"Frankfurt spart Strom"
Ein Kommentar von Knut G. Emmert

Die Strompreise steigen und steigen. Deutschland hat eine der teuersten Stromversorgungen, möglicherweise ab 2014 die teuerste der Welt. Ist es da nicht vernünftig, Strom zu sparen ? Darüber könnte man reden – sofern die deutsche Strompolitik vernünftig wäre. Ist sie aber nicht.
Strompolitik in Deutschland – Grüße aus der Volksrepublik Absurdistan
Durch die Abnahme- und Preisgarantie für windigen und solaren Strom treten absurde Effekte auf: wenn viel Strom im Netz, das Angebot also höher als die Nachfrage ist, dann wird der Strom in einem marktwirtschaftlichen System billiger. Im heutigen deutschen DDR-Planwirtschaftssystem aber bleibt der Strom grundsätzlich gleich teurer, und er wird durch steigende politisch erzwungene Abgaben sogar noch teurer. Die Anbieter mit ihren Windrädern und Solarpanels haben ein fürstliches Einkommen, weil sie jede Kilowattstunde mit garantierten Preisen bezahlt bekommen – egal, ob der Strom überhaupt gebraucht wird.
Tatsächlich gibt es häufig Windlagen, bei denen übermäßige Windstrommengen produziert werden, die in Deutschland niemand braucht. Wenn Frankfurt dann Strom spart, erhöht es sogar diesen unnütz produzierten Überschuß noch.
Je mehr Strom unnütz produziert wird, desto mehr davon versucht Deutschland ins benachbarte Ausland abzugeben. Unsere Nachbarn haben aber schon genügend eigenen Strom. Sie fahren also eigene Kraftwerke ab, um den deutschen Überschußstrom aufzunehmen. Damit wird der Betrieb dieser Kraftwerke unwirtschaftlicher. Weshalb unsere Nachbarn unseren Überschußstrom auch nur dann abnehmen, wenn wir noch Geld dazugeben. Der reale Strompreis ist also negativ.
Das ist, als hätte Ihr Supermarkt zu viele Bananen gekauft und würde von Ihnen nicht nur kein Geld mehr für die Bananen haben wollen, sondern Ihnen sogar noch Geld dazugeben, wenn Sie nur bloß bitte bitte bitte die überzähligen Bananen abnehmen. Energiepolitik in der Bananenrepublik. Die Zusatzkosten für die geldunterfütterte Stromabgabe ins Ausland werden aber auf unsere Strompreise übergewälzt. Ergebnis: je billiger der deutsche Strom am Markt wird, desto teurer müssen die Bürger ihn bezahlen !
DIe Bürger zahlen ihren eigenen Strombedarf. Und sie zahlen für die finanziell schwachen Mitbürger, die sich den Strom nicht leisten können und sonst ohne Strom dasäßen. Und sie zahlen für die Reichen, die ihre Steuern ins Ausland hinterziehen und denen die Stromkosten sonst egal sind. Und sie zahlen für die Industrie, die zugrunde ginge, müßte sie die hohen deutschen Strompreise zahlen. Und sie zahlen für die Reibachmacher, die Gelddruckanlagen in Form von Windrädern oder Solarpanels bauen. Und sie zahlen die von der Politik in klassischem planwirtschaftlichem Diktat nach DDR-Manier künstlich hochgepuschten Stromkosten, -gebühren, -abgaben, -steuern. Wer zahlt, das ist der Bürger, der arbeitet und Steuern zahlt und Abgaben und der vorsorgt und das Wirtschaftssystem Bundesrepublik Deutschland am Leben erhält. Wer nicht zahlt, das sind alle anderen. Schmarotzerrepublik Deutschland.
Die künstlich hochgetriebenen Strompreise haben aber noch einen anderen Effekt. Geld, das für überteuerten Strom ausgegeben wird, steht für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung. Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Was für Strom draufgeht, steht also nicht für die Bildung der Kinder zur Verfügung. Es steht nicht mehr für die Sozialhilfe zur Verfügung. Es fehlt in der Altenversorgung. Es fehlt in der Entwicklungshilfe. Es fehlt in der Forschung und Entwicklung für die Zukunft. Deutsche Hochpreis-Strompolitik ist asoziale Geldvernichtungspolitik.
Nicht Strom – Energie sparen ist wichtig
Sicher ist es vernünftig, Energie zu sparen. Aber nicht, um Energie zu sparen. Energie sparen als Selbstzweck ist keine Politik, sondern Religion – Anbetung von Götzenbildern.
Energie sparen ist sinnvoll, um Ziele zu erreichen, die wir mit der Einsparung von Energie besser erreichen können als ohne. Eines dieser Ziele wäre sicher, die individuellen Energiekosten zu senken, um mehr vom meist ohnehin knappen Einkommen für andere wichtige Dinge übrig zu haben. Für dieses Ziel ist auch die Einsparung von Strom sinnvoll. Aber nur dann, wenn die Stromversorgung marktwirtschaftlich funktioniert – was sie in Deutschland nicht tut: siehe oben.
Für die Industrie ist Energiesparen schon seit Langem angesagt, weil Energie ein Kostenfaktor ist, der die Gewinnmargen schmälert. Deshalb ist dort - wenn auch immer noch etwas - doch am Ende recht wenig Effekt zu erzielen, weil die meisten Sparanstrengungen bereits in der Vergangenheit gemacht wurden. Allerdings funktioniert das Energiesparen hauptsächlich dadurch, daß man Wärmeenergie einspart und mechanische Energie rationaler zur Verfügung stellt. In beiden Fällen ist ein erhöhter Einsatz von Elektrizität (vulgo "Strom") notwendig, sowohl als direkter Ersatz, als auch als Steuerungsenergie der nötigen Leistungselektronik.
Energiesparen geht also einher mit höherem Stromverbrauch. Wer das nicht kapiert, mag ans perpetuum mobile glauben - das physikalische Naturgesetz der Energieerhaltung kann weder durch Parlamentsbeschluß noch durch heftiges Glauben geändert werden. Nur wissen das die schwarzrotgrünen Illusionisten In Berlin leider nicht. Für die Nation als Ganzes ist Stromsparen unsinnig.
Energiesparen ist notwendig, in Form von Einsparung des Energiebedarfs für Wärme und Bewegung, insbesondere für Transport von Menschen und Gütern, und für die Bewegung von Maschinen in der Produktion. Dafür sind zwei wesentliche Ziele maßgeblich: die Reduktion der Importabhängigkeit (welche ein Land politisch erpreßbar macht), und die Reduktion klimawirksamer Emissionen.
Vernünftig Energie sparen heißt in erster Linie: fossile Brennstoffe einsparen
Bei beiden genannten Zielen geht es also um fossile Energiequellen: Kohle, Erdöl, Erdgas. Diese müssen eingespart werden. Aus den beiden genannten Gründen, und außerdem, weil es sich um wertvolle Rohstoffe handelt, die in absehbarer Zeit zur Neige gehen. Versuchen Sie einmal, sich vorzustellen, wie Ihr Haushalt aussähe, wenn schlagartig alle ölbasierten Kunststoffe verschwänden. Und denken Sie daran, daß auch, wenn sie Kleidung aus Baumwolle, Geräte aus Aluminium oder Bücher aus Papier besitzen, zu deren Produktion und Transport mannigfache Kunststoffteile verwendet wurden, so daß auch diese Dinge ohne Öl nicht da wären.
Die EU gibt pro Tag (!) 1 Milliarde Euro für Ölimporte aus. Deutschlands Abhängigkeit von den Gaslieferungen eines einzigen Lieferanten (Gazprom) wächst. Wenn Frankfurt etwas Gutes tun will, dann soll es Öl und Gas sparen. Das wird aber im Endeffekt nur gehen, wenn es mehr Strom einsetzt. Mehr Strom, nicht weniger !
Schiefergas wird uns vielleicht vor Putins Erpressung, aber nicht vorm Klimawandel retten, denn die Verbrennung des Gases setzt natürlich ebenfalls CO2 frei, genauso wie die Verbrennung von Erdgas und Öl und Kohle.
Wasserstoff ist keine Lösung, da Wasserstoff zwar einerseits zu Wasser verbrennt statt zu CO2, aber andererseits bei höherer Temperatur verbrennt, was - bei Verbrennung an Luft - mit einem erhöhten Ausstoß von Stickstoffoxiden verbunden ist, wobei z.B. ein Lachgas-Molekül die bis zu 400-fache Klimawirksamkeit eines CO2-Moleküls hat. Oder einfach, auf deutschem Klippschulniveau: sehr wenig Lachgas wirkt wie sehr viel CO2. Für die Kommune heißt das: mehr elektrische S-, U- und Straßenbahnen; Busse und Taxis mit Elektroantrieb; Wärmedämmung städtischer Gebäude; Ersatz von Öl- und Gasheizungen durch Erdreich-Wärmepumpenanlagen (aber die sind nur punktuell einsetzbar, da sie bei flächendeckendem Einsatz die Vegetation absterben lassen; und nein, Erdreich- oder Umgebungswärme hat mit Erdwärme nichts zu tun), Solarkollektoren und elektrische Zusatzheizung. Aber Bahnen brauchen Strom. Und je mehr Bürger Öl sparen und das Auto stehen lassen und statt dessen mit der Bahn fahren, desto mehr Strom brauchen wir. Damit wir Energie sparen können. Und wertvolle Rohstoffe schonen.
Die Erdgas-Lüge
Und nein, Busse mit Erdgas-Antrieb sind eine Lösung, an die der glaubt, der keine Ahnung hat – davon aber besonders viel. Also der deutsche Politiker, Journalist und Zeitungsleser. Zwar ist tatsächlich die CO2-Emission pro kWh elektrischer Energie geringer als bei der Verbrennung von Kohle (weshalb unzählige Märchenerzähler die Bürger verhohnepiepeln mit der Behauptung, Erdgaskraftwerke seien klimafreundlicher als Kohlekraftwerke), dabei wird aber nie mit eingerechnet, daß von allem geförderten Erdgas ein Teil nicht in die Pipelines, sondern in die Atmosphäre strömt. Und da ein Methan-Molekül die 23-fache Klimawirksamkeit eines CO2-Moleküls hat, sind auch kleine Leckagemengen schon wesentlich. Je nachdem, wer die Schätzung durchführt, erhält man Methan-Leckagen zwischen 1,8 und 7 % der Förderung - das entspricht zusätzlichen CO2-äquivalenten klimawirksamen Emissionen von 40 - 160 %. Je nachdem, ob man die niedrige, oder die höhere Schätzung akzeptiert, ist ein Erdgaskraftwerk gleich bedenklich wie ein Steinkohlekraftwerk oder sogar weitaus schlimmer als die schlimmste Braunkohledreckschleuder. Und das gilt analog auch für Erdgas-betriebene Busse und Autos.
Die böse böse böse Elektroheizung
Das Verbot der Elektroheizung in Deutschland gehört zu den zahlreichen Skurrilitäten der deutschen Energiepolitik. Elektroheizung ist so lange bedenklich, wie der Strom aus fossil befeuerten Kraftwerken stammt, weil - wegen der ungünstigen Wirkungsgradkette - relativ wenig Strom mit relativ viel Rohstoffverbrauch verbunden ist. Kommt mein Strom aber aus Sonne und Wind, dann ist mir der Wirkungsgrad egal (ein Solarkollektor liegt bei ca. 18 %, das ist weniger als Kohlekraftwerk + Elektroheizung, die in der Kette auf 25% kommen; nebenbei: der Verbrennungsmotor im Auto hat nur 15% Wirkungsgrad); wenn der Strom aus Kernkraftwerken kommt, ist mir der Wirkungsgrad ebenfalls egal, weil Uran zu nichts anderem Gescheitem taugt als zur Energielieferung. Auch hier also: im Endeffekt läuft sinnvolles Energiesparen auf erhöhten Strombedarf hinaus. Stromsparen ist auf diesem Hintergrund nicht nur sinnlos, sondern lächerlich bis absurd.
Dennoch kann Stromsparen auch in Maßen vernünftig sein.
Das Ziel "Frankfurt spart Strom" kann man auf die Aufklärung der Bürger zu vernünftigem Verhalten beschränken (obwohl doch jeder wissen sollte, daß es unsinnig ist, den Fernsehapparat laufen zu lassen, wenn man gar nicht hinsieht, Elektrogeräte auf Stand-by zu lassen, wo sie ständig nutzlos Strom ziehen, nur damit der Benutzer beim Einschalten nicht 25, sondern nur 13 Sekunden warten muß, usw.)
Dabei sollte man aber die Propaganda für sogenannte Energiesparlampen unterlassen, denn auch das ist nur ein Lügenmärchen. Daß der integrale Lebenszeit-Energiebedarf (also Produktion + Betrieb) der Beleuchtung mit sog. Energiesparlampen geringer wäre als mit Glühbirnen, ist nirgends bewiesen worden - schon allein deshalb, weil noch nie eine solche Lampe so lange funktioniert hätte, daß sie diese Einsparung hätte zeigen können. Vor einiger Zeit besuchte ich Bekannte, die am Mittagstisch erzählten, daß sie jetzt überall Energiesparlampen eingesetzt hätten - 5 Minuten später war die erste defekt… Von unterschiedlicher spektraler Zusammensetzung des Lichtes mit entsprechenden psychischen Auswirkungen auf die Menschen rede ich noch gar nicht.
Darüber hinaus werden für diese Lampen aber seltene Erden benötigt, bei deren Förderung in China, Thailand und Malaysia (mal ganz abgesehen von den ausbeuterischen Umständen, unter denen die Arbeiter dort schuften müssen) Uran-Verbindungen und Folgeprodukte des Uranzerfalls mit gefördert und - da nicht weiter genutzt - auf Halde gekippt werden, von wo sie dann mit dem Regen ins Grund- und Trinkwasser gelangen. Die Belastung durch Radioaktivität ist dort horrend, besonders die Krankheitsraten in der unmittelbaren Umgebung der Minen und Aufbereitungsanlagen ist seit Beginn der Förderung sprunghaft gestiegen.
Frankfurt spart Strom ?
Es reicht im Prinzip die Aufklärung über vernünftigen Umgang mit Strom – wie oben angedeutet. Darüber hinaus wird für ein eigenes Referat nur sinnlos geld verpulvert, das für ein gescheites Energiesparreferat besser eingesetzt wäre. Das Referat "Frankfurt spart Strom" ist deshalb so sinnvoll wie ein Referat "Frankfurt liest im Kaffeesatz".
Aber kein Wunder, schließlich sind ja Viele auch begeistert von „Frankfurt liest ein Buch“. Naja, wenn Frankfurt nur ein Buch liest – und dann noch gleichgeschaltet alle dasselbe – und dieses Buch dann noch ein Roman ist - egal wie belle et triste -, dann darf man sich nicht wundern darüber, daß keiner Ahnung hat. Würde doch Frankfurt lieber viele Bücher lesen – und besonders viele Sach- und Fachbücher, um endlich zu begreifen, wie die Welt wirklich funktioniert. Wissen ist Macht – weiß nix, macht nix ?
Knut G. Emmert (Physiker und Ortsbeirat für die Freien Wähler in Frankfurt)