Palmengarten-Gesellschaftshaus als Goldgrube
FREIE WÄHLER sehen sich in früher Kritik bestätigt

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
PRESSEMITTEILUNG 83/2012
Frankfurt/Main, 12. Dezember 2012
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In einem aktuellen Antrag an die Stadtverordneten fordert die FW-Fraktion im Römer einen umfassenden Bericht über die bislang erfolgten sowie für bereits abgeschlossene Vermietungen des im neuen Glanz erstrahlenden Palmengarten-Gesellschaftshauses. Damit soll eine Grundlage für die Beurteilung der von der Betreibergesellschaft um den „Tigerpalast“-Chef Johnny Klinke praktizierten Vermietungskonditionen ermöglicht werden.
Für die FW-Fraktion ist die kritische Diskussion um die hohen Mietkosten und die nicht weniger deftigen Bewirtungspreise alles andere als überraschend: All das war im Jahr 2005 Stoff für konfliktreiche Debatten in der Stadtverordnetenversammlung. In der letzten Sitzung des damaligen Jahres wurde mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP die Magistratsvorlage M 227 angenommen, die es der Betreibergesellschaft um Klinke nun ermöglicht, größtmöglichen Gewinn aus der mit 40 Millionen Euro Steuermitteln finanzierten Restaurierung des Gesellschaftshauses zu erzielen.
Die jetzt von grünen und sozialdemokratischen Politikern geäußerte Kritik an den hohen Mietpreisen und Bewirtungskosten ist zwar richtig, blendet aber aus, wer dafür politisch verantwortlich war und ist. Nach unveränderter Auffassung der FW-Fraktion muss das Gesellschaftshaus im Palmengarten auch nach der aufwendigen Restaurierung allen gesellschaftlichen Gruppen, Vereinen und Institutionen bezahlbar zur Verfügung stehen, die auch schon in der Vergangenheit die repräsentative Räumlichkeit benutzt haben. Deshalb ist es unerlässlich, die tatsächliche Vermietungspraxis zu kennen.
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Um die Diskussion auf der Sitzung der Stadtverordneten am 15. Dezember 2005, an der sich kein Vertreter von CDU, SPD oder Grüne beteiligen wollte, wird hier die damalige Rede des FW-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Hübner (damals noch BFF) leicht gekürzt dokumentiert. Besonders wichtige Passagen sind fettgedruckt.
„Herr Vorsteher, meine Damen und Herren!
Es ist jetzt kurz nach 23.30 Uhr, also nicht mehr lange bis Mitternacht, und wir kommen doch zu einem sehr wichtigen Tagesordnungspunkt, jedenfalls aus meiner Sicht, nämlich der Diskussion und gegebenenfalls auch Verabschiedung der Magistratsvorlage M 227. Dass diese Magistratsvorlage zu so später Stunde zur Diskussion kommt, hängt damit zusammen, dass ich diese anmelden musste und keine von den größeren Faktionen bereit war, diese doch sehr folgenreiche Entscheidung ebenfalls zur Diskussion zu stellen.
Sie entscheiden in wenigen Minuten endgültig darüber, ob 30 Millionen Euro in die Sanierung des Palmengartengesellschaftshauses investiert werden. Zu diesen dreißig Millionen Euro kommen noch hohe Folgekosten, das ist der Magistratsvorlage zu entnehmen, die jedes Jahr in Millionenhöhe fällig werden. Es ist also eine sehr weit reichende und folgenreiche Entscheidung, die heute Abend gefällt wird. Was Sie da entscheiden, beruht darauf, dass etwas Entscheidendes nicht passiert ist, nämlich, dass wir hier vom Magistrat und auch von der Stadtverordnetenversammlung alles dafür getan haben, dass die günstigste Entscheidung gefällt wird, denn die wird heute Abend mit ganz großer Sicherheit nicht gefällt. Diese günstigste Entscheidung könnte ja auch nur dann gefällt werden, wenn ein ordentliches Ausschreibungsverfahren stattgefunden hätte, aber das hat in keiner Weise stattgefunden. Ich habe das jetzt mehrfach geschildert, und ehrlich gesagt bin ich ein bisschen müde, es immer wieder neu zu schildern.
Es ist allgemein bekannt, was hier läuft. Es gab große Aufregung, zum Beispiel im Umweltausschuss. Der immer so abgeklärt wirkende Herr Paulsen von den Grünen hat empört reagiert, jedenfalls hat er aufgeregt reagiert und gesagt, man müsse nun das Bürgerbündnis für Frankfurt in Spießer für Frankfurt umbenennen. Er fand das wahrscheinlich ziemlich witzig. Es ist so, wer diese Kreise stört, wer Fragen stellt und wer sozusagen eintritt für das Geld der Bürgerschaft, der ist ein Spießer. Ich ziehe mir diesen Schuh mit dem Spießer gerne an, wenn ich denn eben ein Spießer bin oder Spießer vertrete. Spießer sind unter Umständen, jedenfalls in Ihrer Sichtweise, ohnehin die Mehrheit der Bevölkerung. Ich habe nichts dagegen, wenn die Spießer uns als ihre Interessenvertretung ansehen würden denn auch die Spießer müssen ja schließlich vertreten werden. Aber darum geht es ja gar nicht.
Es geht darum, dass Sie es nicht ertragen können, dass wirklich eine Diskussion um diesen Punkt stattfindet. Vorhin ist mir wieder im Haupt- und Finanzausschuss der Chor von Ihrer Seite entgegengeschäumt, ich würde einer Verschwörung nachjagen. Wenn es so einfach wäre, dass sich da fünf Leute in die Kammer gesetzt und gesagt hätten, jetzt machen wir das. Das ist ja ganz anders. Es ist ja längst klar, und durch diesen netten Artikel des Tigerpalast-Sympathisanten in der FAZ heute ist das ja auch ganz deutlich geworden. Er hat sich ein bisschen verplappert, weil er nämlich einen Artikel schreiben wollte, der das Ganze begründet, und dass das Ganze ja prima und alles paletti ist. Er hat dann interessanterweise geschrieben, dass ja schon seit fünf Jahren der potenzielle Betreiber in die ganze Planung einbezogen ist. Das muss man sich vorstellen. Es gab zu dieser Zeit noch einen anderen Betreiber, der sozusagen noch gar nicht weg war. Da wurden bereits alle Weichen gestellt, dass es nur in diese Richtung gehen konnte. Wir haben heute mit Interesse gelesen, dass selbst die Planung oder die Ausschreibung des Architektenverfahrens im Einklang mit diesem Betreiberbegehren, der Gruppe um Mangold und Klinke, stand. So muss man sich also vorstellen, wie das hier war.
Natürlich gibt es eine Seilschaft in Politik und Medien, die dieses Projekt, so wie es jetzt ist, ermöglicht hat und ermöglichen will. Es gibt eine Seilschaft. Diese Seilschaft kann ich Ihnen ganz einfach benennen. Die findet sich zweimal im Jahr zusammen, wenn die Tigerpalastpremieren stattfinden….
Wenn man sich die ganzen Dinge näher betrachtet, dann fällt doch auf, dass ein sehr hoher Anteil dieser Investition für eine Technik verwendet wird, die bisher niemals so gebraucht wurde. Was war denn das für ein Raum, das Palmengartengesellschaftshaus? Das Palmengartengesellschaftshaus war ein Treffpunkt für Menschen aus fast allen Schichten. Ich sage ausdrücklich, aus fast allen Schichten der Bevölkerung. So haben wir Frankfurter es über Jahrzehnte kennen gelernt, so haben wir es in Erinnerung, und wir haben es in lieber Erinnerung, weil das ein besonders schöner Ort ist. Nun sage ich überhaupt nichts dagegen, dass dieser Ort jetzt noch schöner werden soll. Es war ja an der Zeit, denn drei Jahre lang haben Sie das Ding leer stehen lassen, drei Jahre lang gab es auch keine Einkünfte. Jetzt kommen wir langsam zu dem Zeitpunkt, dass wir sagen, jetzt muss es gemacht werden. Endlich, sage ich, und endlich auch in der alten Pracht. Dagegen ist überhaupt nichts zu sagen.
Aber, wenn Sie die Sache näher betrachten, dann merken Sie, wo die Haken sind. Ein Haken ist zum Beispiel der, dass wir als Stadt Frankfurt mit Steuergeldern für 30 Millionen Euro und Folgekosten ebenfalls in Millionenhöhe etwas herrichten, damit eine andere Gruppe, nämlich diese Gruppe um Mangold und Klinke, eine Lizenz zum Gelddrucken erhält. Denn was ist es denn sonst, wenn Sie mit Fachleuten reden, wenn Sie sagen, dass die eine Pacht von 25.000 Euro im Monat bezahlen. Ich darf ja nichts über diesen Vertrag sagen, den wir heute vertraulich ausgeteilt bekommen haben, aber der erste Eindruck könnte doch der sein - da kann ich mich ja täuschen -, dass vielen Menschen, die bisher gewohnt waren, dort hineinzugehen, dieses in Zukunft nicht mehr möglich sein wird. Aber wie gesagt, ich darf ja nichts sagen. Insofern will ich auch hier nichts allzu fest machen. Aber dieser Eindruck könnte schon aufkommen, wenn man das Ganze liest. Wir müssen es also sehr genau untersuchen, und wenn das geschehen ist, müssen wir darüber noch einmal entscheiden.
Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Warum verabschieden wir heute Abend eine Magistratsvorlage und können nicht gleichzeitig diesen Betreibervertrag verabschieden? Am Dienstag, als ich etwas Krach in der Haupt- und Finanzausschusssitzung geschlagen habe, hieß es noch, wir machen dazu eine Magistratsvorlage, und dann kommt auch noch unter Umständen der Vertrag dazu. Heute hat schon eine gewisse Panik eingesetzt, und jetzt hat man uns schnell noch diesen Vertrag serviert. Wir können ihn ja nicht lesen, und wir können ihn auch nicht offiziell beraten, aber Tatsache ist, dass die ganze Sache voller Ungereimtheiten stattfindet. Jetzt gibt es natürlich noch mehr Ungereimtheiten. Ich verstehe völlig, dass die GRÜNEN-Fraktion, die das ja mit betrieben hat und natürlich lächelnd dabeisitzt, dass ihr alter Spezi das jetzt durchgesetzt hat, mit dem Verlauf der Dinge zufrieden ist. Bei der CDU kann ich das nicht nachvollziehen.
Die SPD hat sich jetzt auf den Standpunkt gestellt, wir stimmen der Sache zu unter der Maßgabe, dass wir die andere Geschichte, nämlich den Betreibervertrag, noch prüfen.. Jetzt frage ich die SPD: Sie haben doch diesen schönen Satz zu Ihrem .Projekt Heimat Frankfurt.: .Heimat ist da, wo man nicht abgezockt wird., Herr Oesterling. Sie sind doch dabei, heute Abend eine Magistratsvorlage zu verabschieden, bei der ich Ihnen guten Gewissens sagen kann, dass sie in mancherlei Beziehung nicht im Sinne der Bürgerschaft ist, sondern die im Grunde genommen das Vertrauen, das die Bürgerschaft in dieses Parlament setzt, missbraucht, indem sie die ganze Sache als Akt eines demokratisch kostümierten Neofeudalismus über die Bühne bringt. Das ist - ich komme zum Ende - eine Sache, die ich nicht akzeptieren werde. Ich stehe hier allein, aber ich werde morgen einen Antrag an den Stadtverordnetenvorsteher auf Einrichtung eines Akteneinsichtsausschusses zu dieser Angelegenheit stellen, und dem wird auch stattgegeben werden. Danke schön!“