Die neuen Grünen in Frankfurt sind die Freien Wähler!

Rede zur Römer-Debatte um neue Baulandgebiete

Die neuen Grünen in Frankfurt sind die Freien Wähler!
© Rolf van Melis - pixelio.de


In der Stadtverordnetensitzung vom 24. Mai 2014 war die Diskussion um die Magistratsvorlage M 9 von besonderer Wichtigkeit. Die FW-Fraktion hat als einzige Fraktion die Grundsatzvorlage für die Erschließung einer ganzen Reihe von neuen Baugebieten in zahlreichen Gebieten Frankfurts abgelehnt. Wir haben das nicht getan, weil die Freien Wähler gegen das Bauen sind – es wird bekanntlich in Frankfurt an allen Ecken und Ende gebaut -, sondern weil wir nicht akzeptieren wollen, dass die Stadt in einer Weise verdichtet und belastet wird, die zur Einschränkung oder gar dem Verlust an Lebensqualität vieler Bürgerinnen und Bürger führen wird. Und die Freien Wähler wollen auch den enormen, weiter an anhaltenden Bevölkerungszuwachs nicht als eine Art Naturereignis ansehen, dem wir hilflos ausgeliefert sind. Wir wollen vielmehr wissen: Wer kommt, was brauchen diese Menschen, welches Potential, aber auch welche Probleme bringen sie mit? Und wir wollen auch vom Magistrat erfahren: Wie kann der Zuwachs verkraftet und gestaltet werden?

Die hier dokumentierte Rede hielt der FW-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Hübner.

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Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren!

Wenn ich hier so in die Runde schaue und mir die letzten drei Beiträge noch einmal vergegenwärtige, bin ich etwas verwundert. Wir führen doch hier die zentrale, die wichtigste Diskussion in dieser Wahlperiode. Es kann doch keinen Zweifel daran geben, dass es sich hierbei auch um das zentrale und umstrittenste Thema bei der Kommunalwahl 2016 handeln wird.

                              (Beifall)

….Wir haben bis jetzt nur einen einzigen Vortrag gehört, der vom Niveau der Frage angemessen war. Ich bin kein Schleimer, das wissen Sie. Es war die Rede von Herrn Bürgermeister Cunitz.

                              (Beifall)

Gleichwohl ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER die einzige Fraktion, die die Vorlage M 9 ablehnt, um das auch klar zu sagen. Und als einzige Fraktion lehnen wir die Vorlage M 9 ohne Wenn und Aber ab. Da unterscheiden wir uns von den anderen Fraktionen. Es war sehr lustig, sowohl hier und heute als auch letzten Montag im Planungsausschuss zu erleben, wie Dr. Kößler von der CDU irgendwie versucht hat, die Kurve zu bekommen, weil seine Fraktion nicht das befürwortet, was der schwarz-grüne Magistrat vorgelegt hat.

                              (Zurufe)

Natürlich, es ist ja alles zurückgestellt.

Alles, was wichtig ist, wird zurückgestellt, und zwar wieder und wieder. Jetzt kam das Argument, doch erst einmal zu hören, was die Bürger und die Ortsbeiräte sagen. Die Ortsbeiräte haben gesprochen. Die Ortsbeiräte haben sich so geäußert, Herr Lange weiß das auch, dass die CDU in einer großen Bredouille steckt - es sind weniger die GRÜNEN betroffen. Das ist einfach eine Tatsache, über die Sie nicht hinwegreden können, obwohl Sie es durchaus geschickt machen. Aber es bleibt dabei, alles, was beschlossen werden sollte und was doch nach Ihrer Meinung auch dringend zu beschließen ist, haben Sie erneut zurückgestellt. Wir werden jetzt in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Planung, Bau und Wohnungsbau sehen, ob Sie irgendwann einmal zu einem Votum kommen. Ich bin nicht so optimistisch, dass das noch vor der Sommerpause passieren wird.

                              (Beifall)

Es gibt ein Koalitionsdilemma. Ich glaube, es ist vor allem ein Dilemma der CDU. Das ist dasselbe Dilemma wie bei der Gewerbesteuer. Bei der Gewerbesteuer ist die Koalition gegen eine Erhöhung, gleichzeitig aber völlig unfähig oder unwillig, die Ausgaben zu verringern. Das wäre aber notwendig gewesen. Wenn man die Steuererhöhung nicht will, dann muss man die Ausgaben verringern. Dazu sind Sie nicht in der Lage. Ihr größter Spezialist ist Ihr Kulturdezernent. Das Resultat sind Schulden. Das eine wollen Sie nicht machen, das andere können Sie nicht machen, also haben wir eine Anhäufung von Schulden. Beim Wohnen sind Sie - wir haben es jetzt deutlich gehört - für Wachstum. Aber Sie sind unfähig und unwillig - ich kann es nicht entscheiden, das werden Sie besser wissen -, Ihren eigenen Vorlagen zuzustimmen. Das sind Ihre eigenen Vorlagen, die aus dem Magistrat kamen. Es kann mir doch niemand erzählen, dass die nicht mit der Fraktion besprochen worden sind. Die Leute, die im Magistrat sind, kommen aus Ihrer Partei. Insofern sind es Ihre eigenen Vorlagen.

                              (Beifall)

Das Resultat ist Lähmung. Dann ist es wieder die SPD, die eine Lösung zu haben scheint, nämlich die Trabantenstadt. Eine Trabantenstadt wollen Sie aber nicht. Aber Sie sprechen sich auf der anderen Seite für Wachstum aus, haben dagegen aber auch kein Rezept. Die Stadt wächst eben. Da hat die SPD eine unsympathische, aber relativ logische Lösung. Es ist nur nicht unsere Lösung. Aber beschäftigen Sie sich damit. Wir konnten in dieser Woche die Nachricht lesen, dass jetzt eine Prognose von 860.000 Einwohnern im Raum steht. Ob es soweit kommt, darüber kann man spekulieren. Insofern ist die Vorlage M 9 völlig unzureichend, sie ist sozusagen von der Entwicklung überholt worden. Ein entsprechender Antrag der RÖMER-Fraktion liegt vor. Nun wird hier gesagt, Wachstum wird irgendwie als Naturereignis betrachtet. Gegen Wachstum können wir nichts machen, die Leute kommen halt aus allen Richtungen, aus Deutschland, aus dem Ausland, sie kommen und kommen und wir sind hilflos. Sie wollen aber irgendetwas machen, damit alle Wohnungen haben. So argumentieren also gerade die Parteien, die normalerweise die kleinsten Dinge regeln - zum Beispiel wer wo rauchen kann und viel kleinere Dinge -, dann aber plötzlich zum Schluss kommen, wenn es um ein wirklich wichtiges Thema geht, da kann man nichts machen.

                              (Beifall)

Sie meinen, dem irgendwie ausgeliefert zu sein und nichts ändern zu können. Natürlich können wir daran etwas ändern. Wir können durchaus daran etwas ändern, dass sich ganze Dörfer aus Bulgarien oder Rumänien nach Deutschland verlagern. Aber das haben Sie ja gewollt. Das haben Ihre Parteien gewollt. Diese Freizügigkeit dient auch dazu, die Einkommen der Arbeitnehmer zu begrenzen beziehungsweise zu senken. Das ist auch ein Punkt, aber über den müssten wir an anderer Stelle noch einmal reden. Stellen Sie sich mal vor, was passiert, wenn Sie bei Ihrer Haltung bleiben, nichts gegen Wachstum machen zu können. Das wird zur Verwerfungen bei den Bürgerinnen und Bürgern führen, weil die sagen werden, wenn die Politik der Meinung ist, überhaupt nichts mehr begrenzen zu können, dann muss die Politik abdanken.

                              (Beifall)

Die Fraktion der FREIEN WÄHLER ist nicht gegen Wachstum. Es gibt ein organisches Wachstum, es gibt ein natürliches Wachstum. Es gibt unter Umständen auch Verschiebungen, die Wachstum bringen. Das alles ist so und dagegen ist auch nichts zu sagen. Eine Stadt ist ein dynamischer Körper. In diesem dynamischen Körper gibt es eben auch Wachstumsprozesse. Die FREIEN WÄHLER sind für ein gestaltetes, für ein erträgliches und vor allen Dingen auch verträgliches Wachstum.

Die FREIEN WÄHLER wollen kein Wachstum bei Bodenversieglung, wir wollen kein Wachstum bei Grün- und Ackerflächenverlust, wir wollen kein Wachstum bei Lärm, bei Verkehrsbelastung, bei sozialen Problemen, bei Schulden für die Infrastruktur und Unsicherheit und Angst der Bürger. Bei all diesen Dingen - und ich könnte mehr aufzählen - wollen wir kein Wachstum.

                              (Beifall)

Wir wollen aber Wachstum bei Luftqualität, wir wollen Wachstum bei Grünqualität, wir wollen Wachstum bei Verkehrsberuhigung, wir wollen Wachstum bei Integrationserfolgen, wir wollen Wachstum bei Sicherheit und wir wollen Wachstum, ja, auch bei Nachtigallengesang.

                        (Beifall, Zurufe)

Meine Damen und Herren, ich sage es kurz und bündig: Die neue, allerdings auch ehrliche Wachstumspartei in Frankfurt sind die GRÜNEN. CDU und SPD - um das auch einmal klar zu sagen - eiern und lavieren in dieser Frage herum, immer schon die nächste Kommunalwahl 2016 im Kopf. Auch die SPD weiß, wenn sie wirklich hier einmal den Antrag stellt, dass die Trabantenstadt gebaut wird, dann wird sie riesige Verluste in den Gebieten, die davon betroffen sind, erleiden. Ich wette mit Ihnen, ich werde diesen Antrag auf die Trabantenstadt hier nicht mehr erleben. Es wird allerlei darüber geredet, aber es wird nicht so weit kommen, dass es ernsthaft wird.

Ich ziehe ein weiteres Fazit: Wenn die GRÜNEN die neue Wachstumspartei sind, die ehrliche, das möchte ich zugeben, und Herr Cunitz hat das sehr differenziert geäußert, er hat auch seine Not geäußert und seine Mühe, mit dieser Situation zurechtzukommen, das muss man würdigen, aber die GRÜNEN sind insofern eine Wachstumspartei, und sie haben auch eine Begründung.

Die „neuen“ GRÜNEN in Frankfurt können nur die sein, die die Vorlage M 9 und andere Vorlagen abgelehnt haben. Und das sind - die FREIEN WÄHLER!

Danke schön

                      (Beifall, Heiterkeit)

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