Birgit Kelle: „Mehr Freiheit für Familien wagen“

Bericht über eine Veranstaltung der FW-Fraktion im Römer

Birgit Kelle: „Mehr Freiheit für Familien wagen“
© AK

Die vielgefragte, in Funk und Fernsehen präsente Autorin Birgit Kelle kam am 27. November auf Einladung der Fraktion der Freien Wähler nach Frankfurt. Im Saalbau Titus Forum in der Nordweststadt begrüßten Wolfgang Hübner (Vorsitzender FW-Fraktion) und Patrick Schenk (Vorsitzender Freie Wähler Frankfurt e.V.) zusammen mit den Besuchern die frisch gebackene Trägerin des Gerhard-Löwenthal-Preises für Journalisten.

Birgit Kelle, 38-jährige Mutter von vier Kindern und deutschlandweit als Kämpferin für die traditionelle Familie bekannt, eröffnete ihren Vortrag mit der Betonung, keineswegs gegen den Strom zu schwimmen. Vielmehr streite sie eben gegen die veröffentlichte Meinung einer latent familien- und kinderfeindlichen Elite von Politikern, Journalisten und Medienvertretern, die im krassen Gegensatz zur Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland stehen, die in ihrem Alltag zutiefst traditionell in einer normalen Familie lebt. Doch für dieses Familienmodell wirken keine Lobbyisten in Berlin und Brüssel. „Unsere gesamte Familienpolitik ist nicht mehr am Wohl der Familien orientiert“, stelle die Referentin fest und bekundete, für eine Kehrtwende zu kämpfen, die den Familien tatsächlich die nötigen Freiheiten in der Kinderbetreuung einräume.

Die von den Meinungsbildern in den Medien und der Politik propagierte „Wahlfreiheit“ bedeute nämlich faktisch den „Zwang zur Fremdbetreuung“, infolgedessen die Freiheit für Familien immer mehr eingegrenzt werde. Um dies zu verdeutlichen, verwies die Referentin auf die massive Subventionierung der Fremdbetreuung, die pro betreutes Kind rund neunmal höher ist als die Leistungen für Eltern, die ihre Kinder selbst erziehen. Diesen Eltern stehen mickrige 150 Euro Betreuungsgeld zu, wobei allein für dessen Einführung gewaltige Schlachten geschlagen werden mussten.  Kelle führte hierzu ausführlich in einem früheren Beitrag, der sich mit dem familienpolitisch umstrittenen Gebaren des Bundesverfassungsgerichts beschäftigt, aus:

„Dann gibt es noch das ‚Kinderbetreuungsurteil’ vom 10. November 1998 (BVerfG 99,216), das den Familien nicht nur die Wahlfreiheit bei der Ausgestaltung ihres Familienlebens zusicherte, sondern den Staat dazu verpflichtete, alle Entscheidung der Eltern ‚in ihren tatsächlichen Voraussetzungen’ zu fördern. Es reicht also nicht nur, einer Mutter zu sagen: Du kannst ja zu Hause bleiben und deine Kinder selbst erziehen, nein, der Staat muss dieses unliebsame ‚Hausfrauen-Modell’ auch noch fördern – sagt jedenfalls das Bundesverfassungsgericht. Es ist das Urteil, das ein Betreuungsgeld nahezu zwingend einfordert als Alternative zur massiven Krippen-Förderung und die ‚Lufthoheit über den Kinderbetten’ sehr eindeutig in die Hand der Eltern legt. Dieses Urteil ist 15 Jahre alt. Fristsetzung: Keine. Umsetzung: Monatlich 150 Euro Betreuungsgeld (…) Im Gegensatz dazu monatlich 1.200 Euro Krippen-Förderung als Alternative, die sogar mit Rechtsanspruch garantiert wird. Gleichwertig sieht anders aus.“

Ferner hielt Birgit Kelle fest, „Wahlfreiheit“ besäßen nur die Eltern, die es sich finanziell und beruflich erlauben können, die eigenen Kinder selbst zu erziehen und auf Fremdbetreuung zu verzichten. Sobald wirtschaftliche Engpässe eintreten, sind Familien, konkret Frauen, die mehrheitlich trotz aller Umerziehungs- und Genderprogrammen die Rolle als Mutter derer einer Karriere vorziehen (s. „Vorwerk Familienstudie 2013“), dazu gezwungen, ihre Kinder in Fremdbetreuung abzuschieben und bereits nach kürzester Zeit wieder in die Erwerbstätigkeit zurückzukehren. Mit oft genug negativen psychologischen Konsequenzen für die spätere Entwicklung der Kinder.

Die am 23. November 2013 mit dem Gerhard-Löwenthal-Preis ausgezeichnete Kelle verwies außerdem auf das fehlende Interesse für familienpolitische Belange in der bundesdeutschen Politik, der es einzig um Wirtschaftskraft und Fachkräften für den Arbeitsmarkt ginge. Hierbei stören gut ausgebildete Frauen, die sich für ein Leben als Mutter, Hausfrau und Familienmanagerin entscheiden und die staatliche wie mediale Propaganda mit ihrem konkreten Handeln als Farce entlarven.

Dies zeige auch die vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene Gesamtevaluation der ehe- und familienpolitischen Leistungen (2009-2013), die rein nach ökonomischen Maßstäben messe und bewerte. Die von der „Prognos AG“ – bezeichnenderweise ein Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmen – vorgelegte Analyse beurteile schlichtweg jedwede direkte Förderung und Leistung in der Familienpolitik als negativ, wohingegen Leistungen, die in und an Institutionen flossen, als grundsätzlich positiv evaluiert wurden.

Beispielsweise wären gemäß der Beurteilung die kostenlose Mitversicherung in der Familienversicherung und das Betreuungsgeld nicht zielführend, da diese Maßnahmen Frauen nicht zu einer Rückkehr auf den Arbeitsmarkt anregen. Birgit Kelle zeigte auf, dass Familien von der Politik „ausgeblutet“ werden sollen, um dann die Armut auszunutzen, indem Krippen, Kindertagesstätten und Ganztagesbetreuung als Ausweg und die Fremdbetreuung als angeblicher Königsweg uminterpretiert wird.

Die gebürtige Siebenbürgerin, die mit ihren Eltern 1984 nach Deutschland kam, erinnerte an die Debatte um eine deutsche Leitkultur, indem sie den Verzicht auf die Verteidigung des Eigenen zugunsten einer Ideologie der Vielfalt kritisierte und dieses Phänomen in Zusammenhang mit der bundesdeutschen Familienpolitik setzte. Politik und Medien propagieren die „Vielfalt“ der Familienmodelle, doch die traditionelle Familie ist in diesem Verständnis nur noch eine zu vernachlässigende Randerscheinung, deren Befürworter als ewig gestrige Konservative verunglimpft werden.

Birgit Kelle ist zuzustimmen, wenn sie betont, „Vielfalt bedeutet die Aufgabe der eigenen Identität“, und ein selbstbewusstes Bekenntnis zur traditionellen Familie fordert. Skeptisch beurteilt Kelle die annähernd 150 familienpolitischen Instrumente, die die falschen Akzente setzten und die es massiv zu vereinfachen gelte. Weiterhin warnte die engagierte Journalistin vor staatlichen Eingriffen in die Entscheidungs- und Wahlfreiheit der Familien. Vielmehr müssten Steuererleichterungen („Familiensplitting“) und die Senkung von Verbrauchssteuern für Familien diskutiert, mitunter ein finanzielles Budget für Familien eingeführt werden, das diese selbstbestimmt für Eigen- oder Fremdbetreuung einsetzen können.

In der ideologisch grundierten Fremdbetreuungsapologie des Bundesfamilienministeriums sieht Kelle eine Verwirklichung von Margot Honeckers Visionen. Indem Kleinstkinder bereits mit einem Jahr in Krippen gegeben werden, fehle ihnen das wissenschaftlich wie erfahrungsmäßig konstatierte Wesentliche: die Liebe und Zuneigung der Eltern! Ferner ziele die Fremdbetreuung von Kleinstkindern auf die Erzeugung von konformistischen Einheitskindern, die bewusst „keine Leitwölfe“ mehr werden sollen, sondern lammfromme Wahl- und Arbeitsbürger.

Die freie Journalistin und Buchautorin warnte, das eingeräumte Recht auf U3-Betreuung werde früher oder später zur Pflicht. Bereits heute würden Frauen seitens Gesellschaft, Politik, Medien und Arbeitgebern massiv unter Druck gesetzt, nach einem Jahr wieder in die Erwerbstätigkeit zurückzukehren. Stattdessen forderte Kelle einen Rechtsanspruch auf Geldleistungen für Familien, mit denen diese selbst haushalten und in Eigenverantwortung handeln sollten.

Aufmerksam machte die Vortragende auf die von der Politik angestoßene Entwicklung, Kindergärten, Krippen und sonstige Betreuungseinrichtungen als „Bildungseinrichtungen“ zu apostrophieren und hiermit die Tür für eine allgemeine „Kita“-Pflicht aufzustoßen. In der bewährten „Salami-Taktik“ werde versucht, diese aus totalitären Regimes bekannte Staatsbetreuung fernab der Familien durchzusetzen. Begründet wird dies stets mit bildungsfernen und Einwanderfamilien, deren Kinder von einer Fremdbetreuung profitieren würden. Dem stehe allerdings die Realität entgegen, wie Erfahrungen mit der Ganztagsbetreuung von Ausländerkindern in deutschen Großstädten zeigten.

Die Politik versuche, eine gescheiterte Integrationspolitik im Bereich „frühkindliche Bildung“ auszubügeln und nähme dies wiederum als Argumentationsgrundlage für die flächendeckende Einführung der Fremdbetreuung. Verstärkt werde dies von Bestrebungen, Frauen als wertvolle Kräfte für den Arbeitsmarkt zu begreifen, die es von den Fesseln der Familie zu befreien gelte.

Kämpferisch widerlegte Kelle diese Propaganda-Floskeln und die bundesdeutsche Politik als „Angriff auf das freie Bürgertum“. Die Politiker hätten nicht mehr „das große Ganze“, das Gemeinwohl im Blick, und müßten offensiv unter Druck gesetzt werden, eine familienpolitische Kehrtwende herbeizuführen. Zum Abschluss des rhetorisch und inhaltlich überzeugenden Vortrages rief Kelle dazu auf, „die Freiheit der Familie zu verteidigen“ und selbstbewusst für die klassische Familie einzutreten. Großer Beifall der Besucher, von denen nicht wenige nachdenklich den Heimweg antraten.


Sebastian Pella

Leserkommentare (2)

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an Herrn Drephal:

Da wurde Ihr Blick auf die Realität offensichtlich durch linksgrüne Propaganda etwas getrübt: am 25. November schrieb der SPIEGEL unter der Überschrift "Er macht Karriere, sie hütet die Kinder" über eine Studie, die genau das Gegenteil beweist.
Danach ist das klassische Rollenmodell mitnichten ein Auslaufmodell, sondern die Übertreibungen werden gegenwärtig wieder abgebaut.

http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/studie-rollenverstaendnis-heute-konservativer-als-in-den-neunzigern-a-935522.html

Die Natur läßt sich eben doch nicht dauerhaft durch Ideologie besiegen.


Ich bin überzeugt, unsere jungen Frauen wissen schon wie sie ihr Leben planen.Natürlich wollen sehr viele eine gute Ausbildung, einen gutbezahlten Job und die Möglichkeit von Familie und Arbeit. Da brauchen wir eine Ganztagsschule, gute Kitas und Kindergärten die 24 Uhr auf haben.Das alte Rollenspiel Papa geht arbeiten und Mutti kümmert sich um Herd und Kinder gehört der Vergangenheit an.