Alternative für Deutschland oder FDP-Ersatz?

Die neue Partei am Scheideweg

Alternative für Deutschland oder FDP-Ersatz?
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Nach dem Erfolg der AfD bei der Europa-Wahl hat es nicht lange bis zu den ersten Lockrufen aus der CDU gedauert. Einstweilen sind es nur die letzten Konservativen, meist im Seniorenalter wie Erika Steinbach, die sich eine Kooperation mit der AfD vorstellen können. Die Motive dafür haben wenig mit echter Sympathie mit der neuen Partei zu tun – Steinbach zum Beispiel hat alle Euro-Entscheidungen ihrer Fraktion im Bundestag ohne erkennbaren Widerstand mitgetragen -, vielmehr dürfte es sich um Vergeltungsakte für viele Demütigungen in Merkels Zeitgeistunion handeln.

Tatsache ist aber, dass die FDP derzeit und vielleicht auf ewig für die CDU keine Perspektive als Koalitionspartner mehr bietet. Damit aber bleiben nur die Grünen oder die SPD als Alternativen, wenn es zur eigenen absoluten Mehrheit nicht reicht. Deshalb ist es keineswegs ausgeschlossen, dass demnächst, wahrscheinlich schon nach den Landtagswahlen im Osten, weitere Lockrufe auch aus der Mitte der CDU zu vernehmen sein werden. Sie werden allerdings mit der Forderung verbunden sein, die AfD möge sich von allen Positionen trennen oder zumindest erkennbar fernhalten, die irgendwie darauf schließen lassen könnten, die Partei wolle tatsächlich eine Alternative für Deutschland und nicht nur eine wohl oder übel notwendige Alternative zur FDP sein.

Wie die AfD auf die schon existenten und erst recht auf die kommenden Lockrufe reagieren wird, ist abhängig von der überfälligen Entscheidung, ob sie sich bereitwillig ins Parteiensystem mit allen Konsequenzen eingliedern will oder ob sie mit parlamentarischen Armen ein politischer Bewegungskörper für eine grundsätzliche Änderung der Politik in allen wichtigen Fragen der Nation, also eine echte Alternative für Deutschland werden und damit das Versprechen einlösen will, das viele Menschen zwischen Flensburg und Konstanz dazu motiviert hat, der neuen Partei beizutreten. Diese Verheißung einer seriösen Alternative zu den etablierten Parteien hat bekanntlich bereits zum zweiten Male über zwei Millionen Menschen zur Stimmabgabe bewegt. 

Auf der neuen Partei lastet somit die Verantwortung, den Hoffnungen und Erwartungen ihrer Mitglieder und Wähler gerecht zu werden. Konnte die AfD vor der Bundestagswahl und selbst auch noch vor der Europawahl auf Zeitnot und innere Unvollkommenheiten bei der Formulierung inhaltlicher Positionen zu wichtigen politischen Fragen außerhalb von Euro- und EU-Themen verweisen, ist sie nun in der Pflicht, dieser Verantwortung auch mit der Positionierung in Schicksalsfragen der deutschen Politik gerecht zu werden. Eine wirkliche Volkspartei kann die AfD nämlich nur dann sein, wenn sie sich den Nöten und Bedürfnissen des Volkes stellt und politische Lösungen für diese formuliert. Und eine Volkspartei muss die AfD sein bzw. werden, wenn sie Deutschland und dem deutschen Volk von Nutzen sein will.

Keinesfalls jedoch reicht es für diesen Anspruch, mehrere politische und weltanschauliche Strömungen in einer Organisation zu kanalisieren. In der Gründungs- und Findungsphase einer neuen, auf Massenbasis abzielenden Partei ist es möglich, ja wohl unumgänglich, dass sich auch ganz widersprüchliche, ja sogar kaum vereinbare Meinungen, Absichten und Ziele unter einem organisatorischen Dach zusammenfinden. Doch wenn eine Partei nicht nur zum Sprungbrett politischer Karrieristen und Konjunkturritter dienen soll, dann muss es bei der unaufschiebbaren Positionierung zu wichtigen politischen Problemen zu Konflikten und Scheidungen kommen. Diesem schmerzlichen, aber notwendigen Prozess kann auch die AfD nicht entkommen.

Wenn Teile der Partei meinen, sich diese Mühsal ersparen zu können und sogar schon allerlei Koalitionsfantasien in manchen Köpfen spuken, dann handelt es sich dabei nicht nur um Verrat am Anspruch, eine Alternative für Deutschland zu sein. Vielmehr würde die AfD auf diesem Weg auch nicht mehr werden als die politisch präventiv kastrierte Alternative zur FDP. Das mag durchaus verlockend sein für frühere Mitglieder und Wähler dieser kollabierten Partei, die einstweilen nun zur AfD gewechselt sind. Und auch für ehemalige Mitglieder und Wähler der CDU, die wohl eine Alternative zu ihrer allzu orientierungs- und überzeugungslosen alten Partei, aber nicht gleich eine für Deutschland gesucht haben, könnte das reizvoll erscheinen,. Für alle anderen Mitglieder und Wähler der AfD muss aber gelten: Die große, von vielen Menschen so ersehnte Verheißung des Namens muss in jeder Weise eingelöst werden!

Ich möchte an drei Beispielen zeigen, warum und wie das notwendig und möglich ist. Alle drei Beispiele sind brisant, bergen also innerparteilichen Sprengstoff. Beim Hantieren mit Sprengstoff sind Verletzungen nicht ausgeschlossen, ja sogar besonders wahrscheinlich. Aber so unsinnig es ist, aus Angst vor dem Tode Selbstmord zu begehen, so unverantwortlich wäre es, die Berührung mit politisch brisanten Themen deshalb zu scheuen, weil man/frau damit die Illusion verbindet, diese Themen damit zum Verschwinden zu bringen.
 

Erstes Beispiel: Demographische Entwicklung

Führende Persönlichkeiten der AfD stellen nicht ungern den eigenen Kinderreichtum heraus. Das ist auch gut so, denn es ist ein eindrucksvoller Kontrast zur Kinderarmut oder Kinderlosigkeit prominenter Politiker des etablierten Parteienblocks. Allerdings werden all die AfD-Kinder nicht auch nur annähernd die erschreckende Armut an Kindern in Deutschland beheben können. Für die offizielle Politik ist das nach wie vor kein relevantes Problem, sie ist immer stärker mit „Gender“-Politik und der Förderung sexueller Minderheiten beschäftigt. Bevölkerungspolitik, denn um diese geht es, wird von interessierter Seite in Deutschland nach wie vor unter NS-Verdacht gestellt. Das ist zweifellos extrem zukunfts- und volksfeindlich, aber die traurige Realität unseres Landes.

Wer sich als Alternative für Deutschland betrachtet, kann gar nicht anders, als im deutlichen Unterschied zu den Blockparteien eine aktive Bevölkerungspolitik zu fordern und zu formulieren. Das ebenfalls sehr kinderarme Japan hat nun nach langem Zögern die Drei-Kinder-Familie quasi zum Staatsziel erkoren und will mit einem Bündel von Maßnahmen dafür sorgen, dass auch in 50 Jahren noch mehr als 100 Millionen Menschen die Inseln bewohnen. Gegenüber Einwanderern ist Japan nach wie vor sehr restriktiv eingestellt. Dagegen erhofft sich Deutschland immer noch die Lösung aller demographischen Probleme vom Zustrom aus aller Welt, gleich ob gebildet oder ungebildet, kulturnah oder kulturfern.

Ein Leserbriefschreiber der FAZ, Prof. Tilman Mayer aus Rheinbreitbach, hat das deutsche Problem jüngst treffend geschildert: „Seit vier Jahrzehnten leben wir mit einem Überschuss an Gestorbenen und mit einer Reproduktionsrate, die ein Drittel unter dem Erhalt der Bevölkerung liegt. Um es markant auf den Punkt zu bringen, sei formuliert, dass wir, wenn wir derartig stark von der Zuwanderung leben, damit von reproduktiven Leistungen anderer Länder profitieren – ohne gleichzeitig selbst für diese reproduktive Leistung im eigenen Land ausreichend gesorgt zu haben.“

Der Verzicht auf eine aktive Bevölkerungspolitik und das geradezu vampirische  Bestreben, von dem Kinderreichtum in anderen Ländern und fremden Kulturräumen zu profitieren, ist kurzsichtig und hochriskant. Eine echte politische Alternative für Deutschland muss das offen sagen und mit der notwendigen Schärfe auch formulieren. Und da Kinder nun einmal auf natürliche Weise nur den Verbindungen von Männern mit Frauen entstammen können, sind eben diese Verbindungen zu fördern und zu privilegieren – daran darf kein Zweifel gelassen werden. Dann - und nur dann – werden auch Arbeitsgemeinschaften oder spezielle Kreise von Mitgliedern mit gleichgeschlechtlicher Orientierung in der Partei nicht als opportunistische Anpassung an den Zeitgeist, sondern als Ausdruck einer inneren Vielfalt der Neigungen und Interessen betrachtet werden können.


Zweites Beispiel: Sozialpolitik

In einem aktuellen Interview des „SPIEGEL“ bezeichnet die Vorsitzende des Front Nationale in Frankreich, Marine Le Pen, die AfD als „elitäre“ Partei, ihre eigene Partei, die immer erfolgreicher wird, verortet sie hingegen als „volkstümlich“. Man muss Le Pens politische Positionen nicht teilen, um zu der Einsicht zu gelangen, dass die Politikerin gut eine bedeutsame Schwachstelle der AfD erkannt hat.

Bei der fehlenden „Volkstümlichkeit“ geht es selbstverständlich nicht darum, Bernd Lucke, Alexander Gauland oder gar Konrad Adam zu besseren Bierzeltakteuren zu machen. Vielmehr ist die gesamte Führungsmannschaft der Alternative für Deutschland, sind auch nicht geringe Teile der Mitglieder in ihrem sozialen und gesellschaftlichen Status erkennbar bis sehr weit entfernt von der Masse des Volkes, das auch die Masse der Wähler ist, also die untere, mittlere und leicht gehobene Mittelschicht. Zu der sind auch abhängig beschäftigte Handwerker und gelernte Arbeiter zu zählen.

Die meisten dieser Menschen müssen härter, intensiver und mit größeren Unsicherheiten belastet arbeiten und um ihren Lebensunterhalt kämpfen als das in früheren Zeiten der Bundesrepublik der Fall war. Zwar sind körperlich verschleißende Tätigkeiten geringer geworden, dafür aber ist die psychische Belastung rapide angestiegen. Depressionen, „Burn-out“, seelische Erschöpfungen sind Massenerscheinungen geworden. Und kaum eine Familie kann noch mit einem Gehalt oder gar Lohn ihren Lebensstandard aufrechterhalten. Dazu nimmt die Ungleichverteilung der Einkommen und Vermögen in Deutschland unzweifelhaft weiter zu. Von Hartz 4-Leistungen leben inzwischen Millionen Deutsche auch ohne Einwanderungshintergrund, Weitere Millionen arbeiten in prekären Beschäftigungsverhältnissen oder müssen sich mit besten Bildungsabschlüssen als Praktikanten mit geringer Bezahlung verdingen.

Das ist die Realität unseres Landes, die derzeit noch von der künstlich erzeugten Niedrigzinspolitik und der von diesem erzeugten Konjunkturstrohfeuer gemildert wird. Doch selbst jetzt ändert sich an der problematischen Gesamtsituation nur wenig. Und so gewiss nach dem Sonnenschein wieder ein Regentag kommen wird, so gewiss wird es wieder einen wirtschaftlichen Abschwung auch in Deutschland geben. Die Antworten der Linkspartei auf die Probleme kennen wir: Mehr Sozialismus. Die Antworten von CDU und erst recht der SPD, zusammen derzeit in der GroKo verbunden, kennen wir auch: Mehr Staat. Die Grünen rufen nach Minderheitenrechten. Und die widersprüchlichen Antworten der FDP wollen nur noch ganz wenige hören. Was aber sind die Antworten der AfD?

Eine Antwort sehr grundsätzlicher Art muss sein: Kein Sozialstaat ohne Nationalstaat! Allerdings gilt auch: Kein demokratisch intakter Nationalstaat ohne Sozialstaat! Mit der Namenswahl hat die Alternative für Deutschland nicht nur die Verpflichtung übernommen, auf diesen unauflöslichen Zusammenhang aufmerksam zu machen, sondern die Politik der Partei auch darauf auszurichten. Ich hege Zweifel, ob das den liberal und libertär gesinnten Teilen der Partei, nicht zuletzt auch in der Führung, so richtig bewusst ist. Sicher ist jedoch: Die bereits wesentlich erfolgreicheren Euro & EU-kritischen Parteien im Ausland haben begriffen, dass der Sozialstaat umso bedrohter ist, je mehr sich ein Nationalstaat der sogenannten Globalisierung ausliefert. Die (noch) erfolgreiche Export- und Industrienation Deutschland tut aber genau das bekanntlich immer vorbehaltloser.

Doch das führt nicht nur zu dramatischen Ungleichgewichten mit damit verbundenen Anfeindungen in der Euro-Zone. Der Erfolg steht auch auf den tönernen Füßen eines mit immer absurderen, gefährlicheren Maßnahmen geflickten und gedopten Schuldenkapitalismus. Es gibt in Deutschland eine wachsende Zahl von Menschen, denen diese Entwicklung nicht geheuer ist oder sogar inakzeptabel erscheint. Die große Mehrheit, der etablierte Parteienblock inbegriffen, wird jedoch den Weg in das kommende Desaster einer Weltfinanzkrise weiter mitgehen. Die AfD darf das nicht, wenn sie mehr sein will als ein FDP-Ersatz, der sich dann künftig mit den immer „liberaler“ maskierten Grünen um die Rolle des „bürgerlichen“ Mehrheitsbringers streiten müsste.

Zwei Positionierungen der Partei könnten von ihrem eigenen, grundsätzlich verschiedenen Weg in der Sozialpolitik zeugen: Erstens massiver Widerstand gegen eine Einwanderungs- und Flüchtlingswelle, also gegen die sogenannte „Armutseinwanderung“, ebenso wie gegen die weit lautlosere, aber kaum weniger folgenreiche „Eliten-Zuwanderung“. Die „Armutseinwanderung“ belastet die Sozialetats von Kommunen und Kreisen immer mehr, führt zu kulturellen Konflikten und lässt die Kriminalität bei Eigentumsdelikten stark ansteigen. Die „Eliten-Zuwanderung“ hingegen erzeugt Verzerrungen am Immobilien- sowie Finanzmarkt und schwächt die ohnehin schon angeschlagenen Krisenstaaten durch Kapitalflucht, aber auch den Verlust bestens ausgebildeter Menschen.

Sowohl die ungebildeten wie auch die gebildeten Einwanderer, kommen sie in zu großer Zahl, senken die Lohn- und Gehaltskosten, sie vermindern auch die Anreize zu produktivitätssteigernden Innovationen. Dass sie allerdings höhere Profite ermöglichen, sei nicht bestritten, ist aber nicht im Interesse der großen Mehrheit des Volkes. Das gilt auch für die größte Ungerechtigkeit der „Agenda 2010“ der rot-grünen Schröder-Fischer-Regierung, nämlich die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zu Hartz 4. Die mit Hartz 4 verbundenen Transferzahlungen erhalten – manche zeitweilig, manche auf Dauer – über sechs Millionen Menschen in Deutschland. Nebenbei: Das ist kein geringes Wählerpotential!

Natürlich gibt es unter diesen sechs Millionen Menschen Arbeitsunwillige, freche Abkassierer und hoffnungslose Fälle. Und es gibt nicht wenige darunter, die noch nie einen Euro in die Sozialversicherungen beigesteuert haben. Doch gibt mindestens ebenso viele, die ein beruflicher Misserfolg, Krankheit oder ein privates Unglück aus der Bahn geworfen hat. Das sind Menschen, die zuvor oft sogar lange Jahre Steuern und Sozialbeiträge entrichtet haben. Sie alle zusammen zu Hartz 4-Beziehern zu machen, war und ist eine politische Schande, die beendet werden muss. Es wäre eine sozialpolitische Großtat, wenn die AfD dieses Problem anpacken und andere Lösungen vorschlagen würde. Für die Linkspartei würde das übrigens den sofortigen Verlust von drei bis vier Prozent verbitterter Wähler bedeuten.

Um nicht nur eine behauptete, sondern eine tatsächliche Volkspartei mit Massenbasis zu werden, muss die AfD sozialpolitische Vorstellungen und Ziele entwickeln, die sich grundsätzlich von denen aller etablierten Parteien unterscheiden. Voraussetzung dafür ist größtmögliche Unabhängigkeit von den mächtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessenverbänden. Diese werden nichts unversucht lassen, auch die erstarkende AfD in ihre Macht- und Einflussaktivitäten zu integrieren. Gelingt das, ist die Partei als Alternative für Deutschland gescheitert – dann ist sie nur noch eine Alternative für politische Karrieren.
 

Drittes Beispiel: Geld

„Mario der Zauberer“ heißt es in den Schlagzeilen landauf, landab. Gemeint ist damit, in Anspielung auf eine Erzählung von Thomas Mann, der EZB-Chef Mario Draghi, der Euroland immer wieder mit Geldtsunamis flutet. Nie war Geld so billig wie jetzt, nie – ob nun in Papier oder virtuell – in so großer Menge vorhanden, aber auch nie seit der Währungsreform nach dem Zweiten Weltkrieg als Wertaufbewahrungsmittel so gefährdet, ja schon so gut wie wertlos wie jetzt.

Wie alle Zauberer arbeiten auch Draghi und die EZB mit Tricks. Doch gibt es einen entscheidenden Unterschied: Normale Zauberer verwenden nur Tricktechniken, die sie sicher im Griff haben, wenn sie sich nicht beim Publikum blamieren wollen. Draghi, die EZB, Fed und andere Notenbanken jedoch experimentieren mit Maßnahmen, über deren langfristige Wirkung sie so wenig wissen wie ein Chirurg, der an einem akut vom Tode bedrohten Patienten eine noch nie zuvor erprobte Operation wagt.

Das ist übrigens eine sehr wohlwollende Interpretation des Finanzchaos, das nun schon seit einigen Jahren die westlichen Ökonomien vor der ganz großen Krise und den Euro vor dem Kollaps retten soll. Denn den Notenbankern könnte schon längst bewusst sein, dass sie den Exitus des Schuldenkapitalismus nur hinauszögern in der Hoffnung, er möge nach ihrer Amtszeit über die Welt hereinbrechen. Das wäre genau die Einstellung, die auch bei den meisten derzeit verantwortlichen Politikern vorherrschen dürfte. Der Chirurg hingegen riskiert den tödlichen Ausgang seiner Operation nur, weil der Tod des Patienten sonst gewiss wäre.

Was hat das alles mit der AfD zu tun? Viel! Denn wenn diese neue Partei mit all ihrem ökonomischen Sachverstand nicht die Kunstnebelwand um die abenteuerliche Geldpolitik durchbricht und dem Volk die Wahrheit über Risiken und Nebenwirkungen der Frankfurter Papiergeldzauberer sagt, dann hat sie einen ganz wichtigen Teil ihrer Existenzberechtigung verwirkt. Die AfD muss in Sachen Geld aufklären und anprangern, auch wenn das einstweilen weder den Großteil der Menschen sonderlich interessiert und nur wenige deshalb die Partei wählen dürften.

Die mit viel Elan gestartete „Partei der Vernunft“ (PdV), eine Art politischer Arm der Vertreter der Österreichischen Schule der Ökonomie (Mises, Hayek und andere) hat schnell erfahren müssen, wie aussichtslos es ist, mit einer anspruchsvollen Theorie praktische Wirkung gestalten zu können. Doch das Scheitern der PdV ändert nichts an der Richtigkeit von deren Einsicht, dass sich mit schlechtem Geld keine gute Politik machen.

Der brillante junge deutsche Volkswirtschaftsprofessor Philip Bagus hat jüngst das Papiergeldsystem als „Subvention des Werteverfalls“ charakterisiert. Bagus schreibt: „Ohne Notenpresse und horrende Staatsverschuldung wäre der heutige Wohlfahrtsstaat wohl undenkbar. Und es ist gerade der Wohlfahrtsstaat, der dem Wertesystem der Gesellschaft extrem zusetzt. Vor allem zerstört er die Familie, also die Institution, in der Werte vermittelt und erlernt werden. Denn wer sich durch den Wohlfahrtsstaat abgesichert weiß, der braucht keine engen Freundschaften, der braucht auch keine Familie, die ihm in Notsituationen hilft. Der Staat ist ja da.“


Schlussbemerkungen

Ich habe hier drei Themen etwas näher betrachtet, die von der AfD unverwechselbare Positionierungen verlangen, will sie dem Anspruch ihres Namens gerecht werden. Es gibt aber auch Themen wie Islam, Außenpolitik, kulturelle Identität und andere, die viel deutlicher als bislang inhaltlich mit Substanz versehen werden müssen.

Dabei übersehe ich keineswegs, dass in den geltenden Leitlinien und Verlautbarungen der Partei die von mir angesprochenen Themen bereits anklingen. Doch sie nur anklingen lassen, wird auf Dauer nicht reichen: Es muss eine überzeugende, mitreißende Melodie daraus werden. Diese zu komponieren, bedarf sicher auch fleißiger Arbeit. Doch noch mehr benötigt werden weitblickende Entscheidungen der Parteiführung, sich in jeder Weise der Herausforderung zu stellen, nicht nur eine, sondern die Alternative für Deutschland zu sein.

Es ist zweifellos verlockender und mag auf kurze Sicht bei Wahlen auch lohnender sein, sich als bürgerliche Ergänzung und Mehrheitsbringer ins politische Spiel zu bringen. Dieser Weg führt keineswegs in den Untergang der AfD, er kann sogar mit etlichen Erfolgen gepflastert sein. Aber dann wird die Partei nicht den Aufgaben gerecht, die nicht ich oder andere nachdenkliche Kritiker allzu vermessen ihr aufbürden wollen, sondern die Lage und die weitere Entwicklung in Deutschland erfordern.

Wenn das aber so kommen sollte – und leider spricht nach den Erfahrungen des ersten Lebensjahrs der AfD immer mehr dafür -, dann bedürfte es wohl eines neuen Anlaufs unter einem anderen Namen, um das zu bewirken, was heute schon notwendig erscheint und demnächst überfällig sein wird: die grundsätzliche politischen Wende in Deutschland. Weniger anzustreben ist selbstverständlich erlaubt. Doch weniger wäre zum wenig, um dem Parteinamen Ehre zu machen und der historischen Aufgabe zu genügen.
 

Wolfgang Hübner

Leserkommentare (1)

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Einer neuen FDP bedarf es nicht. Die alte wird ja gerade abgewählt. Weshalb sie also nur mit anderem Namensetikett wieder auferstehen lassen? Das würde der Wähler rasch merken und reagieren. Es muss schon richtige Alternative her. Und diese auszuarbeiten sind nun die Vordenker gefragt, nicht die Hasenfüße.