Schwarz-Grün blamiert sich und Frankfurt bundesweit
Konfusion um Romantikmuseum und Volkstheater
Der schwarz-grüne Magistrat im Römer hat das bemerkenswerte Kunststück fertiggebracht, mit einer „Einsparung“, die es derzeit laut Haushaltsentwurf 2013 noch gar nicht geben kann, die Kulturpolitik der deutschen Stadt mit dem höchsten Kulturetat bundesweit in Verruf zu bringen. Der Streit um das Romantikmuseum und seine Finanzierung zeigt aber auch, wie konfus das Bündnis von CDU und Grünen inzwischen agiert. Das hängt weniger mit der vorjährigen Überraschungswahl des linken Sozialdemokraten Feldmann zum Oberbürgermeister als mit der wachsenden Finanznot einer Koalition zusammen, die nur so lange glänzte, wie die Steuerquellen sprudelten. Wir dokumentieren hier eine leicht überarbeitete Rede des Fraktionsvorsitzenden der FREIEN WÄHLER, Wolfgang Hübner, in der Sitzung vom 28. Februar 2013:
Herr Vorsteher,
meine Damen und Herren!
Es ist schon eine lustige Debatte, da kommt Frau Ditfurth daher, die ungefähr 70 bis 80 Prozent von uns hier in den Gulag schicken würde, wenn sie denn die Macht dazu hätte …
(Zurufe)
… und bietet uns eine ideologische Begründung, warum auf das Romantikmuseum verzichtet werden sollte. Im Grunde genommen müssten die, die jetzt auf das Romantikmuseum verzichten wollen, ihr ein Honorar bezahlen, aber das bekommt sie schon reichlich von verschiedenen Fernsehanstalten.
(Beifall)
Das nur einmal dazu. Es gibt eben keine Epoche der deutschen Geistesgeschichte, die vor Frau Ditfurth Pardon fände, es sei denn die Tätigkeit der RAF. Aber gut, lassen wir das, das ist alles völlig verfehlt gewesen, was von ihr gekommen ist. Das ist polemisch und eine Verzerrung einer ganzen Epoche der deutschen Geistesgeschichte gewesen und passt zu dem Bild, das sie hier immer wieder entwirft.
Kommen wir zu der Frage Romantikmuseum. In der letzten Sitzung des Kulturausschusses hatten wir eine interessante Szene. Die FDP hatte einen harmlosen Antrag bezüglich des Romantikmuseums gestellt, worauf es eine sehr harsche Reaktion von Herrn Dr. Dürbeck (CDU) gab. Ich habe noch gesagt, dass er sonst nie so aufbrausend reagiert, denn er hat der FDP quasi unterstellt, sie wolle dieses Vorhaben torpedieren, sie wolle dieses Vorhaben kaputt machen. Dann lese ich kurz nach dieser Sitzung im Kulturausschuss, die Koalition selbst habe den vorgesehenen Frankfurter Anteil am Romantikmuseum gestrichen. Dr. Dürbeck hat aber gut reagiert, denn er hat trotzig gesagt, das das nur virtuelles Sparen sei, denn diese vier Millionen Euro stünden noch gar nicht im Haushalt drin. Da hat er natürlich recht, das heißt, hier wird Propaganda gemacht, das Romantikmuseum werden wir jetzt einsparen. Dabei haben Sie doch noch gar nichts eingespart, sondern Sie verbreiten nur, dass Sie eine mögliche künftige Geldausgabe nicht tätigen wollen.
(Beifall)
Das ist wahrliche eine „großartige“ Leistung. Ich denke, wir sollten uns alle daran erinnern, was über dieses Romantikmuseum gerade von CDU und GRÜNEN gesagt wurde, und vor allen Dingen von dem Kulturdezernenten, der heute nicht anwesend ist.
Ich habe übrigens Verständnis dafür, dass er heute nicht anwesend ist, denn das, was ihm in den letzten Tagen zugestoßen ist, dürfte seiner Gesundheit unmöglich zuträglich gewesen sein. Der Kulturdezernent ist nämlich der große Verlierer dieser Angelegenheit und niemand kann ernsthaft bestreiten, dass er ziemlich blamiert dasteht. Wir haben ihn ja völlig anders erlebt, gerade bei Themen wie dem Romantikmuseum und vor allen Dingen der Volksbühne, darauf komme ich aber gleich noch zurück. Das Romantikmuseum war ihm ein besonderes Anliegen, und das kann man auch verstehen. Er ist im Gegensatz zu einigen anderen Stadtverordneten ein gebildeter Mensch und weiß, dass es einen hohen kulturellen Wert hat, solch ein Museum zu betreiben. Außerdem wurden von Land und Bund bereits Zuschüsse versprochen.
Ich denke aber, es lässt sich verantworten, wenn die Stadt Frankfurt sagt, dass sie das in der jetzigen Finanzlage nicht finanzieren kann, zumal es eine Reihe von Folgekosten nach sich ziehen wird. Ein Museum zu betreiben bedeutet nicht nur, dass man einen bestimmten Betrag investiert, sondern es kostet Jahr für Jahr Geld und muss personell und sachlich ausgestattet werden.
Ich mache deshalb den Vorschlag, dass wir eine große Bürgeraktion starten, die vor allen Dingen auch von all denen getragen wird, die dieses Museum wichtig finden und sagen: Wir schaffen es im Rahmen dieser Bürgeraktion, vier Millionen Euro zusammenzubekommen. Das ist nämlich der Betrag, der jetzt erst einmal erwirtschaftet oder zusammengekratzt werden muss. Das müsste doch in einer reichen Stadt wie Frankfurt mit den vielen Stiftungen und großen Wirtschaftsunternehmen, die hier angesiedelt sind, möglich sein. Es war von vorneherein ein Gedanke der FREIEN WÄHLER, dass man dieses Projekt nicht auch noch über den Steuerzahler finanziert, sondern in Form einer Bürgeraktion zusammenbekommt. Vier Millionen Euro sind möglich.
(Beifall)
Ich fordere Sie, die Fraktion der CDU und die Fraktion der GRÜNEN, den Kulturdezernenten und den Magistrat auf, starten Sie eine Aktion, damit wir diese vier Millionen Euro zusammenbekommen. Wenn man die vier Millionen Euro dann zusammen hat, kann man darüber sprechen, inwieweit die Folgekosten, die durchaus berechenbar sind, durch eine Einsparung an anderer Stelle finanziert werden können. An Einsparungsmöglichkeiten, die dieses Museum realisieren können, fehlt es keineswegs. Die sind noch längst nicht ausgeschöpft. Aber wenn das nicht geschieht, war die Sache wirklich eine Täuschung.
Der Kulturdezernent und die beiden Fraktionen haben im Kultur- und Freizeitausschuss die Sache durchaus mit Herzblut verfolgt. Jetzt müssen Sie auch dazu stehen und sagen, das ist uns sehr wichtig, und jetzt müssen wir einen Weg finden, wie wir das anders finanzieren. Es wäre eine Armutserklärung, fast schon eine Bankrotterklärung, wenn es nicht gelingen würde, das auf andere Weise zu finanzieren. Das ist unser konkreter Vorschlag.
(Beifall)
Kommen wir jetzt noch einmal, nachdem viel über das Romantikmuseum und über andere Sachen gesagt wurde, zur Situation einer Ihrer anderen Einsparungen. Eine fatale Geschichte ist bei der Frage Volkstheater und Fliegende Volksbühne passiert. Es war - davon mache ich keine Abstriche - die Absicht des Kulturdezernenten, und Sie alle haben es letzten Endes toleriert, das Volkstheater Liesel Christ so nicht mehr existieren zu lassen.
(Beifall, Zurufe)
Es war Ihre Absicht beziehungsweise die des Kulturdezernenten. Er hat im Jahr 2009 mit allen Mitteln versucht, Herrn Quast dort hineinzubringen. Das ist misslungen und dann hat man andere Wege gesucht. Nachdem klar war, dass die Zermürbungsstrategie gegenüber dem Volkstheater erfolgreich gewesen ist, sollte die Fliegende Volksbühne von Michael Quast der Rettungsanker des Frankfurter Mundarttheaters werden. Es hieß also: Die modernisierte Volksbühne steht vor der Tür - sie kommt nach Sachsenhausen! Wir kaufen ein Haus - das Haus ist schon gekauft! - und bauen das für mehrere Millionen Euro aus. Warum? Damit der beliebte, geniale Quast dort eine Unterkunft findet! Doch was höre ich jetzt? Es gibt in wenigen Wochen kein Volkstheater mehr, aber es wird auch kein Theater für die Fliegende Volksbühne geben.
Den Zusammenhang Volk und Bühne sowie Volk und Theater soll es in Frankfurt nicht mehr geben. Das ist folgerichtig, wenn man das „Vielfalt“-Konzept der Grünen ernst nimmt, das Sie verabschiedet haben. Doch das ist überhaupt nicht folgerichtig, wenn man das Volk ernst nimmt. Das ist die Frage. Sie lassen beides verschwinden, beim einen haben Sie sozusagen lächelnd den Untergang in Kauf genommen, und beim anderen sagen Sie jetzt: Pech gehabt Quast, Pech gehabt Frankfurt, Pech gehabt Sachsenhausen - das machen wir jetzt nicht!
Das ist ein Vorgang, der Folgewirkungen haben wird. Es kann so nicht angehen, wie Sie es gemacht haben. Wir werden es auch in der nächsten Sitzung des Kultur- und Freizeitausschusses diskutieren. Sie haben kulturpolitisch und auch gegenüber den Akteuren, auf der einen Seite die Schwestern Christ - die Töchter von Liesel Christ - und auf der anderen Seite Michael Quast, Schuld auf sich genommen, indem Sie eine - meiner Meinung nach - unverantwortliche Politik betrieben haben. Ihr sogenanntes Sanierungs- oder Sparkonzept taugt sowieso nichts. Aber darüber reden wir beim nächsten Mal.
(Beifall)
In kulturpolitischen Fragen haben Sie jedenfalls eklatant versagt. Das muss ich Ihnen mit auf den Weg geben.
Vielen Dank!
(Beifall)