Fragwürdige Praktiken bei der EZB-Erinnerungsstätte?
Jurypräsident machte oft Geschäfte mit den Architekten
FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
PRESSEMITTEILUNG 78/2012
Frankfurt/Main, 28. November 2012
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In der Sitzung des Kulturausschusses am Donnerstag steht mit der Magistratsvorlage M 251 die Bau- und Finanzierungsvorlage der Erinnerungsstätte auf dem Gelände der Europäischen Zentralbank (früher Großmarkthalle) auf der Tagesordnung. Das mit rund 8 Millionen Euro geplante Projekt soll an die Deportation der Frankfurter Juden in die Konzentrationslager in den Jahren des Zweiten Weltkriegs erinnern.
Die FW-Fraktion hatte ihre Zustimmung zu der Vorlage des Magistrats bereits signalisiert. Inzwischen hat die Fraktion aber Informationen erhalten, die fragwürdige Praktiken bei dem Projekt Erinnerungsstätte befürchten lassen: Demnach unterhielt der Juryvorsitzende, Nikolaus Hirsch, über etliche Jahre intensive Geschäftsverbindungen mit den für die Planung der Erinnerungsstätte beauftragten Architekten Tobias Katz und Marcus Kaiser. In der Referenzliste des Kölner Büros KatzKaiser sind insgesamt nicht weniger als 13 Zusammenarbeiten von Hirsch, der Direktor der Städelschule in Frankfurt ist, mit Tobias Katz bzw. dem Architektenduo Katz und Kaiser dokumentiert. Allein sechs Kooperationen fanden für Projekte in Frankfurt am Main statt.
Die Gestaltung der Erinnerungsstätte wurde europaweit ausgeschrieben. Von 139 eingereichten Arbeiten kamen 19 in die engere Wahl. Schließlich verblieben drei Entwürfe zur Überarbeitung. Das Rechtsamt der Stadt Frankfurt sollte deshalb prüfen, ob sich aus der geschäftlichen Beziehung zwischen Nikolaus Hirsch und den Inhabern der Firma KatzKaiser rechtliche Beanstandungen ableiten lassen könnten: Leitende Prinzipien des Europäischen Wettbewerbsrechtes - GWB - sollen nach § 97 Abs. 1 Wettbewerb und Transparenz sein. Es gilt grundsätzlich ein striktes Gleichbehandlungsgebot für alle am Vergabeverfahren Interessierten.
In Anbetracht des besonderen Charakters der Erinnerungsstätte, ihrer Bedeutung für Frankfurt und auch der hohen Kosten kann eine Zustimmung der Stadtverordneten nur erfolgen, wenn alle Zweifel hinsichtlich der rechtlichen und sittlichen Verträglichkeit der Beziehung zwischen dem Jurypräsidenten und den beiden Architekten im konkreten Fall ausgeräumt werden können.