Der Inklusions-Putsch der grünen Dezernentin

Politische Ideologie statt Partizipation der Betroffenen

Der Inklusions-Putsch der grünen Dezernentin
© Illustration: R2D2

Pressemitteilung der Freien Wähler im Römer – 50 / 17. September 2014


„Wir können nicht jederzeit mit allen sprechen“ – das war im Bildungsausschuss der Stadtverordneten die entlarvende Aussage von Schuldezernentin Sorge (Grüne) zu den Vorwürfen, bei ihren Plänen zur Durchsetzung der Inklusion an Frankfurter Schulen, die Sorgen, Meinung und Interessen der Eltern und Lehrer, aber auch der Schüler zu missachten. Frau Sorge bestätigte auf der Sitzung auch am Vortag publizierte Berichte, wonach einige Förderschulen im Eiltempo geschlossen oder umgewandelt werden sollen - ganz ohne die gerade von den Grünen so oft beschworene Partizipation der Betroffenen.

Damit geht die Dezernentin den Weg weiter, der ihr gegen den entschiedenen Widerstand der FW-Fraktion im Römer durch einen Mehrheitsbeschluss aller anderen Fraktionen (mit Ausnahme der Linkspartei) geebnet wurde. Der Protest der SPD gegen die geplanten Maßnahmen der schwarz-grünen Koalition ist deswegen unglaubwürdig und geradezu schizophren. Denn Frau Sorge realisiert das aus ideologischen Gründen, die von der SPD übrigens geteilt werden, was nach dem Beschluss der Mehrheit der Stadtverordneten zu erwarten bzw. zu befürchten war. Dass sie dabei mit der Brechstange vorgeht, kommt ebenfalls nicht überraschend.

Dabei ging und geht es allen Beteuerungen zum Trotz nicht um das bessere Schulschicksal lernschwacher oder behinderter Kinder und Jugendlicher, sondern darum, ein weiteres Menschen- und Gesellschaftsexperiment mit ungewissem Ausgang zu starten. Die Motive der Dezernentin sind aber keineswegs ausschließlich ideologischer Art, vielmehr soll die Schließung von Förderschulen auch Einsparungen ermöglichen. Diese würden allerdings auf Kosten der Schüler, Eltern und Lehrer erzielt. Frankfurt besitzt ein erprobtes, hervorragendes System von schulischen Einrichtungen für Lernschwache sowie geistig und körperlich behinderte Menschen. Wenn nun Regelschulen ohne ausreichende personelle und sachliche Voraussetzungen Sonderschüler mit verschiedenen Defiziten integrieren sollen, schadet das auch den Regelschulen. Das ist unverantwortlich

Dass ausgerechnet eine sehr umstrittene Dezernentin dieses bewährte System zerstören will, ist nicht nur für die Betroffenen unerträglich, zumal Frau Sorge mit erheblicher Arroganz vorgeht und ihre Parteifreunde jeden Inklusionskritiker unter Verdacht setzen, behindertenfeindlich zu sein. Das können Frau Sorge und die Grünen allerdings nur, weil der Koalitionspartner CDU dieses Treiben schändlich bereitwillig mitmacht. Selten hatte das C im Namen dieser Partei einen obszöneren Klang. Die FW-Fraktion wird ihren Widerstand gegen den Inklusions-Missbrauch verstärkt fortsetzen und auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung der Stadtverordneten setzen.

Leserkommentare (1)

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In diesem Zusammenhang sei auf einen Aufsatz in der Ausgabe 2/14 der österreichischen Zeitschrift "Neue Ordnung" hingewiesen. Dort schrieb der Autor Holger Schleip über die "emanzipatorische Pseudo-Religion" unserer Tage. Schleip setzte sich darin mit dem vor allem im linken Diskurs ständig zu hörenden Topos einer "emanzipatorischen" Politik auseinander und stellte diesen Gedanken in Gegensatz zum traditionellen, religiös begründeten Denken. So versuchte der Autor, den tieferen Ursachen von Phänomenen wie "Gender Mainstreaming", "Antirassismus" oder "Inklusion" auf den Grund zu gehen. Hierbei schrieb er:
"Mit anderen Worten: Ein Mensch kann zwar mit `Beeinträchtigungen´ wie Lähmung oder Blindheit geboren werden, aber `behindert´ wird er erst druch die ihn hindernde Wechselwirkung mit der Gesellschaft. Der Sinn dieser sprachlichen Turnübung wird deutlich, wenn man sie gemeinsam mit dem Ersatz von `Rasse´ durch `Hautfarbe´ oder der Aufspaltung von `Geschlecht´ in `Sex´ und `Gender´ betrachtet: jeweils wird versucht, mittels Sprachänderung Angeborenes möglichst unwichtig, durch Gesellschaft sowie persönliche Entscheidungen Lenkbares hingegen möglichst wichtig erscheinen zu lassen. Die Inklusion auch geistig Behinderter in Regelschulen gleicht einem `Zurück zum Mehrklassen-Zimmer´ ehemaliger Dorfschulen - allerdings ohne gemeinsames Dorf. Konzentriertes Lernen für (warum auch immer für wichtig gehaltene) Abiturs- und Pisa-Zensuren wird so erschwert, und Wohlwollen gegenüber Behinderten auch. Geistig Behinderten hilft nicht gemeinsamer Unterricht mit künftigen Abiturienten, sondern das Erlernen von für sie als sinnvoll erlernbarer Arbeit - z.B. Kartoffeln schälen und Tisch decken. Die große Tragödie emanzipatorischer Behindertenpolitik: In die Wiege gelegte Identitäten, wie Geschlecht, Familie, Volk oder Religion ermöglichen es Behinderten am besten, sich innerhalb eines `wir´ als Gleiche unter Gleichen zu fühlen. Aber gerade ein derartiges `wir´ wird emanzipatorischerseits bekämpft, z.B. mittels Antidiskriminierungsgesetz: Aus `Ich habe die Arbeit bekommen, weil ich Kurde bin genaue wie mein Chef´ wird so `Die mussten mich nehmen wegen der Behindertenquote´."