Störfallbetriebe und Flugrouten

Ein noch immer unterschätztes Problem

Störfallbetriebe und Flugrouten
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zur Kommunalwahl in Frankfurt am 27. März 2011

46/ 17. März 2011
 

Jetzt sorgen wir uns auch in Frankfurt um die Atomkraftwerke. Schon im Jahr 2009 sorgten sich die FREIEN WÄHLER in Bergen-Enkheim über die Tatsache, dass unter der Abflugroute 07-N (lang) über dem Frankfurter Osten zahlreiche Störfallbetriebe angesiedelt sind. Solche Störfallbetriebe nach der „Seveso II-Richtlinie“ befinden sich im Ballungsraum Rhein-Main in großer Zahl, unter der über Bergen-Enkheim verlaufenden Flugroute mindestens fünf.

Die FREIEN WÄHLER (damals noch fwf) im Ortsbeirat 16 für Bergen-Enkheim hatten daher in einem Antrag einen Bericht des Magistrats verlangt, ob in der Fluglärmkommission darüber gesprochen wurde, dass die unter Flugrouten befindlichen Störfallbetriebe eine Gefahr darstellen. Ferner wollten sie erfahren, ob sich der Magistrat in den Gremien, in denen er vertreten ist, für eine Berücksichtigung der Störfallbetriebe einsetzen wird, wenn es um die vom Magistrat angekündigte „Optimierung von Flugrouten“ geht.  

Seit dem Jahr 2004 setzt sich der Magistrat nach seinen wiederholten Mitteilungen für eine Verlegung der Flugroute nach Osten und für eine „Optimierung“ ein und geht davon aus, dass im Rahmen des Forums Flughafen und Region Fluglärmentlastungsvorschläge und alle Aspekte des Umweltmonitorings geprüft und bewertet werden. 1979 erlangte die norditalienische Stadt Seveso traurige Berühmtheit. Bei einem Chemieunfall wurden große Mengen hochgiftiges Dioxin frei. 1996 formulierte die Europäische Union die sogenannte "Seveso-II"-Richtlinie, um schwere Unfälle mit gefährlichen Stoffen zu verhindern und die Unfallfolgen für Mensch und Umwelt zu begrenzen.

Chemiebetriebe müssen seither strenge Auflagen zur Sicherung von gefährlichen Stoffen erfüllen. Außerdem muss zu Wohngebieten und Straßen ein ausreichender Abstand gehalten werden. Derzeit wird ein Umkreis von vier Kilometern als ausreichender Abstand zu einem Störfallbetrieb angesehen. Welche Bedeutung den Störfallbetrieben unter Flugrouten zukommt, ist in der Öffentlichkeit - abgesehen von dem „Fall Ticona“ - nicht näher bekannt und kaum diskutiert.

Dass Flugunfälle im Bereich der Abflugroute 07-N (lang) nicht ausgeschlossen werden, ergab sich aus der Übung zur Gefahrenabwehr am Beispiel eines Flugunfalls im Frankfurter Stadtteil Bergen im März 2000. Am 27.03.2000 fand für den Bereich Marktstraße/Erlenseer Straße eine sogenannte Alarmierungsübung und Verfügbarkeitsüberprüfung mit allen für einen Flugunfall vorgesehenen Maßnahmen statt.

In der Stellungnahme des Magistrats vom 31.08.2009 verweist er darauf, dass im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Bau der neuen Landebahn Nordwest die Behörde bei der Abwägung verschiedener Risiken und Eintrittswahrscheinlichkeiten zu dem Schluss gelangt sei, dass das flugbetriebsbedingte Störfallrisiko „im Planungsfall in der gleichen Größenordnung wie im Ist-Fall liegt“.

Diese Einschätzung habe, so der Magistrat, der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel (VGH) in seinem Beschluss vom 15.01.2009 geteilt und diesbezüglich erklärt, das allgemeine Risiko eines Flugzeugabsturzes oder gar eines Störfalls bewege sich im Rahmen allgemeiner Akzeptanz. Der Magistrat schloss seinen Bericht mit dem Satz: „Bei allen Prüfungen von neuen Flugverfahren durch die zuständigen Gremien wird sich der Magistrat dafür einsetzten, dass Sicherheitsbelange prioritär berücksichtigt werden. Das entspricht auch dem allgemeinen Diskussionsstand.“

Damit wurde den Bürgerinnen und Bürgern Frankfurts „Steine statt Brot“ gegeben; denn was soll es denn bedeuten, dass die Risiken vor und nach dem Ausbau gleich geblieben sind? Und was soll es bedeuten, dass „das allgemeine Risiko eines Flugzeugabsturzes oder gar eines Störfalls sich im Rahmen allgemeiner Akzeptanz bewege“? Spätestens seit den katastrophalen Ereignissen in Fernost dürfte sich die allgemeine Akzeptanz gravierend verändert haben.

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