„Morale Bombing“ war mörderisch, aber erfolglos
Veranstaltung anlässlich des 70. Jahrestages der Zerstörung der Altstadt

Im Gedenken an die westalliierten Luftangriffe auf Frankfurt am Main, die vor genau 70 Jahren (18.-22. März 1944) die Altstadt Frankfurts in Schutt und Asche legten und über 1.000 Frankfurtern den Tod brachten, veranstaltete die Fraktion FREIE WÄHLER im Frankfurter Römer am 20. März einen Vortragsabend. Im Mittelpunkt standen die Ausführungen des Saarbrücker Juristen Dr. Björn Schumacher, der sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem alliierten Bombenkrieg gegen Deutschland beschäftigte und aus aktuellem Anlass das „Morale Bombing – und die Folgen“ näher beleuchtete.

Nach der Begrüßung durch Wolfgang Hübner, Fraktionsvorsitzender der FREIEN WÄHLER, legten die anwesenden Gäste eine Schweigeminute für die Opfer der Luftangriffe auf die Stadt Frankfurt am Main ein. Nach diesem Moment des Gedenkens sprach der Zeitzeuge Rolf Schmitz („Klaa Rölfsche“) in einem die Zuschauer bewegenden Erlebnisbericht über seine Eindrücke von der durch alliierte Bomberangriffe herbeigeführten Zerstörung Frankfurts im Zweiten Weltkrieg. Er bezeichnete die dicht aufeinanderfolgenden Bombenwellen, die charakteristisch für die britischen Luftangriffe waren, als „Terror“ und „Kriegsverbrechen“, die das Resultat eines britischen „Masterplans“ zur vollständigen Vernichtung Frankfurts gewesen seien. Hieran anknüpfend stellte Dr. Björn Schumacher fest, in Frankfurt seien zwar offiziell „nur“ 5.589 zivile Bombenopfer verzeichnet, doch „tatsächlich dürften es mehr Tote gewesen sein“. Außerdem werden oft die dem Bombenkrieg zum Opfer gefallenen Soldaten vergessen, die in Frankfurt annähernd in der gleichen Größenordnung wie die Zivilopfer fielen.

Den eigentlichen Vortrag „Morale Bombing – und die Folgen” begann Schumacher mit einem Rückblick auf das Jahr 1919, als der britische Kriegsminister Winston Churchill die Idee des „Terrorluftkriegs“ mit seinem Plan zur Vernichtung Berlins begründete und in diesem Kontext auch das „Morale Bombing“ begrifflich schuf. So wurde in Großbritannien bereits in den 1920er Jahren die theoretische Legitimation für strategische Bombardements, die die Trennung von zivilen und militärischen Zielen bewusst aufhoben, argumentativ aufgebaut.
Im Zweiten Weltkrieg begann der strategische Luftkrieg gegen das von den Nationalsozialisten beherrschte Großdeutsche Reich im Jahr 1940, als der deutsche Bombenangriff auf kriegswichtige Industrieanlagen in Coventry mit einem britischen Vergeltungsangriff auf die Innenstadt Mannheims beantwortet wurde, der nach Auffassung von Björn Schumacher geltendes Völkerrecht brach. In der „Area Bombing Directive“ wurden die Richtlinien für das britische „Morale Bombing“ verankert, dessen erklärtes Ziel es nach Schumacher war, die Durchhaltemoral der Deutschen mit allen Mitteln zu brechen. Der Referent betonte, dieses sei das primär gegen die deutsche Zivilbevölkerung gerichtete „Schlüsseldokument des Terrorluftkriegs“. Allerdings war „Morale Bombing“ trotz aller Zerstörungen von hunderttausenden Menschenleben und vielen Städten erfolglos, weil er die Deutschen nur noch mehr dem NS-Regime auslieferte.

Die deutsche Luftwaffe habe, so führte Schumacher aus, „im Grunde keine Flächen- und Terrorbombardements“ durchgeführt. In der deutschen Kriegführung wurde der taktische Luftkrieg auf militärisch wichtige Ziele im Sinne des Völkerrechts dem strategischen „Morale Bombing“ vorgezogen. Die Radikalisierung im Verlauf des Krieges ließ jedoch seit 1944 auch auf deutscher Seite ein Umdenken erkennen, dessen Resultat der Einsatz der Vergeltungswaffen 1 und 2 war. Hiermit begab sich die deutsche Luftwaffe auf die Ebene der britischen Terrorluftschläge und läutete ihrerseits den strategischen Luftkrieg mitsamt der Facette „Morale Bombing“ ein.
Nach der historischen Betrachtung widmete sich Schumacher der moralischen Bewertung, indem er der traditionellen Pflichtethik die von den Alliierten ins Feld geführte Verantwortungsethik gegenüberstellte. Wo die Pflichtethik die „Tötung von Unschuldigen“ rigoros ablehnt und lediglich militärische Angriffe auf strategische Ziele für legitim hält, ist die angloamerikanische Verantwortungsethik dem zweifelhaften Leitbild „Der Zweck heiligt die Mittel“ verpflichtet. In diesem Kontext können dann unter Berufung auf Menschenrechte und Demokratie Kriege gegen das vermeintlich „Böse“ auf grausamste Art und Weise geführt werden. .

Im Zweiten Weltkrieg findet sich dieses Verhalten insbesondere auf britische Seite, so Schumacher, der auf den höchst interessanten Umstand hinwies, dass die amerikanischen Luftangriffe fast ausschließlich „Präzisionsbombardements“ waren, die die deutsche Infrastruktur empfindlich trafen und durchaus kriegsentscheidende Bedeutung erlangten – im Gegensatz zum britischen „Morale Bombing“, das eindeutig „Vernichtungselemente“ in den Vordergrund stellte und kriegswichtige Ziele so gut wie gar nicht traf. Hieraus leitete Schumacher auch seine konsequente moralische Verurteilung des britischen „Terrorluftkriegs“ ab. Gleichzeitig beleuchtete der Jurist Schumacher die völkerrechtliche Ebene und konstatierte, das britische „Morale Bombing“ habe definitiv der Haager Landkriegsordnung (Art. 23 b und g, Art. 25, Art. 27) und damit dem Völkerrecht widersprochen.
Nach abschließenden Worten über die deutsche Gedenk(un)kultur in Hinblick auf die zivilen Bombenopfer (vgl. Björn Schumacher: Vergessene des Feuersturms. - In: Junge Freiheit, 14. Februar 2014, S. 12), die von einer Fixierung auf den fragwürdigen bundesdeutschen Schuldkult geprägt sei, beantwortete Dr. Schumacher die interessierten und zahlreichen Fragen aus dem Publikum mit juristischem und historischen Sachverstand.