Tollhaus Ortsbeirat 3 in der grünen Hochburg
Drei Monate Pause für Quartiersgarage Glauburg

Es ist schon Standard im Ortsbeirat 3 der grünen Hochburg Nordend, dass sich Berichte von Vertretern der Stadt Frankfurt, anschließende Diskussionen und die sich anschließende Allgemeine Bürgerfragestunde so lange hinziehen, dass für Beratung und Beschluss der auf der Tagesordnung (TO) stehenden Anträge kaum noch Zeit bleibt. Denn um 23.30 macht Ortsvorsteherin Karin Guder (GRÜNE) regelmäßig den Deckel drauf: die kaum noch anwesenden Bürger/innen und Pressevertreter müssen den Saal verlassen, denn der nichtöffentliche Teil der Sitzung beginnt. So schiebt der Ortsbeirat 3 nunmehr einen Riesenberg „Zurückgestellter Vorlagen“, also nicht erledigter Anträge, vor sich her: Zur letzten Sitzung am 6.Dezember 2012 waren alleine 40 „Zurückgestellte Vorlagen“ auf der TO! Dazu zehn neue Vorlagen, dazu vier Tischvorlagen zur Quartiersgarage Glauburg von GRÜNE, LINKE, ÖkoLinX-ARL und SPD, also Dringliche Anträge, die es nach Antragsschluss nicht mehr auf die TO geschafft hatten.
Was dann am Nikolaustag auf der Ortsbeiratssitzung im Haus der Volksarbeit an der Eschenheimer Anlage im Walter-Dirks-Saal abging, ist neuer Negativrekord: Ein Teil der bis zu einhundert Demonstrant/innen der „Bürgerinitiative contra Quartiersgarage Glauburg“ (BI) drängten bis 19.30 Uhr im Anschluss an ihre Demo von der Glauburgstraße her in den kleinen Saal. Obwohl diesmal drei Vorträge städtischer Bediensteter auf der TO standen, konnte die Ortsvorsteherin nicht umhin, das Thema „Quartiersgarage Glauburg“ noch vorzuschalten: Schließlich stellen die GRÜNEN seit der letzten Kommunalwahl im März letzten Jahres („Fukushima-Wahl“) acht der 18 Ortsbeiräte. Und unter den anwesenden „Wutbürger/innen“ bestimmt viele aus deren Wahlklientel! Aber auch die Stadtverordneten Dr. Ezhar Cezairli und Dr. Thomas Dürbeck (beide CDU) sowie Jutta Ditfurth von ÖkoLinX-ARLwaren gekommen.
Zunächst sprach Diane Henn, Gründerin die BI: In aller Ausführlichkeit konnte sie die bekannten Argumente gegen den Bau der Quartiersgarage ausbreiten. Es schlossen sich die die langatmigen Statements von Vertretern der einzelnen Fraktionen zu den vier Tischvorlagen an: Hans-Joachim Habermann (LINKE) bekam Beifall, als er die fast vier Mio. Euro für 101 unterirdische Parkplätze als „Wahnsinn“ bezeichnete. Auch Manfred Zieran (ÖkoLinX-ARL) bekam Beifall, wiewohl er vom Stöckchen aufs Steinchen kam, von zu hohen Preisen für den ÖPNV (Öffentlichen Personennahverkehr) über die Gentrifizierung (Verdrängung der Ärmeren aus dem Nordend durch Gutbetuchte) bis zur allgemeinen Verdammung des bösen Kapitalismus. Erstmals mahnte die Ortsvorsteherin, Zieran möge zum Ende kommen.
Rainer Krug (CDU) ging weit in die Vergangenheit zurück: 2008 war die Linke im Römer doch noch für die Quartiersgarage.(Kennt er den historischen Ausspruch seines Adenauer nicht: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“) Und Krug bezweifelte die Echtheit der 750 Unterschriften der BI: Diane Henn dazu später vor der Tür: „Eine Fälschung von Unterschriften ist eine Straftat. Das weiß ich als Justizangestellte. Und Krug als Anwalt sicher auch“.
GRÜNEN-Moratorium: 3 Monate Pause für Quartiersgarage Glauburg
Dafür sind Gerhard Brandt (FDP), David Cornelius Albrecht (FREIE WÄHLER) und natürlich GRÜNEN-Fraktionsvorsitzender Bernhard Maier, als „Doppeldecker“ auch Stadtverordneter. Ortsvorsteherin Guder greift angesichts der fortgeschrittenen Zeit – die ersten Bürger/innen verlassen den Saal – zu einem Trick: Da eine Abstimmung vor Ende der drei folgenden Vorträge städtischer Bediensteter nicht möglich ist, bittet sie ihre Kolleg/innen um ein „Meinungsbild“: Das Moratorium der GRÜNEN wird gegen CDU und ÖkoLinX-ARL angenommen, alle anderen Tischvorlagen fallen durch, bis auf die SPD-Vorlage, die geschoben wird.
Inzwischen ist es 20.40 Uhr. Über eine Stunde ist rum, da kommt Stephan Heldmann, Leiter des Grünflächenamtes in epischer Breite über den Zustand der Bäume im Nordend zu sprechen: Nix wird’s mit der Bitte von Ortsvorsteherin Guder, ab 21 Uhr zum zweiten von noch drei Vorträgen zu kommen. Die Herren vom Stadtplanungsamt scharren schon unruhig mit den Füßen und fragen sich, was sie ihren Frauen sagen sollen, wenn sie so spät nach Hause kommen. Doch dann wird das wichtige, große Bauvorhaben „Nördlich Adickesallee“ zwischen Polizeipräsidium und Eckenheimer Anlage vorgestellt. Um 21.42 mahnt Ortsvorsteherin Guder eine Beschränkung auf 22 Uhr an, was natürlich nur ein höflicher Wunsch bleibt. Kurz nach 23 Uhr, der dritte Vortrag des Vertreters des Amtes für Straßenbau und Erschließung zur Umgestaltung der Comeniusstraße ist beendet, steigt der Ortsbeirat in die Tagesordnung mit 50 (!) Anträgen ein. Doch nicht der Berichterstatter, der als einer der letzten Gäste – die Presse ist schon weg – diesem von der Öffentlichkeit entblößten Tollhaus entflieht.
D. Schreiber