Frankfurt: Reiche Stadt, arme Stadt
Steuereinnahmen steigen, die Ausgaben noch mehr

Pressemitteilung der Freien Wähler im Römer – 48 / 10. September 2014
Wenn Politiker gute Nachrichten zu verkünden haben, wollen sie diese nicht allzu lange den Wählern verschweigen. Daran hält sich auch Frankfurts Kämmerer und selbsternannter Oberbürgermeisterkandidat für 2018, Uwe Becker (CDU), der nun bereits vier Monate vor Jahresende begründete Hoffnung auf einen ausgeglichenen oder sogar überschüssigen Haushalt für 2014 und 2015 verkündet hat. Bei Frankfurts städtischen Finanzen hängt bekanntlich alles von den Einnahmen aus der Gewerbesteuer ab, und die sprudeln derzeit bestens.
Das ist allerdings nur zu einem geringen Teil dem politischen Geschick der Römer-Koalition von CDU und Grünen zu verdanken, sondern fast ausschließlich den wirtschaftlichen Erfolgen Frankfurter Unternehmen, die in einem derzeit noch sehr günstigen konjunkturellen Umfeld viel Geld an die Stadtkasse überweisen. Immerhin hat es sich als richtig erwiesen, die Höhe der Gewerbesteuer nicht anzuheben. Bestätigt wurde damit auch der klare Kurs der Freien Wähler, sich auf keinen Fall dem Steuererhöhungsbegehren der linken Opposition von SPD und Linkspartei anzuschließen: Glaubwürdige Opposition muss keineswegs immer höhere, sondern weniger oder zumindest gleichbleibende Steuern und Gebühren fordern.
Allerdings werden auch die erfreulich steigenden Einnahmen der Stadt nichts daran ändern, dass die Ausgaben in vielen Bereichen noch schneller hochgehen. Denn Frankfurt ist bezogen auf die Steuerkraft und Einwohnerzahl die reichste Großstadt Deutschlands, zugleich aber eine der ärmsten Städte der Nation. Denn erst kürzlich dokumentierte eine Studie des renommierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) die alarmierende Erkenntnis: Frankfurt belegt den 6. Platz in der Rangfolge der Städte und Landkreise mit der höchsten Kaufkraft-Armutsquote. Mit anderen Worten: Nur in fünf anderen Städten oder Landkreisen in Deutschland ist also der Anteil der Menschen höher, die sich wenig leisten können.
Es deutet nichts auf eine Änderung dieses sozialen Problems in Frankfurt hin. Im Gegenteil: Unter der wachsenden Einwohnerzahl befinden sich immer mehr Menschen, die einer mehr oder weniger hohen finanziellen Unterstützung durch die Stadt bedürfen, um ihr Einkommen zu bestreiten. Auch die rasant wachsenden Flüchtlingszahlen werden Frankfurts Haushalt zunehmend belasten. Dazu kommen dringend notwendige hohe Investitionen in das Bildungswesen und die Infrastruktur. Viele Frankfurter Schulen und Straßen befinden sich in einem erbärmlichen Zustand, um nur zwei Probleme zu nennen.
Frankfurts übergroße Abhängigkeit von der Gewerbesteuer, das weiß auch der Kämmerer, kann bei einer durchaus möglichen negativen Entwicklung in der Zukunft sofort von der Euphorie in die abermalige Krise der Stadtfinanzen führen. Und wenn die derzeit extrem niedrigen Zinsen für die weiter steigenden Kreditschulden demnächst steigend sollten, werden die aktuell guten Nachrichten schnell vergessen sein. Einstweilen darf aber Freude vorherrschen: Die Freien Wähler freuen sich mit – und bleiben nüchtern.