Paris will nach Berlin
SPD-Stadtrat stellt seine Partei vor Zerreißprobe

Pressemeldung 39 / 1.7.2013
Bei Michael Paris ist der Geduldspfaden endgültig gerissen: Der SPD-Politiker und ehrenamtliche Stadtrat im Frankfurter Magistrat, wird als unabhängiger Kandidat für den Bundestag im Wahlkreis 183 antreten. Damit setzt sich Paris in direkte Konkurrenz zur offiziellen SPD-Kandidatin Ulli Nissen und riskiert den Ausschluss aus der Partei, der er schon seit mehr als 40 Jahren angehört. Ob es zu diesem Parteiausschluss kommt, ist derzeit noch ungewiss. Doch sicher ist eine innerparteiliche Zerreißprobe, die den Chancen der SPD auf ein gutes Ergebnis bei den Bundestagswahlen am 22. September nicht förderlich sein dürften.
Die nicht völlig überraschende Entscheidung von Paris ist Ausdruck von Frust und Verbitterung des ehemaligen Landtagskandidaten und populären Wahlkämpfers. Erst musste er sich dem Parteilinken Feldmann im Rennen um die OB-Kandidatur beugen, dann unterlag er bei der Nominierung der Landtagskandidaten einem weiteren, der Öffentlichkeit so gut wie unbekannten Vertreter der SPD-Linken. Dass sich Paris nun, quasi in letzter Minute, in das Rennen um ein Mandat im Reichstag stürzt, kann als mutig oder aber auch als Verzweiflungsschritt gewertet werden. Offenbar wittert Paris gegen die in die Jahre gekommene CDU-Kandidatin Erika Steinbach, den Grünen Nouripour und nicht zuletzt gegen seine Parteikollegin Nissen, die ebenfalls dem linken Flügel der SPD angehört, die Chance auf einen Überraschungserfolg.
Ob diese Kalkulation aufgeht, werden die Wähler entscheiden. Schon jetzt aber bringt das Vorgehen von Paris die Frankfurter SPD und auch Oberbürgermeister Peter Feldmann in große Schwierigkeiten. Denn der junge neue SPD-Vorsitzende Mike Joseph gehört selbst zu den entschiedensten Linken in seiner Partei, was er auch in mehreren Debattenbeiträgen in der Stadtverordnetenversammlung deutlich unter Beweis gestellt hat. Er ist in jeder Weise ungeeignet, als Vermittler aufzutreten. Feldmann hat versucht, Paris nach dessen schmerzlicher Niederlage im Ringen um die OB-Kandidatur mit attraktiven kommunalpolitischen Aufgaben ruhig zu stellen, was aber nun auch als gescheitert angesehen werden muss. Feldmanns Stellung ist durch die Entscheidung von Paris nicht gestärkt, sondern geschwächt.
Sollte Paris aus der SPD ausgeschlossen werden, dann wird er künftig als Stadtrat oder auch Bundestagsabgeordneter keine Rücksicht mehr auf seine in Frankfurt so stark nach links gerückte SPD und auf den der Parteilinken verpflichteten Feldmann nehmen. Da Paris keineswegs der einzige in der SPD ist, der mit deren scharfem Linkskurs in Frankfurt nicht einverstanden ist, könnten die Folgen für alle Seiten dramatisch sein. Im Wahlkreis 183 dürfte es am 22. September auf jeden Fall sehr spannend werden.