Nicht eine Provokation auch noch aufwerten

Eine Antwort an das "Römerbergbündnis"

Nicht eine Provokation auch noch aufwerten
© Jürgen Hansohm - pixelio.de

Der Frankfurter DGB-Vorsitzende Harald Fiedler hat dem Fraktionsvorsitzenden der FREIEN WÄHLER im Römer kürzlich geschrieben und dazu eingeladen, eine Erklärung des sogenannten "Römerbergbündnisses" gegen eine geplante NPD-Veranstaltung am 1. Mai 2013 vor der Europäischen Zentralbank zu unterstützen. Die auch von dem Vereinsvorsitzenden der FREIEN WÄHLER unterschriebene Antwort dokumentieren wir hiermit:
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Sehr geehrter Herr Fiedler,

ich bedanke mich für Ihr Angebot, mit meinem Namen als Fraktionsvorsitzender der FREIEN WÄHLER im Römer den Aufruf des sogenannten „Römerbergbündnisses“ zu unterzeichnen. Ich sehe darin ein positives Signal, dass künftig auch Repräsentanten der Freien Wähler in Frankfurt zu den Eingeladenen bei herausgehobenen gewerkschaftlichen Veranstaltungen gehören. Bislang wurden wir leider aus unerfindlichen Gründen vom DGB ausgegrenzt. Das hat mich als langjähriges Gewerkschaftsmitglied und auch langjährigen Betriebsratsvorsitzenden besonders geschmerzt. Wir Freien Wähler werden diesen künftigen Einladungen gerne folgen.

Selbstverständlich distanzieren sich die FREIEN WÄHLER in Frankfurt, also auch die Fraktion im Römer und alle unsere Vertreter in den Ortsbeiräten, in aller Klarheit von Ideologie und Praxis der NPD, also auch der angekündigten NPD-Aktion am 1. Mai 2013. Und selbstverständlich sind wir gegen Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus (in jeder Variante!) – nicht nur am 1. Mai, sondern an jedem Tag des Jahres.

Wir sind allerdings nicht bereit, einer allzu durchsichtigen Provokation der in Frankfurt völlig unbedeutenden NPD mit einer Mobilmachung der demokratischen Kräfte unendlich mehr Bedeutung zu geben als ihr tatsächlich zusteht. Der 1. Mai ist traditionell der Feier- und Kampftag der lohnabhängigen Menschen. Weder deren größtes noch brennendstes Problem ist eine zwar unangenehme, aber mitnichten unsere stabile demokratische Grundordnung gefährdende, dazu von V-Leuten durchsetzte, offenbar bankrotte und zerstrittene Splitterpartei.

Vielmehr stehen gerade für lohn-und rentenabhängige Bürger soziale Probleme wie Leiharbeit, Niedriglohnsektor, Geldentwertung der Sparer sowie irrsinnige Euro-Rettungsschirme auf Kosten der Klein- und Normalverdiener im Vordergrund. Um diese Probleme sollte und muss es am 1. Mai 2013 vorrangig gehen, nicht um die kalkulierte Provokation einer gesellschaftlich und politisch völlig isolierten Partei.

Es sollte auch an diesem 1. Mai die Solidarität mit allen Opfern der wahnwitzigen Euro-„Rettungsaktionen“ in Europa im Mittelpunkt stehen. Die machtvollen sozialen Proteste in Griechenland, Spanien, Portugal, Zypern, Italien und demnächst wohl in Frankreich zeigen, wer die Opfer dieser „Rettungsaktionen“ sind – nämlich die sogenannten ‚kleinen Leute‘. Was sind diese existenziellen Probleme von vielen Millionen Bundesbürger gegen das Problem mit einer desolaten Minipartei von Ewiggestrigen?   

Dass unsere Fraktion Weltoffenheit nicht nur propagiert, sondern lebt, dokumentiert sich nicht zuletzt in der Zusammensetzung unserer Stadtverordneten: Keine andere Fraktion hat einen so hohen Anteil von Menschen mit Migrationsherkunft – nämlich 25 Prozent. Trotzdem sind wir immer wieder bösartigen und auch gewalttätigen Angriffen von Linksextremisten ausgesetzt. Leider werden diese nach aller Erfahrung auch den 1. Mai 2013 und den Protest gegen die NPD in Frankfurt zu militanten Aktionen zu nutzen versuchen.

Wir können schon deshalb Ihren Aufruf nicht unterschreiben und damit faktisch unsere Mitglieder und Freunde zur Teilnahme auffordern, weil wir damit uns und andere in Gefahr bringen würden, solche Angriffe, womöglich sogar in massiver Form, zu erleiden. Wenn Sie uns allerdings ausdrücklich den Schutz unserer Mitglieder, insbesondere der Person unseres Vereinsvorsitzenden Patrick Schenk und meiner Person zusichern können, sind wir gerne bereit, unsere Haltung noch einmal zu überdenken.

Einstweilen werden wir uns aus den oben genannten Gründen nicht an dem Aufruf beteiligen, wünschen Ihnen aber rege Beteiligung bei Ihrer Aktion und einen hoffentlich friedlichen Verlauf.


Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Hübner (Fraktionsvorsitzender)   Patrick Schenk (Vereinsvorsitzender)  

Frankfurt/Main, 8. April 2013

Leserkommentare (2)

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Eine ebenso couragierte wie formell und inhaltlich treffende Antwort.
Hut ab, Herr Hübner und Herr Schenk!

Da werden am 1. Mai wieder zehntausende Menschen unter dem Vorwand der "Zivilcourage", mit den Massenmedien und jeder Menge Anwälte im Rücken, gegen eine Handvoll verwirrter, ausgegrenzter Politisch Verfolgter demonstrieren und fest daran glauben, etwas Gutes zu tun.

Gut, daß die FW da nicht mitmachen. Die Gefahr des Faschismus geht längst von Links aus; überall in Europa. Und es werden auch an diesem 1. Mai wieder Linksextreme sein, ob nun in Frankreich, in Berlin, im Hamburg oder auch bei uns in Frankfurt, die Autos anzünden und Steine oder Molotow-Cocktails gegen Polizisten werfen; nicht die Mitarbeiter der Verfassungsschutz-Abteilung NPD.