erschließt sich mir auch nach mehrmaligem Lesen der gesamten Rede nicht. Ich weiß nur, dass Sie diesen ersten langen Absatz über die Zerstörung Dresdens mit einem Zitat Winston Churchills beenden. Wer im letzten Jahr das beklemmende Buch „Menschenrauch“ des angesehenen amerikanischen Schriftstellers und Pazifisten Nicholson Baker gelesen hat, kann es nur als Verhöhnung der Opfer von Dresden empfinden, den politisch Mitverantwortlichen der kalkulierten Tötung zehntausender Zivilisten wenig Wochen vorm Ende eines militärisch bereits entschiedenen Krieges mit seiner kaltherzigen Bilanz einer ‚gelungenen‘ Aktion zu Wort kommen zu lassen.

Ich will aber zum Kern meiner Kritik an Ihrer Rede kommen. Sie sagen dort: „Doch wir können uns dieser nicht vergehenden Vergangenheit, von manchen Geschichtsklitterern als Phrase denunziert, nicht entziehen.“ Mit Vergangenheit meinen sie die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland, die 1933 begann, 1939 in den Krieg führte und 1945 in Trümmern und Leichenbergen endete.

Gewiss, geehrter Professor Semmelroth, dieser Vergangenheit kann sich Deutschland, dürfen sich die Deutschen nicht entziehen – wie auch? Selbst wenn wir es wollten, würden wir aus dem Ausland immer wieder daran erinnert, auch in 200 Jahren noch.

Gleichwohl vergeht auch diese Vergangenheit spätestens dann, wenn bald die allerletzten derer gestorben sind, die damals erwachsen waren, also Schuld auf sich laden konnten.

Für alle anderen, seien sie damals Kinder oder Jugendliche gewesen, erst recht aber für die Nachgeborenen gilt und muss gelten: Sie tragen weder ererbte Schuld noch kollektive „Verantwortung“ für die Taten ihrer Vorfahren, von denen viele Millionen weder Nazis noch gar Kriegsverbrecher waren. Für diese Deutschen, und ich zähle mich als 1946 Geborener ebenso wie Sie vom Jahrgang 1949 dazu - für uns nun lebende Deutsche geht die Geschichte weiter, ist sie längst weiter gegangen.

Ich bin meinem lieben toten Vater unendlich dankbar, mich frühzeitig über den mörderischen volks- und völkerfeindlichen Charakter der Nazizeit aufgeklärt zu haben. Ich habe mich gerade deshalb mit der Geschichte meines Volkes sehr intensiv beschäftigt, mit Glanz und Elend dieser Geschichte, die 1933 nicht begann und 1945 nicht endete. Ich bin deshalb auch zu einem Zeitpunkt nach Auschwitz gefahren, als das noch keinesfalls zum Besuchsprogramm deutscher Schüler oder Politiker gehörte.

Ich habe nach der Besichtigung in Auschwitz geweint. Dieser Tränen habe ich mich nie geschämt, wieso auch? Und ich empfinde jedes Mal wieder eine traurige innere Bewegung, wenn ich in meiner Heimatstadt an der Mauer vorbeigehe mit den Namenstäfelchen der ermordeten jüdischen Frankfurter. Aber ich habe keine minderen Emotionen, wenn ich an meinen Onkel denke, der mit 21 Jahren in einem Kriegsschiff den Tod im Eismeer fand oder an meinen Großvater, der im Ersten Weltkrieg bei Verdun im Schützengraben verblutete, ohne seine kleine Tochter, die meine Mutter wurde, je gesehen zu haben. Der Besuch des Gräbermeers von Verdun 1956 gehört zu meinen unvergesslichen Kindheitserinnerungen.

Und ich empfinde eine nicht weniger tiefe Bewegung, wenn ich an die Millionen gefallener und verwundeter oder in Gefangenschaft gestorbener deutscher Soldaten denke, an die von Bomben getöteten Kinder und Greise, an die schrecklich große Zahl vergewaltigter, traumatisierter Frauen, an das Elend der Flüchtlinge, die ihre Heimat und Eigentum verloren. Ich habe diese Gefühle, weil ich Deutscher bin und Teil dieses Volkes mit einer Geschichte, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wahrlich eine oft grauenvolle Geschichte war.

Nur aus einer längst überholten eurozentrischen Sicht war das, was zwischen 1938 und 1945 offen oder öfter noch geheim im deutschen Namen, doch ohne jegliche demokratische ‚Legitimation‘, geschah, ein unvergleichlicher „Zivilisationsbruch“, wie Jürgen Habermas das sieht. Habermas ist geschichtspolitisch nicht der beste Ratgeber und erst recht keine unanfechtbare Autorität, auch wenn er selbst das zu glauben meint.

In Ihrer Rede ist ein Satz, der in besonderer Weise auf Sie selbst zurück deutet: „Trauer aber setzt Einfühlung voraus, Empathie für die anderen, die Opfer.“ Wie könnte ich diesem Satz nicht zustimmen?

Doch wo ist Ihre Empathie mit den Opfern, derer wir an dem Volkstrauertag gedenken? Es ist ja nicht der Welttrauertag, es ist auch nicht der Trauertag der ‚politisch Korrekten‘ – es ist der Trauertag des ganzen deutschen Volkes.

Es ist der Tag, an dem meine Großmutter in den fünfziger Jahren vorm Radio immer um den im Eismeer verlorenen Sohn geweint hat - meinen Onkel, den ich nie kennenlernen konnte und der so anrührende Briefe an die Eltern im fernen hessischen Dorf schrieb. Es waren diese Briefe, die mich als jungen Mann zur Wehrdienstverweigerung bewegten.

Sie, geehrter Professor Semmelroth, zeigen in ihrer Rede nicht den Hauch einer Empathie, eines Mitgefühls und Mitleidens mit den Opfern ihres, unseres Volkes. Das haben Sie schon in ihrer völlig verfehlten Rede bei der Veranstaltung im März zum 65. Jahrestag der Zerstörung Frankfurts bewiesen, als die alten Frankfurter in unerwartet großer Zahl gekommen waren. Doch die waren nicht gekommen, um von einem Nachgeborenen wie Ihnen eine selbstgerechte Geschichtslektion zu bekommen.

Ich habe Sie bereits in einer Sitzung der Stadtverordnetenversammlung darauf aufmerksam gemacht, wie unangemessen ich Ihr Verhalten damals fand. Weil es Ihnen offenbar so vollständig an Empathie mit dem Eigenen und den Eigenen mangelt, halte ich es für fraglich, dass Sie auch Empathie mit all den Opfern anderer Völker, Rassen und Religionen zu empfinden vermögen.

Dient Ihnen die Möglichkeit, am Volkstrauertag eine öffentliche Rede halten zu können, einzig dazu, sich mit erlesenen Zitaten bedeutender und auch weniger bedeutender Gestalten zu schmücken? Wollten Sie sich bloß intellektuell eitel auf die Zehenspitzen zu stellen und dem Publikum bedeuten: „Seht her, ich bin nicht nur ein politisch korrekter deutscher Professor und Politiker, ich drücke mich auch so aus“? Wirkliche Empathie, also Trauer, die aus dem Herzen kommt, klänge allerdings ganz anders.

Frankreichs legendäre Gestalt des 20. Jahrhunderts, der General und Präsident Charles de Gaulle, hat einmal gesagt, man erkenne den Charakter eines Volkes nicht zuletzt daran, wie es mit den Toten seiner verlorenen Kriege umgehe.

Wir Deutschen haben es nicht leicht, mit den eigenen Opfern jenes Krieges umzugehen, den eine verbrecherische diktatorische Führung anzettelte. Wir haben gleichwohl die moralische und sittliche Pflicht, Millionen Frauen und Männer zu ehren, die für ihr Vaterland gestorben sind. Sie alle haben, und nur in den seltensten Fällen aus verblendetem Fanatismus, das größte aller Opfer bringen müssen, ihr Leben. Was hat Sie, geehrter Professor Semmelroth, bei ihrer Rede gehindert, diesen millionenfachen Opfern, wennschon nicht Mitgefühl oder gar Zuneigung, so doch zumindest Respekt und Ehre zu erweisen?

An einer Stelle Ihrer Rede lassen Sie sich länger über die „Unvergleichbarkeit des national-sozialistischen Vernichtungswillens“ aus. Ob der „Vernichtungswille“ von Individuen, Gruppen oder Regimen vergleichbar oder unvergleichbar ist, wissen weder Sie noch ich. Vergleichbar oder unvergleichbar kann nämlich nur das Resultat eines solchen Willens sein. Aber sprachlich-gedankliche Präzision ist in Ihrer Rede ohnehin selten zu finden.

Bleiben wir deshalb beim Inhaltlichen: Sie bemühen dazu prophetische Worte des bereits 1856 verstorbenen Dichters Heinrich Heine, die sehr willkürlich aus dem historischen Zusammenhang gerissen werden. Dann werden Zitate und Überlegungen der großen Denkerin Hannah Arendt und auch des an seiner Naziprofiteur-Familie leidenden Jan Philipp Reemtsma ins Spiel gebracht.

Das alles nur, damit Sie schließlich fragen können: „Und ist es nicht grotesk, meine Damen und Herren, zu glauben, man könne sich durch Vergleiche moralisch entlasten, Was soll also das Vergleichen? Wozu dient es? Wohl nicht der Aufarbeitung, dem Standhalten gegenüber unvergleichlichen Menschheitsverbrechen, sondern der Entlastung, der Flucht vor dieser Geschichte…“

Bevor ich darauf zu sprechen komme, wie Sie sich argumentativ gleich im Anschluss an dieses Zitat in Ihrer Rede völlig vergaloppieren, frage ich Sie: Wie kann ein „unvergleichbares Menschheitsverbrechen“ anders aufgearbeitet werden als mit Vergleichen? Ich könnte noch weitergehender fragen, wie überhaupt millionenfacher Mord „aufgearbeitet“ werden kann und wer das vermöchte? Und wenn Sie schon vom „Standhalten“ reden: Nichts ist billiger, als in so großem historischen Abstand vom „Standhalten“ zu fabulieren. Bekanntlich wird der tapfere ‚Widerstand‘ gegen das Hitler-Regime ja auch von Jahr zu Jahr größer in Deutschland…

Damals jedoch, als es gegolten hätte, Stand zu halten gegen das mörderische Regime, waren es nur wenige, die ihren Kopf riskiert und nicht selten dabei übrigens auch verloren haben. Ob die heutigen Worthelden des verspäteten ‚Widerstands‘ zu diesen gehört hätten, wage ich sehr zu bezweifeln.

Aber zurück zu Ihrer Rede: Um einen fürwahr bedeutenden Geist für ihren Kampf gegen die „Flucht vor dieser Geschichte“ ins Feld zu führen, zitieren Sie nun den Frankfurter Philosophen Theodor W. Adorno aus dessen Aufsatz „Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit“ wie folgt: „Man will von der Vergangenheit loskommen: mit Recht, weil unter ihrem Schatten gar nicht sich leben lässt, und weil des Schreckens kein Ende ist, wenn immer nur wieder Schuld und Gewalt mit Schuld und Gewalt bezahlt werden soll; mit Unrecht, weil die Vergangenheit, der man entrinnen möchte, noch höchst lebendig ist.“

Adorno wusste, dass niemand - und schon gar nicht ein bald vollständiges Volk von Nachgeborenen -, ewig unter diesem Schatten des Nationalsozialismus leben und gedeihen kann.

Der 1969 gestorbene Philosoph wusste allerdings auch, wie unmöglich und unerträglich es in den fünfziger und sechziger Jahren war, wenn die damals noch in großer Zahl lebenden Täter und aktiven Mitläufer immer wieder auf „Vergessen“ drängten.

Nun aber, im Jahr 2009, sind diese Täter und aktiven Mitläufer, die nach allen mir bekannten Quellen niemals die Mehrheit unseres Volkes bildeten, tot oder uralt. Nun aber, im Jahr 2009, sind Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert, die niemand zwingen kann und darf, Verantwortung für eine Schuld zu tragen, die mit ihrer Herkunft nichts zu tun hat.

Und ich gehe weiter: Niemand, der nach 1925 geboren ist, darf für die NS-Verbrechen im deutschen Namen in kollektive Mitverantwortung oder gar kollektive Mithaftung genommen werden. Wer sich dennoch in einer moralischen Verpflichtung wegen dieser Verbrechen fühlt - wie zum Beispiel ich das aus meinem Verständnis von aufgeklärtem Patriotismus versuche -, macht das freiwillig und individuell. Kein Politiker, auch Sie nicht, kann anderes verlangen oder gar erzwingen. Denn wie es keine Kollektivschuld geben kann und darf, kann und darf es auch eine kollektive Erbschuld der Deutschen oder Deutschlands geben.

Ich komme nun zu einer Stelle in Ihrer Rede, die beim Lesen sofort helle Empörung in mir provoziert hat: „Der militärische Einsatz der Nato auf dem Balkan oder am Hindukusch ist insofern nicht zu trennen von der historischen Verantwortung für die Verbrechen im 20. Jahrhundert, unabhängig von der Verteidigung der Sicherheit Deutschlands in scheinbar fernen Regionen.“

Sind Sie sich eigentlich der geradezu perversen Logik dieser Argumentation bewusst? Weil es das Nazi-Regime in Deutschland mit all seinen Schrecken gegeben hat, gibt also sowas wie eine ‚moralische‘ Verpflichtung des demokratischen Deutschlands, sich an Kriegen auf dem Balkan oder in Afghanistan zu beteiligen! Mit dieser Logik lässt sich künftig sicher auch noch eine Beteiligung Deutschlands an einem ja durchaus möglichen Krieg Israels gegen den Iran oder an einem ebenso keineswegs ausgeschlossenen Krieg Russlands gegen die Ukraine, beides einstmals Opfer des Nazi-Angriffskriegs, begründen. Im letzteren Fall wäre allerdings noch zu klären, ob Russland oder die Ukraine von Deutschland zu unterstützen wären…

Wenn Sie nun einwenden, das sei doch absurd, gebe ich Ihnen völlig recht: Gewiss, selbst-verständlich ist das absurd. Aber es ist die Absurdität ihrer Argumentation, die meine anscheinend so absurden Schlussfolgerungen provoziert.

Ich finde es ungeheuerlich, dass Sie höchst umstrittene, von großen Teilen unseres Volkes abgelehnte, im Fall des Jugoslawien-Kriegs dazu noch mit nachweisbaren Lügen und Fehl-darstellungen begründete deutsche Kriegsbeteiligungen ausgerechnet am Volkstrauertag ideologisch zu legitimieren suchen. Es ist offenbar doch nur ein kleiner Schritt von der „Unfähigkeit zu trauern“ hin zur Kriegstreiberei mit dem allerbesten politisch korrekten Gewissen – der frühere grüne Außenminister Joseph Fischer hat es ja vor einigen Jahren mit dem unsäglichen Verweis auf „Auschwitz“ exemplarisch vorgemacht.

Für mich, geehrter Professor Semmelroth, haben Sie mit dieser Rede nicht nur gezeigt, dass sie deren Anlass nicht gerecht geworden sind. Sie haben auch das moralische Recht verwirkt, ein Fürsprecher der beiden größten Friedensmächte auf dieser Welt zu sein: Kunst und Kultur. Mein Vertrauen in Ihre moralische Integrität ist beim Lesen und Analysieren Ihrer Rede verlustig gegangen.

Ihre Unwilligkeit und Unfähigkeit, um die Eigenen, nämlich die deutschen Toten beider Weltkriege, zu trauern, gibt mir zudem die Gewissheit, dass Menschen wie Sie jenes andere Eigene, nämlich all das Wahre, Schöne und Gute, was Deutschland der Welt unbestreitbar auch gegeben hat, weder beschützen noch bewahren können und auch gar nicht wollen.

Der kluge sozialdemokratische Denker Richard Schröder hat einmal gesagt: „Deutschsein ist nichts Besonderes, aber etwas Bestimmtes.“ Auch die Toten, derer wir am Volkstrauertag gedenken, waren keine Besonderen, aber Bestimmte. Ihr trauriges Schicksal verpflichtet uns Nachgeborene, ihnen Mitgefühl, Ehre und Respekt zu erweisen. Wer hingegen selbstgerecht und mitleidlos auf ihren Gräbern eitle Reden führt, dem ist mein Unverständnis gewiss.

Ich werde nächstes Jahr wieder der Gedenkstunde am Volkstrauertag beiwohnen- auch weil ich hoffe, eine solche Rede dort nie mehr zu hören. Und wenn das doch der Fall sein sollte, werde ich aufstehen, still gehen und an anderem Ort der Opfer gedenken: aller Opfer, aber an diesem Tag in besonderer Weise der deutschen Opfer der beiden Weltkriege.

Geehrter Professor Semmelroth, Sie haben anlässlich des Volkstrauertags am 15. November 2009 eine öffentliche Rede gehalten. Ich nehme mit diesen Zeilen ebenso öffentlich dazu Stellung. Es ist also ein Offener Brief, den ich Ihnen hiermit zur Kenntnis gebe. Zu einem persönlichen Gespräch oder einer Diskussion über Ihre Rede und meiner Kritik daran bin ich selbstverständlich gerne bereit.

Mit freundlichen Grüßen von Wolfgang Hübner

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