Vermüllung eines Platzes
Das unwirtliche Areal Goetheplatz - Rossmarkt wurde erneut zum Abladeraum für fragwürdige Kunst
Mit dem Antrag "Mehr Wille zur Gestaltung" und einer zweitägigen Straßenaktion hatten sich die „Freien Wähler“ 2009 für eine schönere Gestaltung von Goetheplatz und Rossmarkt eingesetzt. Die Stadt Frankfurt hatte das einst freundlich mit Beeten geschmückte Areal aus dem Topf „Schöneres Frankfurt“ für stattliche 9,5 Millionen Euro neu gestaltet und dabei nur in eine düstere Steinfläche mit einigen wenigen Bäumen sowie rasch verschmutzenden Betonsitzen verwandeln lassen.
Planungsdezerent Dieter von Lüpke erklärte damals, dass nun niemand mehr die Blumenrabatten zertrampeln könne. Und Projektleiter Jürgen Büttner setzte auf einen Gewöhnungseffekt der Bürger.
Da der Gewöhnungseffekt an eine letztlich kaum strukturierte Leere ohne Grün und mit nur wenig den Platz aufwertender Architektur nicht gelingen will, versuchte man seit 2010 die Leere mit angeblicher „Kunst“ zu füllen. Das Vorgehen erinnert an viele Schein-Lösungen der Moderne, die ständig mit untauglichen Mitteln die Probleme zu kaschieren versucht, die durch sie erst entstanden sind. Ähnlich wie ungepflegte Ecken von Verkehrsbauten, wie kahle und ohne Einfühlungsvermögen in Landschaft geplante Betonwände Graffiti-Sprayer magisch anziehen, besitzen Brachflächen immer wieder einen seltsamen Reiz auf moderne „Künstler“ aller möglichen Provenienz. Auch die Fehlplanung des Rossmarkts wirkt deshalb auf diese Weise eher als Abladeplatz für Kunstmüll, denn als gefasster urbaner Raum.
In Frankfurt haben sich nun das städtische Bedürfnis nach Schadensverdeckung und die Interessen bestimmter „Installationskünstler“ getroffen. Das Projekt „ROSSMARKT³“ wurde 2010 von der Kuratorin Juliane von Herz initiiert und wird u.a. vom Kulturamt der Stadt Frankfurt gefördert. Als Partner fungiert u.a. das Frankfurter Institut für Stadtgeschichte. Über die genaue Höhe der Förderungen wird zu recherchieren sein, denn die Künstler dürften kaum ohne Entgelt ihre Arbeiten fertigen, zum Rossmarkt transportieren, dort wieder abholen und entsorgen.
Mehrere Monate müssen die Bürger an den Installationen dann vorbeigehen, wenn sie sie denn überhaupt als solche wahrnehmen, bis alles wieder weggeräumt wird. Eine Gruppe von 25 Bürgern, oftmals Schüler, sucht dann eine neue Installation aus, die für Monate auf den Platz gestellt oder gelegt wird.
Im Dezember 2010 begann alles mit der Skulptur „Cloud Cities/Air-Port-City“ des Städel-Schülers Tomás Saraceno, eine Struktur als zusammengeschweissten Fünfecken mit einigen Spiegeln. „Langweilig“ nannte die Frankfurter Allgemeine Zeitung damals die nichtssagende Arbeit, die an Kunst im öffentlichen Raum aus den 70er Jahren erinnerte.
2011 folgte die Installation „outside-here“ von Tamara Grcic. Die Stadt Frankfurt verlautbarte dazu einst bedeutungsschwanger auf ihrer Internetpräsenz: „outside-here" ist ein Wagen mit weißen Hörnern und eine Zeit- und Soundmaschine. Mal steht die Skulptur still, mal bewegt sie sich über den Platz und vollzieht die Bewegungen der Passanten nach. Klänge durchbrechen den Raum und spenden Struktur. Während sich der Stundenschlag über die Monate verändert, bleibt das Ticken der Zeit beständig.“
Nun wurde ein weiterer „künstlerischer“ Tiefpunkt erreicht. Seit November liegt ein scheinbar gefällter aber nicht weggeräumter Baum quer auf dem Platz. Nicht die Stadtverwaltung ist hier im Vollzug, sondern es handelt sich um eine Installation der Künstlergruppe „gelitin“ aus Österreich mit dem sehr passenden Titel „Kühlschrank, Bett, Tastatur“. Was die Künstler damit ausdrücken wollen? Sie wollten inhaltlich nichts vorgeben, war die Antwort. Wichtig sei, dass sich die Vorbeigehenden „mit dem Ensemble auf irgendeine Art auseinandersetzen würden.“ Inhaltslosigkeit als Zeichen einer satten Generation, die nichts mehr zu erzählen hat? Trost- und geistloser kann man eigenen Zustand von Teilen der aktuellen Kunstszene jedenfalls gar nicht beschreiben. Bis April müssen die Bürger nun mit dem nicht weggeräumten Baum irgendwie leben.
Dann wird gewechselt und wieder kurzfristig kaschiert. Für den Goetheplatz und den Rossmarkt kann allerdings eine nachhaltige und zukünftige Lösung nur lauten, dass eine gärtnerische Neugestaltung unabdingbar ist. Mehr Bäume, aber keine abgesägten, bitte.
Marlis Lichtjahr