Ein schwarzer Tag in der Stadtgeschichte nach 1945
Text der Rede des FW-Fraktionsvorsitzenden im Römer

Im Rahmen der Aktuellen Stunde der Stadtverordnetensitzung am 24. Juli 2014 hielt der Stadtverordnete Wolfgang Hübner folgende Rede, die hier dokumentiert wird:
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Der 12. Juli 2014 muss als schwarzer Tag in der Nachkriegsgeschichte unserer Stadt gewertet werden. Denn an diesem Samstag wurden erstmals seit Kriegsende in Frankfurts Straßen offen und öffentlich judenfeindliche Plakate und Parolen gezeigt und gerufen.
Unter denen, die das taten, waren überwiegend junge Männer und Frauen, die hier geboren wurden, hier die Schulen besuchten und hier auch arbeiten oder studieren. Diese jungen Frauen und Männer waren fast ausnahmslos keine glatzköpfigen Neonazis oder unbelehrbare Antisemiten. Vielmehr waren das Einwanderer oder deren Nachkommen aus dem islamischen Kulturkreis. Die grüne Vielfalt-Dezernentin Frau Eskandari-Grünberg würde sagen: Es waren richtige Frankfurter.
Und tatsächlich rührt der Schock, den das Geschehen vom 12. Juli bei vielen ausgelöst hat, in der so unliebsamen Tatsache, dass es in immer größerer Zahl Menschen unter uns gibt, für die der Holocaust und seine vielfältigen Konsequenzen weder biographisch noch kulturell oder ethnisch eine wesentliche Bedeutung besitzt.
Wer die Entwicklung, besonders die Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahrzehnte nicht mit Illusionen, sondern mit dem Blick für die Realitäten verfolgt hat, den konnte und kann es nicht schocken und verwundern, dass eine zutiefst falsche Einwanderungs- und Integrationspolitik nun jene schlimmen Folgen zeitigt, die heute noch die Juden und morgen schon andere betreffen werden. Zugespitzt gesagt: Die deutschen Dämonen sind recht erfolgreich eingehegt, doch der importierte neue Judenhass ist ausgewildert.
Meine Damen und Herren, der 12. Juli 2014 hat uns allen gezeigt: Es ist Zeit für selbstkritisches Nachdenken. Meine Erfahrung vieler Jahre in diesem Parlament sagen mir: Nichts fällt Parteien und ihren Politikern schwerer als das. Aber die Ereignisse des 12. Juli 2014 verlangen eine radikale Überprüfung der Einwanderungs- und Integrationspraxis in Frankfurt.
Wenn das nicht geschieht, werden wir uns bald über die ersten jüdischen Auswanderer, die Frankfurt verlassen, hier unterhalten müssen. Wir sollten uns zumindest einig sein darüber, dass dieses Thema nie auf unserer Tagesordnung stehen darf. Aber nur wenn wir uns alle mit den tieferen Ursachen einer in unserem Nachbarland Frankreich bereits hochdramatischen Entwicklung ohne Scheuklappen beschäftigen, wird das möglich sein.
Es ist unsere, es ist die Verantwortung jedes Stadtverordneten, was nun geschieht. Und klar ist: Es muss viel geschehen, es muss sich vieles ändern.