Aufschlussreiche Pressereaktionen nach Gewaltdemo in Frankfurt
Zweierlei Maß bei Linksextremen und Hooligans

Welche hysterisch-feindseligen Reaktionen in den Massenmedien die Demonstrationen der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) in Köln und Hannover provoziert haben, ist inzwischen bekannt. Und bekannt ist auch, dass zwei in Hannover von vermummten Linksextremisten schwer verletzte Hooligans der selbsternannten „Qualitätspresse“ und den TV-Sendern nur eine kleine Notiz, aber keinerlei Empörung wert waren. Das hat in vielen Menschen den Verdacht geweckt, bei der Berichterstattung und Bewertung von Aktionen der Hooligans einerseits und Linksextremisten andererseits könnte in den Medien mit zweierlei Maß gemessen werden.
Es waren nicht Hooligans, die NPD oder gar die AfD, die am Samstag in Frankfurt am Main das Gelände des EZB-Neubaus gestürmt, Sachschaden angerichtet sowie Polizisten angegriffen und verletzt haben. Sondern es waren „kapitalismuskritische“ Linksextremisten in einer von der Linkspartei angemeldete Demonstration. Deshalb ist es sicher von Interesse, wie die in Frankfurt erscheinenden Zeitungen von dem Ereignis berichten und kommentieren. Weniger Gewalttaten als in Köln gab es in Frankfurt nämlich mit Sicherheit nicht, höchstwahrscheinlich sogar mehr.
Sehen wir uns also an, wie die Frankfurter Zeitungen ihren Lesern das Geschehen am Samstag vermitteln.
1. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) vom 23. November 2014:
Kein Bericht im bundesweiten Teil, sondern nur in der Rhein-Main-Beilage
Überschrift: „Aktivisten stürmen Gelände der EZB“
Bild: Ein vermummter Linksextremist schlägt einem behelmten Polizisten gegen den Kopf
Bericht: Die Ereignisse werden in der Entwicklung geschildert. Es werden Vermutungen angestellt, warum die Polizei so wenig massiv vertreten war. Es wird sogar dem Verdacht Raum gegeben, die Polizei habe so passiv reagiert, um die Demonstranten im Hinblick auf deren schon angekündigte Großaktion gegen die EZB am 18. März 2015 in ein schlechtes Licht zu rücken.
Wertung: Keine
2. Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 24. November 2014:
Nicht im bundesweiten Teil, sondern nur in der Rhein-Main-Zeitung
Überschriften: „Festnahmen nach Ausschreitungen an der EZB“ und „Botschaften im ‚Feindesland‘“
Bilder: Vermummte Linksextremisten reißen Zaun zur EZB nieder; Überrumpelte Polizisten ohne Helme; Fassadenreinigung am EZB-Gebäude
Bericht: Festnahmen nach Videoaufnahmen, Polizeipräsident beschuldigt die Demonstranten der „Eskalation“, Demonstranten nennen Darstellung der Polizei überzogen und erklären zu den geworfenen Farbeiern, diese Aktion sei „sicher nicht legal, aber legitim“
In einer Reportage der Redakteurin Iskandar werden die Ereignisse noch einmal ausführlich geschildert. Es wird Verwunderung geäußert, dass die Polizei die Gewaltbereitschaft so unterschätzt hat. Die Veranstalter der Linkspartei distanzieren sich nicht von den Ausschreitungen, die linksextremen Aktivisten „feierten … bis in die Nacht eine Party“.
Wertung: Im Kommentar von Frau Iskandar wird darüber gemutmaßt, was auf die EZB, Frankfurt und die Polizei nun am 18. März 2015 zukommen wird. Der Kommentar endet mit dem Satz: „Die Frage, die sich nun die Aktivisten stellen müssen, ist, ob ihr Auftreten am Samstag ihrem Protest nicht eher geschadet hat.“
3. Frankfurter Neue Presse (FNP) vom 24. November 2014
Kurze Meldung auf der Titelseite, ausführlicher Bericht und Kommentar im Frankfurt-Teil
Überschrift: „Festnahmen nach Sturm auf EZB“
Bilder: Vermummte Linksextremisten überrennen Polizeisperre am niedergerissenen Zaun; Demonstranten mit Transparent; Bild vom Demonstrationszug durch die Stadt
Bericht: Einzelheiten über das Geschehen, es ist von „Kapitalismuskritikern“ und „Aktivisten“ die Rede. Erwähnt wird, dass der Versammlungsleiter von der Linkspartei die Demo kurz vor dem EZB-Tor schnell noch für beendet erklärte. Dazu heißt es in dem Bericht: „Offenkundig war dem in der Verantwortung stehenden Versammlungsleiter klar, was nun folgen sollte“.
Wertung: Im Kommentar von Christian Scheh wird das fragwürdige Auftreten der Polizei kritischer behandelt als die Handlungen der linken Aktivisten: „Es spricht viel dafür, dass die Polizei den Sturm auf die EZB in Kauf genommen hat. Sie selbst muss sich jetzt nicht wegen eines übermäßig harten Vorgehens rechtfertigen, und Blockupy steht wieder als Bande von Krawallmachern da. Das liefert Argumente für einen härteren Kurs bei der offiziellen EZB-Eröffnung 2015.“
4. Frankfurter Rundschau (FR) vom 24. November 2014
Auf Titelseite Hinweis auf Bericht im Frankfurt-Teil.
Überschrift: Blockupy stürmt EZB-Gelände
Bilder: Polizisten vor der beschmierten Fassade des EZB-Gebäudes; Gemenge zwischen Polizei und „Aktivisten“; Triumphierender „Aktivist“ mit Sonnenbrille vor beschädigtem Polizeiauto; „Aktivisten beim Überklettern der Absperrung; Demonstrationszug mit Plakat der Linkspartei.
Bericht: Ausführliche Szenenschilderung vom Aufmarsch der Demonstranten, Die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, wird zitiert, wonach sich bei Blockupy „die Mosaik-Linke von ihrer schönsten Seite“ zeige. Dann sehr detaillierte Schilderung der Eskalation.
Wertung: Der Kommentar des mit der linken Szene bestens vernetzten Berichterstatters Hanning Voigts hat die Überschrift „Mit kühlem Kopf“. Im Text wird die Polizei für ihre Zurückhaltung belobigt. Die Polizei habe aus früheren Erfahrungen die richtigen Schlüsse gezogen. Zur Gewalt der „radikaleren Blockupy-Aktivisten“ schreibt Voigts: „Man muss solche Sachbeschädigungen mit Farbe keinesfalls gutheißen. Aber eines ist klar: Sie sind allemal leichter zu verkraften als die ganzen Verletzungen und die Wut, die der Kessel 2013 ausgelöst hat.“ Am Ende des Kommentars steht: „Und die Polizei wird gut beraten sein, auf jegliche Provokationen wieder mit kühlem Kopf zu reagieren“. Die verletzten Polizisten erwähnt Voigts weder im Bericht noch im Kommentar, auch nicht die Festnahmen.
5. Bild-Frankfurt vom 24. November 2014
Überschrift: „Eskalation Zaunsturm Blockupy“
Bilder: Etliche Szenen von den Auseinandersetzungen der „Kapitalismuskritiker“ mit der Polizei
Bericht: Oberflächlich chronologische Schilderung der Ereignisse. Ausführliche Beschreibung des militanten Teils der Demo-Teilnehmer: „Und Aktivisten im klassischen Straßenkämpfer-Look: schwarze Kapuzen-Jacken, Sonnenbrillen, Schals, Sneakers, Handschuhe. Action-Outfit” Die Blockupy-Angabe von 20 verletzten Demonstranten wird erwähnt, ebenso die 9 verletzten Beamten, von denen laut Polizeipräsident 3 „z.Z. nicht mehr dienstfähig“ seien. Das letzte Wort in dem Bericht hat Blockupy mit der Ankündigung für den 18. März 2014: „Dieser Festakt wird nicht ungestört über die Bühne gehen. Dafür werden wir sorgen.“
Keine Wertung
Mein Fazit:
- In allen Frankfurter Zeitungen werden die Gewalttäter nicht als „Linksextremisten“ bezeichnet, sondern als „Aktivisten“ und „Kapitalismuskritiker“.
- Die dubiose Rolle der prominent vertretenen Linkspartei wird weder in den Berichten noch den Kommentaren thematisiert oder gar kritisiert.
- Das fragwürdige Auftreten der Polizei, die viel zu schwach an der EZB vertreten war, wird entweder als „klug“ oder „de-eskalierend“ gewürdigt. Oder es wird vermutet, dass das einem raffinierten Kalkül im Hinblick auf den 18. März 2015 entstamme.
- Das Blockupy-Bündnis wird trotz erneuter Gewalttätigkeiten keineswegs verurteilt oder gar ausgegrenzt.
- Die fehlende Distanzierung des Blockupy-Bündnisses von den Gewalttaten wird nicht kritisiert.
- In keinem Bericht oder Kommentar wird ein künftiges Verbot von Blockupy-Aktionen auch nur erwogen.
- Die Möglichkeit, dass die angegriffenen, mit Farbe besprühten und zum Teil verletzten Polizisten aus politischen oder taktischen Erwägungen ihrer Vorgesetzen geschädigt und verheizt wurden, wird nirgendwo kritisch hinterfragt.
- Die Drohungen des Blockupy-Bündnisses hinsichtlich des 18. März 2015 werden mit knackigen Zitaten bereitwillig verbreitet.
Meine Schlussfolgerung:
Wenn diese Aktion vom 22. November 2014 von HoGeSa oder nichtlinken Kräften gelaufen wäre, würden die Berichte und Kommentare ganz anders lauten – von „Schlägern und Rechtsextremisten“ wäre selbstverständlich die Rede. Und ebenso selbstverständlich würde unisono ein Verbot der angekündigten Aktionen am 18. März 2015 gefordert werden. Kurzum: Es wird nachweislich in empörender Weise mit zweierlei Maß gemessen. Das wird die Glaubwürdigkeit der Presse gewiss nicht verbessern. Aber ist der Ruf erst ruiniert, schreibt es sich ganz ungeniert. Was hiermit dokumentiert wird.
Wolfgang Hübner