Frankfurter Zeitungen über die Blockupy-Proteste
Eine kommentierte Dokumentation
Das Vorgehen der Polizei bei der Demonstration des „Blockupy“-Bündnisses gegen linksextreme und gewaltbereite Teilnehmergruppen hat in den Medien ein sehr kritisches Echo erzeugt. Den FREIEN WÄHLERN in Frankfurt liegen sehr unterschiedliche Augenzeugenberichte über das Geschehen vor, einen davon haben wir bereits in Wort und Bild dokumentiert. Wir haben die Bericht der Frankfurter Zeitungen zur Kenntnis genommen und zeigen im folgenden Text auf, welche Tendenzen und Sichtweisen in diesen Berichten deutlich werden. Und wir erlauben uns am Ende einige Bemerkungen aus eigener Sicht.
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I. Zeitungen vom Samstag/Sonntag
Frankfurter Rundschau (Ausgabe Sa./So., 1./2. Juni)
Die Berichterstattung über die freitägliche EZB-Protestaktion folgte im Überblicksartikel („Blockupy umzingelt die EZB“, S. F1) weitgehend einer der Sachlichkeit verpflichteten Darstellung. Lediglich in Randnotizen („Bis auf kleine Auseinandersetzungen mit der Polizei und einige Farbbeutel-Würfe gegen Geschäfte blieben die Aktionen friedlich“) wird ersichtlich, wie bereits Sachbeschädigungen kleingeredet werden. Die FR übernimmt außerdem eine Teilnehmerzahl (2.500) in Größenordnung der von Blockupy verkündeten Größenordnung (3.000), während die Polizei von 1.000 bis 1.500 Teilnehmern spricht..

In Hanning Voigts Bericht („Blockaden und Protest“, S. F2) setzt sich diese Linie zwar fort, wird aber tendenziöser. Wenn dieser schreibt, „Ab und an kommt es zu Gerangel, die Aktivisten setzen auf Masse und Parolen, die Polizei auf Faustschläge und Pfefferspray“, unterstellt Voigts den Ordnungshütern den angeblich friedlich Protestierenden mit rein physischer Gewalt zu begegnen. Ferner findet sich in diesem Artikel keinerlei Erwähnung der aus den Reihen des Blockupy-Bündnisses getätigten Sachbeschädigungen (Farbbeutelattacken) bei deren Blockierung der Zeil, sondern nur der Hinweis, „die Aktion gerät zum Happening“.
Die kleineren Beiträge über die Demonstrationen im Flughafen Frankfurt sowie vor der Deutschen Bank sind vordergründig sachlich gehalten, doch im Artikel über die Flughafenproteste wird mit der Auswahl der zitierten Teilnehmer dem Leser nur die eine Seite der Medaille präsentiert. Bereits in der als Zitat gesetzten Überschrift „Wo Repression ist, wird es immer Widerstand geben“, wird die rote Linie des Beitrags vorweggenommen, der mehrfach Demonstranten zu Wort kommen lässt, die sich von den Polizisten diskriminiert und zu hart behandelt fühlen. Beispielsweise führt die Verfasserin aus: „So spricht etwa ein junger Mann von der ‚strukturell rassistischen Arbeitsweise‘ der Bundespolizei.“ Indem diese in linksradikalen Kreisen geprägte Wortwahl kommentarlos stehen gelassen wird, erfolgt – analog zu den Äußerungen von radikalen Abschiebegegnern – durchaus eine Wertung seitens der Autorin Alicia Lindhoff..

Frankfurter Neue Presse (Ausgabe Sa., 1. Juni 2013)
Im Leitartikel der FNP („Protest legt Frankfurt lahm“, S. 1) erfolgt eine rein sachliche und chronologische Schilderung der Ereignisse vom Freitag. Bezüglich der Anzahl an Protestierenden werden die Angaben der Organisatoren (3.000) und der Polizei (1.000-1.400) gegenübergestellt.
In Lokales berichtet die FNP im Beitrag „Blockupy macht die Zeil dicht“ (S. 9) ebenfalls in chronologischer Manier über die Demonstrationen am Freitag. Der Artikel ist sachlich und objektiv gehalten.
FAZ (Ausgabe Sa., 1. Juni 2013)
Die FAZ berichtet im Politik-Ressort (S. 1/2) in sachlich-chronologischer Darstellung über die Ereignisse vom Freitag. Übernommen wird in bezug auf die EZB-Blockade die polizeilich mitgeteilte Demonstrantenzahl von 1.000, wobei auch die von den Veranstaltern verkündete Anzahl von 3.000 erwähnt wird. Erwähnung findet die Tatsache, daß die Proteste auf der Einkaufsstraße Zeil den Geschäftsbetrieb beeinträchtigten („Immer wieder mussten Geschäfte für kurze Zeit ihre Türen schließen“, S. 2).
Im Wirtschaftsteil findet sich ein Überblicksartikel über die Auswirkungen der Proteste auf den Geschäftsbetrieb der Banken, dessen Tenor lautet: „Abgesehen von Polizisten und Demonstranten herrscht normaler Freitagnachmittag-Betrieb“ (S. 14).
In der Rhein-Main Zeitung berichtet der Beitrag „Blockupy-Bündnis feiert Aktionen als Erfolg“ über die Blockaden vom Freitag. Entgegen der als Überschrift gewählten Botschaft relativiert der Artikel aber diese als „Erfolge“ postulierten Blockaden, da insbesondere die EZB-Blockade rein ideologischer Natur war, faktisch der Geschäftsbetrieb der EZB aber in keinster Weise beeinträchtigt wurde. Geschildert werden außerdem die zeitlich begrenzten Blockaden des Einkaufszentrum „MyZeil“ sowie weiteren Ladenlokalen. Ferner legt der Bericht dar, wie bereits am Freitag Protestierer „wegen Körperverletzung, Widerstand gegen Vollzugsbeamte oder Landfriedensbruch“ (S. 41) vorläufig festgenommen wurden.
Ein gesonderter Artikel beschäftigt sich speziell mit der EZB-Blockade („Blockaden gegen die Blockierer“, S. 43) und scheint als Augenzeugenbericht geschrieben zu sein. Die Autorin Denise Peikert informiert so – ungewollt – auch über die ein oder andere Provokation von Seiten der Demonstranten, die „Böller zündend“ marschierten und beispielsweise „vier Beutel mit roter Farbe gegen den Opernturm geschleudert“ haben. .

Weitere Beispiele von Provokationen werden in dem Artikel genannt: „Die Durchsagen der Beamten, man möge doch bitte einen Versammlungsleiter benennen, beantworten die Protestierenden mit ‚Halt die Fresse‘“; „In der Taunusanlage haben Demonstranten derweil eine Gruppe von Polizisten mit Blockupy-Absperrband eingekreist“; über die anspannte Stimmung an der Kaiserstraße berichtet Peikert: „Demonstranten rütteln wütend an den Gittern, Polizisten langen mit ihren Schlagstöcken darüber und setzen Tränengas ein.“
Christian Palm zeigt in einem kleinen Beitrag auf, wie „kaum ein Laden zwischen Haupt- und Konstablerwache“ (S. 43) von den Protesten verschont blieb.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (Ausgabe So. 2.6.2013)
In der FAS wird bereits auf der Titelseite („Gewalt bei Blockupy“) auf die gewalttätigen Ausschreitungen vom Samstag hingewiesen. Einführend wird auf die „Demonstration von rund 10.000 Kapitalismuskritikern“ vor der EZB aufmerksam gemacht, die von der Polizei vorzeitig beendet wurde, als diese mehrere Hundert Aktivisten der linksextremistischen Szene separierte. In dem Aufmacher werden die Angaben der Polizei wiedergegeben, wonach Feuerwerkskörper gezündet worden seien und Demonstranten gegen das Vermummungsverbot verstoßen hätten. Im Rahmen der Einkesselung/Separierung kam es schließlich zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Festnahmen.

Im Wirtschafts-Ressort der FAS (S. 22) werden einzelne Demonstranten mit Bild und Hintergrund vorgestellt. Obgleich keine Wertung vorgenommen wird, stellt bereits die neutral gehaltene Vorstellung von Persönlichkeiten der gemäßigten bis radikalen Linken in dem einst bürgerlichen Flaggschiff eine inhaltliche Akzentverschiebung dar. Dem Gegner von einst wird Öffentlichkeit gewährt und die Darstellungsform vermittelt unterbewusst durchaus Sympathie für die Anliegen der vorgestellten Personen.
Im Feuilleton (S. 38) erwartet den Leser ein zwar flott geschriebener, aber inhaltlich nichts Neues darlegender Beitrag, der sich Wertungen vollends entsagt und im Grunde nur noch einmal auf die Ereignisse vom Freitag eingeht.
Der Rhein-Main-Teil der FAS beschäftigt sich in dem Beitrag „Protest und Kessel“ (S. R1) intensiv mit den Protesten vom Samstag. Bereits in den einleitenden Sätzen nimmt die Autorin Katharina Iskandar die Vorwürfe der Blockupy-Organisatoren auf, wonach die Polizei zu früh und „ohne echten Grund“ eingegriffen hätte..

Iskandar berichtet aus ihrer Sicht:
„Doch noch bevor die Demonstranten überhaupt nur in Sichtweite der EZB gelangen, formiert sich eine Hundertschaft der Polizei und versperrt den Demonstranten im vorderen Teil des Zuges den Weg. Und noch während aus Protest die ersten Flaschen und Farbbeutel fliegen, drängt sich eine weitere Polizeikette in den hinteren Demonstrationszug hinein. Binnen Sekunden sind die Demonstranten im vorderen Abschnitt eingekesselt. Es geht weder vor noch zurück. Und so bleibt es, bis zum späten Nachmittag.“
Im folgenden erwähnt sie zwar die Beweggründe der Polizei (Straftäter im Block, Vermummung, Böller gezündet) und räumt ein, „Anhänger radikaler Gruppen innerhalb des Blocks“ lokalisiert zu haben, verteidigt aber anschließend besagten Block: „Von Gewalttätigkeit aber war ihr bisheriges Verhalten bei der Demonstration bis zu diesem Zeitpunkt weit entfernt.“
Über die weiteren Ereignisse schreibt Iskandar: „An der hinteren Polizeikette kommt es derweil immer wieder zu Rangeleien zwischen Demonstranten und der Polizei. Vereinzelt werden Leute aus der Menge gezogen und vorübergehend festgenommen, ein Demonstrant deswegen, weil er einen Polizisten mit einem Schraubenzieher attackiert hatte. Im Handgemenge wird auch ein Pressefotograf verletzt.“
Ist die folgende Darstellung noch sachlich gehalten und zeigt das korrekte Vorgehen der Polizei auf,…
„Die Polizei wartet bis vier Uhr, dem Zeitpunkt, an dem die Demonstration ohnehin beendet gewesen wäre. Kurz vorher geben sie durch, dass der Block fortan ausgeschlossen ist von der Demonstration. Dann gehen sie mit einer Hundertschaft hinein in die Menge, um Leute einzeln herauszuholen. Gegen halb sechs schließlich stürmt die Polizei die Demonstration.“
… fährt die Autorin anschließend in reißerischem Ton fort und vermittelt so das Bild einer zu hart vorgehenden Polizei:
„Wahllos greifen Beamte nach Teilnehmern, im Sekundentakt führen sie sie hinaus. Wer sich nicht fügt, wird härter angepackt. Demonstranten werden zu Boden geworfen. Einer bleibt liegen, wird von Sanitätern versorgt. Ein anderer wird an dem Verletzten vorbei geschleift. Er schreit, als ihn die Beamten fester anfassen. Sein Arm sieht aus, als sei er gebrochen.“.

Der Bericht „Protest und Kessel“ weist die Tendenz auf, der Polizei ein zu hartes und unverhältnismäßiges Vorgehen zu unterstellen. Dies erfolgt nicht explizit, wird aber zwischen den Zeilen deutlich. Beispielsweise: „Überall sind Polizisten, sie halten die Stellung, obwohl von den Demonstranten längst keine Gefahr mehr ausgeht.“ Vielleicht sollte sich die Autorin einmal fragen, ob nicht genau diese präventive Polizeiarbeit dazu beitrug, daß „längst keine Gefahr“ mehr von den Demonstranten ausging. Die linksextremistischen Krawalle vom März 2012 zeigten ja deutlich auf, welches erschreckende Gewaltpotenzial ohne diese enorme Polizeipräsenz freigesetzt wird.
II. Zeitungen vom Montag
Bild-Zeitung (Ausgabe Frankfurt Mo., 3. Juni 2013)
Auf der Titelseite prangt die Überschrift „Blutige Protest in Frankfurt. Über 100 Verletzte bei Blockupy-Demo“, gepaart mit einem Bild von der Demonstration, worauf das Zünden von Rauchbomben erkennbar ist.
Bild berichtet auf Seite 5 ganzseitig über die Demonstrationen in Frankfurt und äußert bereits in der Überschrift Vorwürfe an die Polizei: „Warum ging die Polizei in Frankfurt so hart gegen Blockupy vor?“ Hierin werden Polizisten anonym zitiert, wonach der Kessel (zirka 900 Protestierende) geplant war, um die Personalien von Vermummten aufzunehmen und mit denen der Randalierer vom März 2012 abzugleichen. Weiter wird die Härte von Polizeibeamten, insbesondere aus NRW beklagt und mehrfach betont, wie „friedlich“ die Demonstranten doch gewesen wären.
Indem die Erklärung des Polizeipräsidenten Dr. Achim Thiel mit dem Titel „…und so redet sich der Polizeipräsident raus“ überschrieben wird, erfolgt eine doch recht einseitige Wertung (Vorverurteilung) der Ereignisse. Inhaltlich weist die Erklärung des Polizeipräsidenten für eine Intervention durchaus Plausibilität auf..

Frankfurter Neue Presse (Ausgabe Mo., 3. Juni 2013)
Auf der Titelseite der FNP wird über die „Kritik an Polizei-Einsatz“ berichtet. Inhaltlich werden Auflagenverstöße als Interventionsgrund für die Polizei (Einkesselung von 900 Teilnehmern) angeführt und sachlich darauf hingewiesen, daß „Beobachter und Demonstranten den Einsatz als unverhältnismäßig bewerteten“, die Polizei diesen verteidigte. Indem jedoch „Beobachter“ erwähnt werden, die immer die Assoziationen „unabhängig“ und „neutral“ hervorrufen, schlägt das Pendel doch ein wenig zugunsten der Kritiker aus. Interessant erscheint der Hinweis, wonach „durch die Aktionen in der City (…) den Geschäftsleuten nach Einschätzung des Handelsverbandes Hessen ein Umsatzausfall von mehreren Millionen Euro“ entstand.
Im Lokalteil wird erneut das Vorgehen der Behörden („Polizeieinsatz in der Kritik“, S. 11) thematisiert, in der Unterüberschrift allerdings deutlich gemacht, wie sehr doch die Deutungen über den Polizeieinsatz variieren. Inhaltlich wird kurz der Verlauf geschildert, um hiernach die verschiedenen Ansichten der Protagonisten aufzuzeigen. Sowohl die behördlich-polizeiliche als auch die Demonstrantenseite wird ausgewogen wiedergegeben, so daß den Verlautbarungen des Polizeipräsidenten (s. oben) und den von der Polizei angegebenen Verstöße („Vermummungen, verknotete Transparente, Würfe auf Polizisten mit Farbbeuteln und Pyrotechnik“) die Einschätzung der Blockupy-Aktivisten („völlig inakzeptabel“; Skandal, „dass die Exekutive Gerichtsurteile faktisch außer Kraft setzt“) entgegengestellt wird. In dem Artikel überwiegen allerdings die Argumente für den Polizeieinsatz. So werden die Berichte der Polizei übernommen, wonach „Einsatzkräfte bei den Auseinandersetzungen im Kessel auch mit spitzen Gegenständen, Holzlatten, Fahnenstangen, Pfefferspray, Tritten und Flaschen angegriffen worden seien (…) Wegen Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder Sachbeschädigung seien insgesamt 45 Personen vorläufig festgenommen worden.“
In einem kleinen Zusatzartikel werden Demonstranten im Rahmen der Überschrift „Verletzte klagen über Gewalt der Einsatzkräfte“ zitiert. Diesen Äußerungen zufolge hätten Polizeibeamte bewußt und mehrfach Schläge in die Gesichter von Protestierenden vorgenommen. Ob diese allerdings vorher selbst gewalttätig wurden, wird nicht erwähnt..

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Ausgabe Mo., 3. Juni 2013)
Im Ressort Politik wird in einem kurzen Bericht („Kritik an Polizeieinsatz in Frankfurt“, S. 4) über die Ereignisse eingegangen und die offizielle Linie der Behörden wiedergegeben, gleichzeitig aber auch darauf hingewiesen, daß „auch in der hessischen Polizei selbst (…) der Einsatz kritisch gesehen“ werde. „Es wurde auch bestätigt, dass es im Vorfeld der Einkesselung zwar ‚Störungen‘ gegeben habe, aber keine Straftaten verübt worden seien. Dem Vernehmen nach ist es zuvor schon das Ziel gewesen, an die Personalien der Demonstranten zu kommen, die die Polizei der linksextremistischen Szene zuordnet. Polizeipräsident Thiel verwahrte sich gegen die Behauptung, die Aktion sei ‚von langer Hand geplant‘ gewesen.“ In dem FAZ-Beitrag von Katharina Iskandar erhalten die kritischen Stimmen zum Polizeieinsatz mehr Raum als die polizeilichen Darlegungen.
Der ausführliche Artikel in der Rhein-Main Zeitung („Polizei gerät nach Einsatz in Erklärungsnot“, S. 33) ist ebenfalls von Frau Iskandar geschrieben und stellt im Grunde nur eine Langfassung der in obigem Artikel dargelegten Fakten dar. Die kritischen Stimmen (anonym) aus Polizeikreisen kommen hier ausführlich zu Wort und sowohl das taktische Vorgehen (Einkesselung als „Fehleinschätzung“ der Lage) als auch die Art und Weise des Einsatzes („Auch die Brutalität, mit der einige der Einsatzkräfte vorgegangen seien, können sie [„einige Beamte“] nicht nachvollziehen, weil es ihrer Ansicht nach keinen Grund dafür gegeben habe“) werden verurteilt.
Ferner druckte die Rhein-Main Zeitung auf derselben Seite einen Bericht über das „Blockupy-Zeltlager“ ab, worin nur Aktivisten der linken und linksradikalen Szene wiedergegeben werden und sich über den Polizeieinsatz beklagen dürfen. Hierin werden sogar Gesetzesverstöße verharmlost: „Zwar sei es verboten, sich auf Demonstrationen zu vermummen, ergänzt Martin Sommer vom ‚Ums Ganze‘-Bündnis. Doch er sehe es als legitim, wenn Protestierer sich durch Unkenntlichmachung vor polizeilicher Verfolgung schützen wollten.“
Bezeichnenderweise bezieht Frau Iskandar in einem ebenfalls auf Seite 33 abgedruckten Kommentar eindeutig Stellung gegen das aus ihrer Sicht zu harte Vorgehen der Polizeikräfte. „Und doch hat die Polizei am Samstag übertrieben. Selbst wenn sie es für geboten halten musste, die Versammlung vorzeitig aufzulösen, und selbst wenn sie geltend machen konnte, dass von einzelnen Chaoten Straftaten verübt worden waren, rechtfertigt das nicht das gezeigte Maß an körperlicher Gewicht.“
Frankfurter Rundschau (Ausgabe Mo., 3. Juni 2013)
Die FR titelt mit „Protest gestoppt“ und thematisiert die Blockupy-Demonstration in dem Leitartikel „Die Ordnung der Anderen“ (S. 11). Obwohl dieser Kommentar den Einsatz der Polizeikräfte am Rande einbezieht, verbindet der Autor Stephan Hebel die antikapitalistischen Proteste und die ordnungspolitische Reaktion mit einer Verortung der Verantwortlichkeiten in der Euro- und Finanzpolitik der Bundesregierung. Ihm gelingt hierbei ein durchaus interessanter Ansatz.
Im Frankfurt-Teil berichtet die FR ausführlich (S. F1-F3) über die Proteste vom Samstag. Der Artikel „Scharfe Kritik an Polizeieinsatz“ (S. F1) schildert kurz die Ereignisse, widmet sich aber verstärkt dem politischen Streit um die Deutung des Polizeieinsatzes. Das Verdikt, „Beobachter stellten ein hartes Vorgehen der Polizei fest“, läßt erneut die Frage aufkommen, ob mit der Begrifflichkeit „Beobachter“ nicht eine Neutralität/Unabhängigkeit suggeriert werden soll, die eigentlich gar nicht zutrifft. So müßte die Frage beantwortet werden, wer denn diese „Beobachter“ waren. Angeblich wurden auch Schlagstöcke und Pfefferspray gegen nicht eingekesselte Demonstranten angewandt.
Bewahrte sich dieser Artikel noch eine gewisse Sachlichkeit, wird in Hanning Voigts Beitrag „Demonstration ad absurdum geführt“ (S. F2-F3) Empathie für die Demonstranten erzeugt und mittels dramaturgischer Kniffe die Polizei (und das Innenministerium) als Verantwortliche für das Scheitern des Protestzuges benannt. „Als die Polizei die Demonstration stoppt, ist die Lage nicht besonders bedrohlich“, führt Voigts aus, und versucht die begangenen Rechtsverstöße als harmlose Lappalien darzustellen. Mit der eindrücklichen Schilderung des Polizeieinsatzes („Desaster“) wird den Polizisten eine übertriebene Härte unterstellt. „Die ersten Abgeführten wehren sich noch, die Polizei packt rabiat zu. Ein Demonstrant blutet aus der Nase, einer ist ohnmächtig und muss von Sanitätern behandelt werden. Jugendliche werden aus dem gesperrten Bereich geholt, Politiker der Linkspartei, alte Männer. Nur wenige sehen nach linksradikalem ‚schwarzen Block‘ aus.“ Hier versucht der Autor anscheinend, den Polizeikräften Willkür zu unterstellen und die Gewaltbereitschaft dieser Kreise zu relativieren.
Zusammenfassender Kommentar:
Grundsätzlich hinterfragt die gesamte Berichterstattung eine wesentliche Tatsache des Demonstrationsgeschehens nicht: der „Schwarze Block“ marschierte in vorderster Linie, als militante Speerspitze des linken bis linksextremen Protests. D.h. selbst die gemäßigten Kräfte akzeptieren inzwischen weitgehend nicht nur die Teilnahme, sondern auch die symbolische Anführung durch radikale Kräfte..

Ferner herrscht in den Medien ein Grundtenor vor, der eindeutige Verstöße gegen das Versammlungsrecht, Rechtsbrüche und Angriffe auf Polizisten seitens der Demonstranten als Petitessen verharmlost und hierdurch das Vorgehen der Ordnungskräfte als übertrieben hart und brutal dargestellt werden kann.
In der gesamten Berichterstattung fehlt die Erinnerung daran, welche Zerstörungs- und Gewaltorgie linksextreme Gruppen Ende März 2012 in der Frankfurter Innenstadt angerichtet hatten. Das Vorgehen der Polizei hat sichtlich darauf gezielt, eine Wiederholung solcher Vorgänge im Keim zu ersticken. Ob dabei die Polizeiführung immer oder überhaupt strategisch überlegt gehandelt hat, mag diskutiert werden. Nicht zu vergessen ist dabei jedoch die unerhörte tagelange Belastung der Polizeikräfte durch die vielfältigen, auch ordnungs- und gesetzeswidrigen Aktionen des „Blockupy“-Bündnisses.
Für die Berichterstatter in den Frankfurter Zeitungen war und ist all das wenig bis gar nicht bedenkenswert. Für die FREIEN WÄHLER in Frankfurt aber schon.
(Alle Fotos: R. Sawicki)