Videokamera, Schließanlage und - Gespräche
Jugendhaus Gallus nach Islamisten-Bedrohung wieder offen

Proppenvoll war zur Wiedereröffnung das Jugendhaus Gallus: Viele anderthalb Monate ausgesperrte Jugendliche, einige von deren Eltern, zwei Dezernentinnen aus dem Frankfurter Magistrat und zahlreiche Berichterstatter der Medien. Ende Mai hatten ehemalige Jugendhausbesucher, inzwischen junge Erwachsene zwischen 25 und 30 Jahren und zwischenzeitlich radikalisiert von Salafisten, dieses Jugendhaus gestürmt. Sie hatten dabei besonders eine Mitarbeiterin bedroht, weil sie als Muslimin keine den Körper verhüllende Kleidung trage!
Die Polizei wurde zwar gerufen, doch wurden die Straftaten (Hausfriedensbruch und Bedrohung) nicht bei der Polizei angezeigt. Dies tat inzwischen in Wiesbaden die FDP-Landtagsfraktion. Die SPD-nahe Arbeiterwohlfahrt (AWO) als Träger der Einrichtung bot den Straftätern ein Gespräch an: Zu dem ausgemachten Termin erschien allerdings kein einziger. Stattdessen wurde das Jugendhaus über Wochen geschlossen, da man für die Sicherheit der dortigen Mitarbeiter/innen nicht garantieren könne. Damit lieferte die Jugendhausleitung sen radikalislamistischen Salafisten eine Steilvorlage: So äußert sich der Islamwissenschaftler Jochen Müller im Interview mit der Frankfurter Rundschau wie folgt: „Der Salafismus ist eine gute Art und Weise, schnell zu Aufmerksamkeit zu kommen. Ich tue etwas, und ich sehe, dass ich damit eine Wirkung erziele.“

Nun also die Wiedereröffnung mit Getränken und Snacks. Videokamera und Schließanlage sind sechs Wochen nach dem Überfall allerdings noch nicht installiert. Dafür kamen von den lokalen Politikern viele warme Worte: Sozialdezernentin Prof. Dr. Daniela Birkenfeld begrüßte Vertreter der Frankfurter Stadtgesellschaft: von der KAV (Kommunalen Ausländervertretung), vom AMKA (Amt für multikulturellen Angelegenheiten), die Fraktionsvorsitzenden im Römer, Michael Prinz zu Löwenstein (CDU) und Manuel Stock (Grüne), sowie die Ortsvorsteherin des Ortsbezirks 1, zu dem das Gallus gehört, Evanthia Triantafillidou (Grüne). Von der SPD war der Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel anwesend.

Birkenfeld begrüßte den „Zusammenschluss der demokratischen Kräfte, damit eine Schließung wie diese nie wieder notwendig wird.“ Junge Erwachsene hätten Jugendliche radikalisiert: „Da sollte man Strafanzeige stellen.“ Aber dies geschah nicht, denn die Opfer dieser Attacke schreiben in ihrer Stellungnahme: „Eine Anzeige haben wir nicht erstattet, da es zu keinem Zeitpunkt zu körperlichen Angriffen gekommen ist.“ Indes erzählte ein anwesender Pressefotograf dem Autor dieser Zeilen, dass Mitarbeiter dieses Hauses ihn baten, sie nicht abzulichten: Man hat also auch weiterhin Angst vor den Salafisten.

Dabei müsste auch und gerade gegen in dieser Lage der bewährte Grundsatz gelten: „Wehret den Anfängen!“ Sozialdezernentin Birkenfeld jedoch versuchte, die islamistische Bedrohung klein zu reden: Es seien nur sechs von 144 Jugendeinrichtungen in Frankfurt betroffen. Am Tag zuvor habe ein Runder Tisch getagt: Am 24. Juli biete das Jugend- und Sozialamt in Kooperation mit der Polizei eine Fachveranstaltung zum Thema Radikalisierung für Mitarbeiter der Träger der offenen Kinder- und Jugendhilfe und des Quartiersmanagements im Rahmen des Frankfurter Programms – Aktive Nachbarschaft an, wo allerdings „Salafismus als eigenes Thema keinen eigenen Raum bekommt.“ Vier Fortbildungen zu Thema habe hier das Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AMKA) konzipiert.
Dann kam die grüne „Vielfalt“-Dezernentin Dr. Nargess Eskandari-Grünberg zu Wort und griff in gewohnter Weise einmal mehr tief in die Phrasenkiste: „Die stärkste Waffe ist, wenn sich die Stadtgesellschaft solidarisiert und zusammenschließt.“ Auf einer Sitzung des Präventionsrates sei beschlossen worden: „Wir müssen besser sein als die Salafisten und andere Radikale. Wir müssen die Jugendlichen unterstützen bei Problemen in Schule und Familie.“

Doch eben das geschieht bereits seit Jahren in den Jugendhäusern durch Hausaufgabenhilfe, Bewerbungstraining für Lehrstellen- und Arbeitsstellenerwerb etc. Das alles fruchtet aber bei etlichen Jugendlichen wenig bis gar nichts. Sie stehen nun ohne Ausbildung und ohne ordentlichen Arbeitsplatz auf der Straße. Sie verweigern eigene Anstrengungen und beklagen selbstmitleidig angebliche „Diskriminierung“. Manche von ihnen fallen so den umtriebigen Salafisten wie reife Früchte in den Schoß.
Dritter Redner bei der Wiedereröffnungsfeier war Dr. Jürgen Richter, Geschäftsführer der AWO Frankfurt. Er vertrat die Auffassung, es handele sich um ein politisches und religiöses Problem. Man werde reagieren: „Ein Stück mehr Projekt- und Gruppenarbeit. Der offene Bereich wird zurückgefahren.“ So sollen sich die Jugendlichen in einem besser geschützten Raum entwickeln können. Man sei sich bewusst, dass 95 Prozent der Klientel im Gallus „migrantisch“ und „mit muslimischem Hintergrund“ sei.
D. Schreiber / Fotos: R. Sawicki