Das Scheitern der Bundespartei FREIE WÄHLER (FW)
Die Konsequenzen müssen endlich gezogen werden

Die Ergebnisse der Bundestagswahl im Herbst 2013 und der Europawahl vor einigen Monaten haben das Scheitern der Bundespartei FREIE WÄHLER (FW) dokumentiert. Es gibt subjektive und objektive Grüne für dieses Scheitern, das nach meinem Wissen innerorganisatorisch nur völlig unzulänglich analysiert wurde. Bislang sind auch nicht die notwendigen Konsequenzen daraus gezogen worden, zum Schaden der Freien Wähler in ganz Deutschland.
Zweifellos der Hauptverantwortliche für das Scheitern ist der nach wie vor amtierende Bundesvorsitzende Hubert Aiwanger. In völliger, aber für seine Person leider charakteristischer Selbstüberschätzung und Fehleinschätzung hat Aiwanger im Jahr 2012 die große Chance verspielt, die sich mit der Bildung der „Wahlalternative 2013“ und deren Annäherung an die FW-Partei ergeben hatte. Es gäbe heute keine AfD, wenn Aiwanger und sein unseliger Chefberater und Fraktionskollege Prof. Piazolo damals in Verhandlungen mit den späteren AfD-Gründern um Bernd Lucke weitsichtig und maßvoll aufgetreten wären.
Aiwanger, der nun in der zweiten Wahlperiode Fraktionsvorsitzender der FW im bayerischen Landtag ist, ist zweifellos ein politisches Naturtalent. Seine Verdienste um den Einzug der FW in den Landtag sind unbestritten. Aber Aiwanger ist auch ein Mann ohne gefestigte geistige und politische Orientierung. Dazu ist ihm, umgeben von allzu vielen gefügigen Jasagern und Mittelmaß, der große Erfolg aus dem Jahr 2008 zu Kopf gestiegen. Nur so lässt sich sein desaströses Verhalten gegenüber der „Wahlalternative 2013“ ebenso erklären wie seiner beharrlichen Weigerung, persönliche oder organisatorische Konsequenzen aus den beiden schweren Wahlniederlagen zu ziehen.
Die verbliebenen Mitglieder der FW-Bundespartei sind leider weder willens noch fähig sind, selbst diese Konsequenzen zu bewirken. Offenbar herrscht bei ihnen der Eindruck vor, ohne den alles und alle dominierenden Aiwanger gehe es nicht. Wie auch viele anderen Freien Wähler habe auch ich längst die FW-Partei verlassen. Ich habe das nicht nur und noch nicht mal hauptsächlich aus Protest gegen das Aiwanger-Regime in der Partei getan, sondern wegen der Erkenntnis, dass eine FW-Bundespartei für die unzähligen kommunalen Organisationen der Freien Wähler keine Hilfe, sondern eine Last und Fessel darstellt.
Denn die Zwänge, denen eine Partei in vielerlei Hinsicht unterworfen ist, sind gerade die Zwänge, denen die Freien Wähler in den Kommunen und Kreisen entkommen wollen oder in vielen Fällen durch Austritt aus den etablierten Parteien irgendwann einmal entkommen sind. Ich bekenne, dieses Problem längere Zeit anders gesehen zu haben, bin aber von der Realität belehrt und korrigiert worden.
Der weitere Weg der FW-Partei müsste die außerhalb dieser Partei arbeitenden Freien Wähler in allen Teilen Deutschlands nicht mehr übermäßig interessieren, hätten nicht Aiwanger und seine Getreuen das Schicksal der Partei so fest wie folgenreich mit dem des Bundesverbandes und der Landesverbände der Freien Wähler verknüpft. Aiwanger ist nämlich auch nach wie vor Vorsitzender des Bundesverbandes, der viele Jahrzehnte nicht mehr war als eine Dachorganisation politisch sehr heterogener Freier Wähler in den Kreis- und Landesverbänden Deutschlands. In seiner Doppelfunktion kann es Aiwanger jedoch nach Belieben verhindern, dass der inzwischen völlig in die Bedeutungslosigkeit verbannte Bundesverband das tut, was unbedingt notwendig wäre – nämlich die bewusste Lösung von der gescheiterten FW-Partei.
Für die kommunalen FW-Organisationen hat diese fortwährende Fesselung des Bundesverbandes an die FW-Partei höchst negative Folgen: Sie werden nicht nur von vielen Menschen als Unterorganisationen einer erfolglosen Partei betrachtet, sondern sehen sich zum Teil auch bedroht von Spaltung oder Erpressung durch die örtlich parallel entstandenen Organisationen der FW-Partei. Denn letztere können damit drohen, bei kommenden Kommunalwahlen auch unter der Bezeichnung Freie Wähler zu kandidieren oder zumindest Einfluss auf die Politik und das Personal der örtliche Organisation zu nehmen.
Das ist eine unerträgliche Situation, die möglichst bald und mit der gebotenen Klarheit beendet werden muss. Denn wenn das nicht geschieht, wird es noch vielen kommunalen FW-Organisationen so ergehen wie denen, deren Kommunalwahl an dem Tag der Europawahl im Mai dieses Jahres erfolgte und die damals schwere, zum Teil existenzbedrohende Verluste zugunsten meist völlig profilloser örtlicher AfD-Organisationen erlitten. Es gibt deshalb keinen anderen Weg als den der offenen Trennung der kommunalen FW-Organisationen von der FW-Bundespartei.
Das wird zweifellos auf den Widerstand von Aiwanger und seinen Getreuen stoßen. Doch dieser Konflikt ist unausweichlich und muss durchgestanden werden. Wer das scheut, obschon in manchen Fällen aus durchaus respektablen Motiven, macht sich objektiv mitverantwortlich an den weiteren Bedeutungs-und Wahlverlusten der Freien Wähler in den Kommunen und Kreisen. Das mag dem sich unfehlbar dünkenden bayerischen Parteiführer mehr oder weniger egal sein. Doch für die unzähligen Aktivisten und Mandatsinhaber der Freien Wähler von Flensburg bis Konstanz ist das eine politische Existenzfrage. Es wird höchste Zeit, darauf die richtige Antwort zu geben.
Wolfgang Hübner