Wer ist Laszlo Andor?

Theorie und Praxis bei der Jugendarbeitslosigkeit

Wer ist Laszlo Andor?
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Bis vor wenigen Tagen kannte man diesen Namen kaum jemand. Jetzt aber hat Laszlo Andor eine „glänzende“ Idee entwickelt, um die Arbeitslosigkeit junger Menschen bis 25 Jahre verschwinden zu lassen, nämlich durch Verbot! Bei Andor handelt es sich um einen hochbezahlten ungarischen EU-Funktionär, der seit 2010 EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration ist. Die EU-Mitgliedstaaten sollen seiner Ansicht nach aufgefordert werden, so der Entwurf, jungen Menschen innerhalb weniger Monate eine Arbeit zu verschaffen.

In der Tat beträgt die Arbeitslosigkeit bei Menschen bis Mitte 20 vor allem in den südlichen Mitgliedstaaten der EU teilweise bis zu 50% eines Altersjahrganges. Für die Bundesrepublik Deutschland trifft dies nicht zu. Unser duales Ausbildungssystem, Schule und betriebliche Ausbildung, hat dazu geführt, dass die Jugendarbeitslosigkeit hier ein erträgliches Maß aufweist. Leider haben unsere Nachbarländer dieses vorbildliche System nicht übernommen. Natürlich ist die Situation ohne Beschäftigung, die junge Menschen auch bei uns trifft, nicht hinnehmbar. Eine Vielzahl von hauptamtlich geführten Einrichtungen, überwiegend schulischen Charakters, unterstützen junge Leute beim Berufseinstieg in Bund, Land und Frankfurt.

Es gibt in Deutschland aber auch ein Netzwerk, das junge Leute, gleich welchen Alters, bei der Suche nach und in der Ausbildung an die Hand nimmt. Menschen mit Lebenserfahrung, die sich aus dem aktiven Berufsleben zurückgezogen haben, helfen mit der Initiative VerA (Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen) im Rahmen des bundesweit organisierten Senior Experten Service mit Sitz in Bonn ausbildungsbegleitend und ehrenamtlich (www.ses-bonn.de/was-tun-wir/vera/startseite.htm).

Einige Beispiele aus der Praxis eines Regionalkoordinators zeigen, dass die Hilfe erfolgreich sein kann - oder auch nicht. Ein junger Deutscher mit marokkanischen Wurzeln brauchte fachliche Unterstützung bei der Vorbereitung auf die Lokführer-Prüfung. Der Regionalkoordinator erinnerte sich an die Lokführer-Gewerkschaft, deren Senioren sich monatlich in Frankfurt-Nied zum Plausch treffen. Dort fand sich der Schlüssel zum geeigneten Ausbildungsbegleiter, der kurz zuvor aus dem aktiven Dienst ausgeschieden war und sich fit fühlte, einem jungen Menschen zu helfen. Die Prüfung war erfolgreich und der junge Mann fand innerhalb kurzer Zeit seinen Arbeitsplatz im Führerstand einer Lok.

Sandra, eine schüchterne Italienerin mit sprachlichen Defiziten, brauchte länger bis sie an die später erfolgreiche Prüfung zur Hotelfachangestellten herangeführt werden konnte. Leider erfolglos war der Versuch, einen jungen Mann an die Straßenbauerausbildung über ein Praktikum bei der Eberhard-Borst-Lehrbaustelle in Frankfurt-Niederrad heranzuführen. Er verlor nach wenigen Tagen die Lust, weil er keine angemessene Arbeitskleidung fand.

Zurück zu Laszlo Andor: Mit jeder Erweiterung der Europäischen Union um ein Land kommt ein neuer Kommissar hinzu, der sich ein neues Aufgabengebiet sucht.Dadurch entstehen solch abwegige Ideen wie die von Laszlo Andor. Deshalb ist bei einer weiter geplanten Vertiefung der EU allergrößte Vorsicht geboten. Die vorsichtigen Briten, die der Brüsseler Eurokratie ohnehin skeptisch gegenüberstehen, müssen stärker beachtet werden. Die nächste EU-Erweiterung, z.B. durch Kroatien, sollte ohne zusätzlichen Kommissar auskommen, um solche Fehltritte, wie den des Herrn Andor, zu vermeiden.

 

Frankfurt am Main, im Dezember 2012

Roland Beck (Stadtrat und ehrenamtliches Mitglied des Magistrats)

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