Der Tod darf nicht mehr gebührenpflichtig sein

Die umwälzenden Vorstellungen des Mönchs Bruder Paulus Terwitte

Der Tod darf nicht mehr gebührenpflichtig sein
© Bernd Kasper - pixelio.de

Pressemitteilung der FREIEN WÄHLER im Römer – 60 / 26. 11. 2013

Frankfurts Krematorium soll wegen angeblicher Unrentabilität geschlossen, die Friedhofsgebühren sollen erheblich angehoben werden, die Friedhöfe selbst künftig auch öffentliche „Grünflächen“ sein. Es tut sich eine ganze Menge in einem Bereich, der bei vielen Menschen eher Scheu als Interesse weckt. Doch der Umgang mit dem Tod und den Toten sagt mehr über das kulturelle und menschliche Niveau einer Gesellschaft aus als die Zahl der Museen und Kunstevents. Es ist sehr verdienstvoll, dass Frankfurts bekanntester „Medien-Mönch“ Bruder Paulus Terwitte an diese meist verdrängte Tatsache nun nachdrücklich erinnert hat.

„Wo ein Friedhof ist, da waren Menschen. Und es ist Aufgabe der Gemeinschaft, diejenigen die sterben, auch in Würde zu bestatten.“ Doch Bruder Paulus belässt es nicht bei diesem Appell in einem Zeitungsinterview. Er sagt darin auch: „Das Bestatten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die zu unserer Kultur gehört. Es heißt ja auch Bestattungskultur. Und sie sollte ein Werk der Barmherzigkeit und nicht auf Kostendeckung ausgelegt sein. Am Endgericht werden wir gefragt, ob wir die Toten bestattet haben und nicht ob wir uns haben bestatten lassen.“ Was der Mönch vom Kapuzinerkloster Liebfrauen und Leiter des dortigen Franziskustreffs für wohnungslose Menschen daraus konkret folgert, ist radikal umwälzend und wird von nun an auch die politische Diskussion des Themas prägen: „Darum gehört das Friedhofswesen weg vom Grünflächenamt, hin zum Kulturamt. Dann können wir uns überlegen, wie wir diese Kultur in unserer Stadt gestalten wollen.“

Damit weist Bruder Paulus den humanen Weg aus einer Misere, die dazu geführt hat, dass immer mehr Menschen möglichst billig und in vielen Fällen anonym „entsorgt“ statt bestattet werden. Schon jetzt ist unstrittig: Noch höhere Friedhofsgebühren werden diesen unheilvollen Trend weiter beschleunigen. Deshalb ist es nach Auffassung der FW-Fraktion nicht nur notwendig, die aktuelle Vorlage des Magistrats zu Friedhofsordnung und Friedhofsgebühren abzulehnen, sondern die Problematik ganz anders zu betrachten und ganz anders zu behandeln.  Deswegen darf die Vorlage jetzt nicht im Schnellverfahren durchgepeitscht werden, sondern es muss zuvor eine öffentliche Diskussion ermöglicht werden, die in unserer stark alternden Gesellschaft ohnehin längst überfällig ist.

Die FW-Fraktion wird in diesem Sinne einen Antrag stellen. Sollte die Vorlage des Magistrats trotzdem in der letzten diesjährigen Sitzung der Stadtverordneten  auf die Tagesordnung gesetzt und mehrheitlich beschlossen werden, ist damit kein Problem gelöst, aber die Diskussion, welche kulturelle Bedeutung der Umgang der Gesellschaft in Frankfurt mit den Toten hat, nur noch dringlicher.

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