Die Hessen-CDU demütigt sich selbst

Enthaltung im Doppelpass-Konflikt ist Feigheit vor Grünen

Die Hessen-CDU demütigt sich selbst
© S. Hofschlaeger - pixelio.de


Niemals hätten Roland Koch und die CDU die hessischen Landtagswahlen 1999 ohne die überaus erfolgreiche Unterschriftenkampagne gegen die geplante pauschale Gewährung der doppelten Staatsbürgerschaft durch die damalige rot-grüne Bundesregierung gewonnen. Einer der größten Profiteure dieser Kampagne war und ist der heutige hessische Ministerpräsident und frühere langjährige Innenminister Volker Bouffier. Der regiert nun Hessen seit einigen Monaten mit den ehemals größten Feinden Kochs und der CDU, also den Grünen. Und die sind schon traditionell die glühendsten Befürworter der doppelten Staatsbürgerschaft, des neuen „Doppelpass“-Volkes.

Die Berliner Große Koalition aus CDU/CSU und SPD hat zu diesem heiklen Thema bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst einen vor allem für die Union problematischen Kompromiss ausgekungelt. Selbst der allerdings wird nun von den drei rot-grün regierten Bundesländern Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein geradezu provokativ in Frage gestellt. Denn das Ziel von SPD und Grünen bleibt unverändert das Doppelpass-Recht für alle Einwanderer, von denen es bekanntlich immer mehr gibt. Selbst die über schier unendlichen Langmut verfügende Bundes-CDU ist über diese Aktivität der drei Bundesländer mächtig verärgert und reagiert gereizt – vielleicht spielt sie das aber auch nur dem Publikum vor. Im Bundesrat wird jedenfalls demnächst über den Doppelpass-Vorstoß entschieden, was im Erfolgsfall für die rot-grünen „Rebellenländer“ eine gewisse Sprengkraft für die Große Koalition entwickeln könnte.

Medienberichten zufolge hat die Berliner Koalition keine Unterstützung aus Hessen zu erwarten: Die schwarz-grüne hessische Landesregierung wird sich im Bundesrat der Stimme erhalten. Damit macht die CDU vor dem an Wählerstimmen weit unterlegenen, aber in politischen Erpressungen wohlbewanderten Partner Grünen eine politische Unterwerfungsgeste, mit der die Partei dokumentiert, wie wenig es ihr weiland 1999 um die Sache und wie sehr es ihr damals wie heute um die Fleischtöpfe der Macht ging bzw. geht. Besonders Ministerpräsident Bouffier verrät mit der angekündigten Enthaltung all jene Bürgerinnen und Bürger, die vor 15 Jahren mit ihren Unterschriften die beabsichtigte Umvolkung Deutschlands verhinderten und mit ihren Stimmen für den sensationellen Wahltriumph von Roland Koch sorgten.

Es ist nur ganz wenigen Hessen bekannt, dass es 1998/99 die heutigen Freien Wähler in Frankfurt (früher BFF) waren, die bei einer von Resignation gekennzeichneten Wahlveranstaltung der CDU in Frankfurt-Sachsenhausen dem Redner Volker Bouffier den Vorschlag mit auf dem Weg nach Wiesbaden gaben, den Doppelpass zum Wahlkampfthema zu machen – ein Vorschlag, auf den die damals oppositionelle CDU offenbar noch nicht gekommen war. Was auch immer Bouffier seinem Chef Koch von dem Besuch in Frankfurt berichtete - schon kurze Zeit später lief die Kampagne der CDU an und fand im Volk riesigen Anklang.

Die Freien Wähler in Frankfurt haben nie ein Wort des Dankes von Koch und Bouffier für ihren folgenreichen Vorschlag bekommen, was auch nicht beklagt werden soll. Denn Dankbarkeit in der Politik gibt es so selten wie Trüffel im Odenwald. Viel wichtiger war ja, dass die pauschale Doppelpass-Vergabe der Schröder/Fischer-Regierung verhindert werden konnte. Da nun aber Bouffier und die hessische CDU sich mit der geplanten Enthaltung in so abstoßender Weise selbst demütigen wollen, muss zumindest daran erinnert werden, welchem politischen Anstoß es der heutige Ministerpräsident und seine Regierungspartei CDU verdanken, noch heute in Wiesbaden an der Macht zu sein. Allerdings nach der Abstimmung im Bundesrat nur noch mit jener Schamröte, die der späte Verrat den christdemokratischen Opportunisten hoffentlich beschert.

 
Wolfgang Hübner

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