„Rechts“ ist noch lange nicht rechts
Zu einigen Reaktionen auf den Text über „Antifa“ und AfD

Mein jüngster Text zu AfD und „Antifa“ hat ein für mich überraschend großes und positives Echo gefunden. Darüber freue ich mich, zumal damit deutlich wird, wie viele Mitglieder und Sympathisanten der neuen Partei ebenso denken wie ich. Der Text führte allerdings bei einigen Lesern auch zu heftigen Abwehrreaktionen und Irritationen. Grund dafür ist die Verortung der AfD auf der rechten Seite des politischen Spektrums. Bei einigen, zumal einem hessischen AfD-Vorstandsmitglied mit CDU-Vergangenheit, führt das zu den bei ihm schon bekannten Panikattacken, bei einigen zu der teils ehrlichen, teils aufgeregten Beschwörung, nicht „rechts“ zu sein.
Nun habe ich in meinen Überlegungen nirgendwo gesagt, dass die AfD eine rechte Partei sei - was sie nach meiner Meinung auch nicht ist. Ich habe deshalb das Wörtchen „rechts“ auch immer nur in Anführungszeichen gebraucht, nicht ohne Grund. Allerdings ist die AfD – und zwar nicht nur für die Antifa – objektiv eine „rechte“ Partei, weil sie im derzeitigen politischen Spektrum Deutschlands gar nicht woanders eingeordnet werden kann und auch nicht anders eingeordnet wird. Das geschieht unabhängig von unserer subjektiven Auffassung. Selbstverständlich kann man/frau sich dagegen wehren, es bestreiten oder auch bejammern: Nutzen wird das nichts.
Es wird auch deshalb nichts nutzen, weil nun einmal Bundessprecher Konrad Adam in der rechtskonservativen Zeitschrift „Junge Freiheit“ einen (guten) Artikel nach dem anderen publiziert, prominente AfD-Führungskräfte dort Interviews geben und vor allem deshalb, weil es einen starken Anteil von Mitgliedern gibt, die nun einmal viel eher “rechts“ als liberal oder gar links sind. Viele davon sind aus der CDU/CSU gekommen, weil sie den Linksrutsch der Union nicht mehr ertragen wollten. Deshalb sind diese Menschen noch keineswegs „Rechte“, aber stehen bewusst rechts von der real existierenden CDU/CSU, die von Linken noch immer als „konservativ“ gescholten wird.
Ich habe ja durchaus Verständnis für die Ängste mancher Mitglieder, öffentlich oder privat in die „rechte“ Ecke gestellt zu werden. Aber wer die Inhalte vertritt, die von der AfD vertreten werden, muss unter den gegebenen Umständen diese Ungerechtigkeit akzeptieren. Und je offensiver damit umgegangen wird, desto mehr werden diejenigen in die Defensive gedrängt, die abweichende Meinungen zu Schicksalsthemen der Nation als „rechts“ denunzieren. Doch nur diese abweichenden Meinungen, die – zum Beispiel in der Ukraine-Frage – rasch an Bedeutung gewinnen, werden zu einer demokratischen Erneuerung und Normalisierung Deutschlands führen können. Von dieser Einschätzung nehme ich nichts zurück.
Denjenigen, die so sehr um die Verortung der AfD in der gefährlich überbevölkerten politischen „Mitte“ oder im ideologiefreien Nirgendwo besorgt sind, rate ich, nicht aus Angst vor dem Tod Selbstmord zu begehen – das ist stets ein fatales Konzept. Vielmehr sage ich: Wartet nur noch ein Weilchen, dann werden die realen Verhältnisse in Deutschland und Europa von ganz allein dafür sorgen, dass die AfD in der „Mitte“ landet und rechts von ihr eine oder mehrere Parteien entstehen, die keine Angst haben, sich auch als solche zu bekennen. Das werden übrigens nicht die Parteien sein, die ich will oder auf die ich hoffe. Aber es werden die Verhältnisse und Zustände in unserem Land sein, die das unausweichlich hervorbringen werden. Und dann, liebe Leute, könnt ihr euch nach Herzenslust distanzieren. Doch passt gut dabei auf, nicht zu viele Mitglieder und Wähler zu verlieren.
Wolfgang Hübner